Umweltschutz wird zum Randthema bei US-Wahl
4. September 2020US-Präsident Donald Trump hat während seiner Amtszeit viele wichtige Fortschritte bei der Klimapolitik rückgängig gemacht. Unter anderem stieg er aus dem Pariser Klimaabkommen zur Begrenzung der globalen Erwärmung aus und beseitigte zahlreiche Vorschriften zum Schutz der Umwelt aus der Obama-Ära.
Trumps Konkurrent, der Demokrat Joe Biden, verspricht in seinem Wahlprogramm, er wolle 1,7 Billionen US-Dollar (umgerechnet 1,4 Billionen Euro) für eine "saubere Energiewende und Umweltgerechtigkeit" in den nächsten zehn Jahren bereitstellen. Der Plan liegt rund 14 Billionen Dollar hinter dem zurück, was Bernie Sanders, der progressive US-Senator aus Vermont, während der Vorwahlen der Demokraten für Klimaschutz versprochen hat.
Allerdings schafft es der Klimawandel nicht einmal unter die Top-10 Themen, die registrierte Wähler für sehr wichtig halten. Laut einer im August veröffentlichten Umfrage des Pew Research Center liegt der Klimawandel auf Platz 11, hinter Wirtschaft, Gesundheitswesen, Berufungen am Obersten Gerichtshof und der Pandemie. Und das obwohl die Menschen in den USA extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind, von Waldbränden bis zu Stürmen, die laut Wissenschaftlern höchstwahrscheinlich auf die globale Erwärmung zurückzuführen sind.
Anstatt die Wunschliste der Wähler anzuführen, ist das Thema Klimawandel höchst umstritten. Für rund 68 Prozent der Demokraten nimmt das Thema einen hohen Stellenwert ein, im Vergleich dazu sind es bei den Republikanern nur elf Prozent, ergab die Pew-Umfrage.
Aber was versprechen nun Biden und Trump im Wahlkampf in Bezug auf den Klimawandel und die Umwelt – und stimmt das mit dem überein, was die Wähler wollen?
Biden eine Klima-Enttäuschung?
Barack Obamas ehemaliger Vizepräsident Biden plant, sich erneut zum Pariser Abkommen zu bekennen und dafür zu sorgen, dass die USA komplett auf saubere Energie umsteigt und bis 2050 das Netto-Null-Emissionen-Ziel erreicht. Biden will außerdem keine Subventionen mehr für fossile Brennstoffe und ist damit dem nationalen Komitee der Demokraten (DNC), das jüngst diese Passage aus ihrem Programm strich, einen Schritt voraus.
Bevor Kamala Harris an Bidens Seite die Kandidatin für die Vizepräsidentschaft wurde, hatte sich die kalifornische Senatorin für mutige Klimaschutzmaßnahmen stark gemacht. Harris unterstützte von Anfang an den New Green Deal, eine Resolution der progressiven Demokraten, die den US-Kongress dazu auffordert, innerhalb der nächsten zehn Jahre folgende Ziele anzusteuern: eine Wirtschaft, die auf sauberer Energie basiert, Umschulungen für neue Jobs sowie soziale und ökologische Gerechtigkeit.
Trotz aller Versprechen sind einige demokratische Wähler trotzdem enttäuscht, dass nun Biden und Harris für die Demokraten kandidieren. Viele sind der Meinung, dass Sanders, der im April aus dem Rennen um die Nominierung ausschied, der bessere Kandidat gewesen wäre. Karen Antunes, zum Beispiel.
Antunes sitzt mit ihren Kindern und ihrem kleinen braunen Hund bei einem Picknick im Peninsula Park in Portland, Oregon. "Ich habe zwei Kinder, also muss ich achtsam sein und hoffnungsvoll bleiben. Aber ich habe viel Hoffnung verloren, jetzt, wo Bernie Sanders nicht Präsidentschaftskandidat geworden ist", erzählt Antunes. Das wird sie aber nicht davon abhalten, für die Demokratische Partei abzustimmen. "Wir müssen doch [für ihn stimmen]. Das Trump-Ding muss ein Ende haben", fügte Antunes hinzu. "Aber begeistert bin ich nicht."
Wähler aus dem linken Lager, wie Antunes, werden es wohl vorziehen, für Biden zu wählen und so eine Wiederwahl Trumps zu verhindern, auch wenn sie der Meinung sind, dass Bidens Engagement für Klimaschutzmaßnahmen nicht weit genug geht.
So sieht es Stephen Ansolabehere, Direktor des Center for American Political Studies an der Harvard University: "Ich glaube nicht, dass die Unterschiede zwischen Biden und Sanders beim Umweltschutz – oder anderen Themen – für demokratische Wähler im Vergleich zum Unterschied zwischen Biden und Trump von großer Bedeutung sein werden."
Republikaner: Wirtschaft schlägt Klimawandel
In den letzten paar Jahren hat Donald Trump den Klimawandel immer als "Unsinn" abgetan, als nicht von Menschenhand gemacht und Umweltaktivisten bezeichnete er als "dauerhafte Propheten des Untergangs". Das Wahlprogramm des US-Präsidenten besteht aus einer Liste von 63 Stichpunkten, die in Kategorien wie "Jobs", "Covid-19 ausrotten" und "Unsere Abhängigkeit von China beenden" unterteilt ist. Weder Klimawandel noch Umweltschutz werden direkt angesprochen.
Stattdessen listet die Agenda für die zweite Amtszeit gegen Ende unter der Überschrift "Zukunftsinnovationen” diese zwei Versprechen auf: "Weiterhin ein Vorreiter beim Zugang zum saubersten Trinkwasser und zur saubersten Luft sein" und "Partnerschaften mit anderen Nationen eingehen, um die Ozeane unseres Planeten zu säubern".
Wie diese Ziele erreicht werden sollen, wird nicht ausgeführt.
Dass Trumps Agenda den Klimawandelt nicht erwähnt, könnte viele republikanische Wähler freuen, da sie "natürlich Vorschriften durch die Regierung nicht gerne sehen", sagt Daron Shaw, Professor für Wahlverhalten an der University of Texas in Austin und Co-Direktor der Wählerumfragen des TV-Senders Fox News.
"Demokraten sind viel eher bereit, stärkere Maßnahmen zu ergreifen", sagt Shaw und fügt hinzu, dass nur wenige Republikaner bereit seien, Regelungen wie eine signifikante CO2- oder fossile Brennstoffsteuer zu unterstützen. "Aber wenn Sie die Republikaner nach Recycling fragen, wenn Sie nach Standards für Kraftstoffeffizienz fragen, unterstützen sie diese Art von kleineren Handlungsweisen sehr."
Wachsende Ungeduld unter jungen Republikanern
Einige jüngere Republikaner haben begonnen, ihre Partei dafür zu kritisieren, dass sie dem Klimawandel so wenig Aufmerksamkeit schenkt. Während dem jüngsten Parteitag der Republikanischen Partei nutzte eine kleine Gruppe während der Online-Veranstaltung Twitter, um "#WhatAboutClimate" (Was ist mit dem Klima) zu fragen.
Eine weitere Pew-Studie vom Juni 2020 ergab, dass Millennial- und Gen-Z-Republikaner, die derzeit 18 bis 39 Jahre alt sind, eher als ältere Wähler der Partei glauben, dass Menschen einen signifikanten Einfluss auf das Klima haben und dass die Regierung zu wenig tut, um das Problem anzugehen.
Das bedeutet aber nicht, dass sie bereit sind, zu den Demokraten zu wechseln.
"Ich bin damit aufgewachsen, Republikanerin zu sein", sagt Kiera O'Brien, die die Gruppe Young Conservatives for Carbon Dividends (YCCD) gegründet hat. "Konservatismus zu Hause in Ketchikan, Alaska, legt Wert auf Gemeinschaft und Natur."
O'Brien mag den "regulierungspolitischen Ansatz des Demokraten für das Klima" nicht und setzt sich stattdessen durch YCCD für dafür ein, dass beim Kampf gegen die Folgen des Klimawandels die Mechanismen des freien Marktes zum Einsatz kommen.
Umweltschutz anders formuliert
Umweltpolitik wird schnell kompliziert, wenn es in den USA um die Präsidentschaftswahl geht, denn das Thema ist nicht leicht zu fassen für die Kandidaten. Jede Region hat ihre einzigartigen Herausforderungen: von Waldbränden in Kalifornien über Stürme, die ganze Ernten in Iowa zunichtemachen, bis hin zur Wasserverschmutzung in Flint, Michigan.
In Pennsylvania, Kentucky oder auch Michigan und Ohio ist der Widerstand gegen klimapolitische Vorhaben in der Vergangenheit typischerweise mit der Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen einhergegangen, so der Harvard-Professor Ansolabehere. Ein Kohleausstieg oder die Umrüstung der Automobilindustrie könnten dort "den Arbeitsmarkt negativ beeinflussen”.
Laut Daron Shaw versuchen die Republikaner in der Regel "Umweltthemen in einem Atemzug mit hohen Steuern und dem Verlust von Arbeitsplatz zu erwähnen, in der Hoffnung, dass sie so einige Wähler der Demokraten für sich gewinnen können."
Biden hat mit seiner Kampagne wohl vor, genau diese Befürchtungen zu zerstreuen, denn seine Pläne versprechen, dass neue Industrien und die Wiederbelebung des ökologischen Fertigungssektors auch neue Jobs bedeuten.
Aber wenn es um die umkämpften US-Bundesstaaten Pennsylvania, Virginia und Ohio geht, könnte Trumps Klimapolitik und seine Unterstützung für fossile Brennstoffe ihm die Oberhand verschaffen. Auch seine Unterstützung für Cracker-Anlagen, in denen Erdgas für die Weiterverarbeitung in der Kunststoffherstellung aufbereitet wird, sei gut angekommen, so Ansolabehere, vor allem bei den lokalen Gewerkschaften.