Portrait Bibiana Steinhaus
28. Juni 2011Eine Frau in der Bundesliga? Und dann auch noch als Schiedsrichterin auf dem Platz? Was vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar schien, ist für Meistertrainer Jürgen Klopp nur noch eine Frage der Zeit. "Ich finde, die Zeit ist reif für eine gute Schiedsrichterin, ganz bestimmt. Die Zeit ist immer reif für gute Schiedsrichter, da ist das Geschlecht dann absolut zweitrangig." Und auch seine Trainerkollegen aus der Zweiten Liga haben sich mittlerweile an die blonde Polizeioberkommissarin gewöhnt, die seit dem 21. September 2007 im bezahlten Fußball regelmäßig Spiele leitet. Stets souverän, autoritär und auf Ballhöhe. Ihr Job als Polizeibeamtin komme ihr dabei zugute, sagt sie. "Ich glaube, dass beide Berufe ein Stück weit Berufungen sind. Es geht immer darum, Entscheidungen zu treffen und zu kommunizieren."
Erst Linksverteidigerin, dann Schiri
Dabei wollte sie erst gar nicht Schiedsrichterin werden. Als linke Verteidigerin bei ihrem Heimatverein SV Bad Lauterberg sammelte sie zunächst Erfahrung als Spielerin. Ihr Vater, der selbst Referee war, überredete sie schließlich dazu, mit dem Pfeifen anzufangen. Eine beispiellose Karriere folgte, die Lauterberg-Präsident Klaus Henkel bis heute natürlich genau verfolgt. Mit 17 Jahren habe sie damals schon in der Kreisliga gepfiffen, der höchsten Spielklasse, berichtet er. "Da hat sie sich bewährt und dann ging es ja Ruckzuck: Über den Bezirk und Verband jetzt in die Bundesliga."
Sogleich beeindruckt war auch Ex-Schiedsrichter Eugen Strigel, als er Bibiana Steinhaus im Alter von 18 Jahren zum ersten Mal bei einem Lehrgang in Duisburg traf. Heute ist Strigel ihr Mentor, sitzt bei vielen ihrer Spiele im Stadion auf der Tribüne und schaut sie sich auch danach noch einmal in Ruhe per Video an. Väterlich stolz erzählt er, dass Bibiana Steinhaus "ohne Probleme" die Leistungsprüfungen bei den Männern absolviert und mit ihren 1,81m auch körperlich sehr stark sei. "Ich denke, sie ist weltweit die Schiedsrichterin Nummer eins. Sie hat sich etabliert in der Zweiten Bundesliga."
"Ikone des Frauen-Schiedsrichterwesens"
Seit 2005 ist Deutschlands Vorzeige-Schiedsrichterin auch international für die FIFA unterwegs und lenkt im Frauenbereich Spiele der Bundesliga, des DFB-Pokals und der Champions League. Ein Höhepunkt: Die Frauen-Europameisterschaft 2009 in Finnland. Bei den Männern ist sie seit 2008 auch im DFB-Pokal aktiv und in der Bundesliga als Vierte Offizielle an der Außenlinie mit dabei. Fünf Mal nacheinander wurde sie zur Schiedsrichterin des Jahres gewählt. An ihr geht einfach kein Weg vorbei, weiß auch Herbert Fandel, Schiedsrichter-Chef des DFB. Sie sei die "Ikone des Frauen-Schiedsrichterwesens". Doch man dürfe auch den Menschen nicht vergessen. "Sie nicht zu verheizen ist eines meiner Ziele."
Der richtige Pfiff zur rechten Zeit
Nur zwei Prozent der 80.000 Schiedsrichter in Deutschland sind weiblich. Und so soll Deutschlands erste Schiedsrichterin im Profifußball behutsam aufgebaut werden. Steinhaus selbst fiebert im Moment einem weiteren Karrierehöhepunkt entgegen: Der Frauenfußball-WM im Sommer in Deutschland. Seit Jahren bereitet die FIFA die Schiedsrichterinnen auf dieses Großereignis vor. "Wir haben viele Videoschulungen und ich glaube, dass wir auch für den Sommer sehr gut aufgestellt sind."
Der Rummel um ihre Person behagt ihr gar nicht, die Hannoveranerin mag es lieber, wenn man ausschließlich auf ihre Leistung schaut. Denn nur damit könne man sich auf dem Platz behaupten: "Ich glaube, dass es für einen Fußballspieler recht unerheblich ist, welches Geschlecht in die Pfeife bläst. Solang der Pfiff zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist."
Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Sarah Faupel