Biden attackiert Trump für Umgang mit Corona
23. Oktober 2020Jenseits kontroverser Einstellungen zu Themen wie Corona, mutmaßlicher Einmischung Russlands in den Wahlkampf, Nordkorea, Krankenversicherung, Einwanderungspolitik oder Rassismus und Klimawandel war eines anders als beim vorherigen TV-Duell: Es lief in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee zwölf Tage vor der Präsidentschaftswahl deutlich sachlicher und gesitteter. Beide Kandidaten versuchten, ihre Wähler zufriedenzustellen.
Der frühere US-Vizepräsident Joe Biden kritisierte Präsident Donald Trump für dessen Umgang mit der Corona-Pandemie: "Wer für so viele Tote verantwortlich ist, sollte nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben." Der Präsident habe immer noch "keinen Plan" für den Kampf gegen die Pandemie, während ein "dunkler Winter" drohe.
Trump dagegen lobte die Arbeit seiner Regierung und zeigte sich einmal mehr optimistisch, dass die USA die Krise bald hinter sich lassen könnten. Er rechne nicht mit einem "dunklen Winter" wie Biden. Das Coronavirus werde "verschwinden" und die Pandemie schon bald zu Ende sein. Und einmal mehr betonte Trump mit Blick auf das Virus: "Es ist nicht meine Schuld, dass es hierhin gekommen ist, es ist die Schuld Chinas". Biden werde das ganze Land runterfahren - mit schrecklichen Folgen, warnte er. Wenn es wegen des Virus weitere Lockdowns gäbe, würden viele Menschen ihre Jobs verlieren und die Zahl der Selbstmorde ansteigen.
Biden erwiderte, er wolle nicht das Land dichtmachen, sondern der Pandemie ein Ende bereiten. Der Demokrat wirft Trump vor, dass viele an COVID-19 erkrankte Amerikaner ohne dessen Missmanagement der Pandemie noch am Leben wären.
Eines der weiteren Themen war die Gesundheitspolitik. In einem heftigen Wortgefecht stritten die Kandidaten über die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Trump warf seinem Herausforderer vor, eine "sozialistische Medizin" anzustreben. Er hingegen wolle das von seinem Vorgänger Barack Obama eingeführte und als "Obamacare" bezeichnete System der Krankenversicherung und Pflege abschaffen und "eine wunderschöne neue Gesundheitsversorgung" einführen. Biden hingegen betonte, "jeder sollte das Recht auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung haben". Das habe nichts mit Sozialismus zu tun.
Trump: Meine Korea-Politik hat Millionen Leben gerettet
Ein weiteres Thema war Trumps Verhältnis zu Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Dazu sagte Trump, er habe im Konflikt mit Nordkorea Großes geleistet. Er habe einen Krieg mit Nordkorea verhindert. Ohne seine Politik des Dialogs wären bei einem Krieg "Millionen Menschen" gestorben, behauptete Trump. Von der Vorgängerregierung unter Präsident Barack Obama und Vizepräsident Biden habe er in Sachen Nordkorea eine "Schweinerei" geerbt, sagte Trump. Jetzt hätten beide Länder "ein sehr gutes Verhältnis". Biden warf Trump vor, Diktator Kim Jong Un "Legitimation" verliehen zu haben. Durch seine Treffen habe er Nordkorea Zeit verschafft, das eigene Waffenprogramm noch weiter zu entwickeln. Kim sei ein "Gangster", fügte er hinzu, mit dem man sich nicht ohne klare Bedingungen treffen könne.
Für Aufsehen sorgte ein Hitler-Vergleich. Trump war gerade dabei, über sein "gutes Verhältnis" mit dem Autokraten Kim und Regierungschefs anderer Länder zu reden, als Biden entgegnete: "Und wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einfiel." Biden wollte damit klarmachen, dass er Trumps Kurs gegenüber autoritären Herrschern für zu weich und damit für eine Gefahr für den internationalen Frieden hält.
Biden kritisiert anhaltenden systemischen Rassismus
In den Vereinigten Staaten herrsche immer noch nicht völlige Gleichheit, sagte Biden mit Blick auf den weiterhin anhaltenden strukturellen Rassismus in den USA. Trump leiste Rassismus noch weiter Vorschub. "Er gießt in jedes einzelne rassistische Feuer Öl", sagte Biden. Trump wiederum behauptete, er habe so viel für Afroamerikaner und Schwarze getan wie kein anderer Präsident vor ihm, höchstens mit der Ausnahme von Abraham Lincoln. "Ich bin die am wenigsten rassistische Person in diesem Raum", sagte Trump. Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze seien bedauernswerte Einzelfälle.
Ähnlich kontrovers waren die Positionen der Bewerber zu den anderen Themen, die Moderatorin Kristen Welker abfragte. Aber Trump und Biden ließen einander ausreden und folgten weitgehend den Fragen der Moderatorin. Ihre Missbilligung füreinander drückten sie diesmal subtiler aus, eher mit einem Grinsen oder einem Kopfschütteln.
qu/ack (TV-live, rtr, dpa, afp)