1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nachfolge geklärt

30. Dezember 2007

Der erst 19-jährige Sohn der ermordeten pakistanischen Oppositionsführerin Benazir Bhutto soll das politische Erbe seiner Mutter übernehmen. Die Parteiführung widersetzt sich damit dem letzten Willen der Ermordeten.

https://p.dw.com/p/CiCF
Bilawal Zardari (r.) mit seinem Vater Asif Ali Zardari (AP Photo/Shakil Adil)
Bilawal Zardari (r.) mit seinem Vater Asif Ali ZardariBild: AP

Die Pakistanische Volkspartei PPP kürte Bilawal Zardari am Sonntag (30.12.2007) zum neuen Vorsitzenden. Die Nachfolgeregelung gab der Ehemann der Ermordeten, Asif Ali Zardari, auf einer landesweit übertragenen Pressekonferenz bekannt. Der Witwer selbst will als Stellvertreter seines Sohnes fungieren und für die täglichen Amtsgeschäfte zuständig sein, bis der 19-Jährige sein Studium an der Oxford Universität in England beendet hat.

Der Sohn bedankte sich auf der Pressekonferenz für das Verrauen, das ihm die Parteiführung entgegengebracht habe. Er wolle die Arbeit seiner Mutter in ihrem Sinne fortführen. Seine Mutter habe immer gesagt: "Demokratie ist die beste Vergeltung".

Trauer um Benazir Bhutto im Hauptquartier ihrer Partei PPP (AP Photo/Ed Wray)
Trauer um Benazir Bhutto im Hauptquartier ihrer Partei PPPBild: AP

Benazir Bhutto hatte für den Fall ihrer Ermordung ein politisches Vermächtnis verfasst, in dem sie ihren Ehemann als Nachfolger bestimmte. Dieser schlug dann aber seinen Sohn als Parteichef vor.

Taekwondo und Reiten

Bilawal trägt als Familiennamen den seines Vaters Zardari. Auf der Pressekonferenz wurde er jedoch als Bilawal Bhutto Zardari vorgestellt. Der 19-Jährige ist nach dem pakistanischem Gesetz sechs Jahre zu jung, um als Kandidat für die Parlamentswahl antreten zu dürfen.

Bilawal hat seine Kindheit und Jugend fast ausschließlich im Ausland verbracht. Zuletzt folgte er den Spuren seiner Mutter nach England an die renommierte Oxford-Universität, wo er Jura studiert. Zuvor besuchte er eine angesehene Schule in Dubai. Zardari hat in der Kampfsportart Taekwondo den Schwarzen Gürtel erworben, für den die schwersten Prüfungen abgelegt werden müssen. Er ist zudem ein begeisterter Reiter. In einem seiner wenigen Interviews hat er als 16-Jähriger Gerechtigkeit und Demokratie als Schlüssel zur Lösung der gesellschaftspolitischen Probleme in Pakistan bezeichnet.

Wahltermin weiter unklar

Die Partei kündigte am Sonntag auch an, dass sie an den geplanten Parlamentswahlen teilnehmen wird. Unklar war am Sonntag noch, ob die Wahlen wie geplant am 8. Januar stattfinden werden. Die pakistanischen Wahlkommission will dazu am Neujahrstag eine Entscheidung bekanntgeben. Ebenso unklar ist, mit welchem Spitzenkandidaten die PPP in die Wahl gehen will.

Die zweite große Oppositionspartei, die Muslim-Liga (PML-N), von Ex-Premier Nawaz Sharif, hatte nach der Ermordung Bhuttos angekündigt, sie sei für einen Boykott der Wahl. Sollte aber die PPP teilnehmen, werde sie sich ebenfalls beteiligen.

Unterdessen gab es weiter sehr unterschiedliche Angaben über den Hergang des Anschlags auf Bhutto und die genaue Todesursache. Nach Angaben eines Bhutto-Vertrauten wurde sie vor dem Anschlag auf ihr Fahrzeug durch einen Schuss schwer verletzt. Bhutto habe aus einer Wunde im Nacken geblutet, berichtete Safdar Abbassi der britischen Zeitung "Sunday Telegraph".

Todesursache umstritten

Nach pakistanischen Regierungsangaben war der Tod dagegen durch einen Schädelbruch infolge der Druckwelle einer Bombenexplosion verursacht. Ein Sprecher von Bhuttos Volkspartei hatte den Bericht des Innenministeriums zur Todesursache am Samstag zurückgewiesen und erklärt: "Es war ein gezielter Mord durch einen Scharfschützen."

Die Partei fordert, die Hintergründe des Mordes von einer internationalen Kommission untersuchen zu lassen. Auch Bhuttos Ehemann forderte eine internationale Untersuchung etwa durch die UN.

Islamische Extremisten bestritten am Samstag jede Beteiligung an dem Anschlag. Im Ausland wurde die Entwicklung in Pakistan mit Sorge verfolgt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich am Samstag besorgt, dass die pakistanischen Atomwaffen bei einer weiteren Destabilisierung des Landes in die Hände islamistischer Terroristen fallen könnten. Das Attentat auf Benazir Bhutto am Donnerstag habe eine Situation geschaffen, die sich "zur größten Krise in der Geschichte Pakistans ausweiten kann", sagte Steinmeier in einem Zeitungsinterview. (mas)