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Die Frau des Generals

Tillmann Bendikowski1. Juli 2013

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1949: Mathilde Ludendorff wird "entnazifiziert"

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Mathilde Ludendorff 1877-1966 , Witwe von Gen.Ludendorff: vor der Spruchkammer. (Copyright: Ullstein)
Bild: Ullstein

Was, bitte schön, habe ich denn getan? So scheint es die Geste der Frau auszudrücken. Tatsächlich könnte man beim Betrachten des Bildes, aufgenommen am 23. November 1949 in München, auf die Idee kommen, dass hier eine alte Dame den wissbegierigen Zuschauern erklärt, wie es sich einst wirklich zugetragen hat. Damals – unter den Nazis. Doch der Eindruck täuscht, die Zuhörer glauben ihr nicht. Vielmehr hält die Hauptspruchkammer München die 72-jährige Mathilde Ludendorff, die Witwe des einstigen Ersten-Weltkriegs-Generals und Hitler-Weggefährten Erich Ludendorff, für eine maßgebliche Förderin des NS-Regimes.

Es ist einer der letzten Entnazifizierungsfälle in Bayern. Und die Generals-Witwe ist ein besonderer Fall: Die Lehrerin, Ärztin und Schriftstellerin gilt als Kopf der sogenannten "Ludendorff-Bewegung", die nach dem Krieg als "Bund für Gotterkenntnis" wiedergegründet wird – und einer Mischung aus kruden religiösen, völkischen und antisemitischen Gedanken anhängt. Ludendorff und ihre Sympathisanten glauben an permanente Verschwörungen von Jesuiten, Juden und Freimaurern. Auch noch nach 1945 finden sich für diesen verschwörungstheoretischen Mischmasch rechtsextreme Anhänger.

Während der NS-Zeit habe Mathilde Ludendorff  – so erklärt die Münchner Spruchkammer im Januar 1950 – mit ihren Vorstellungen sogar die Nazis noch übertroffen und stuft sie daraufhin als "Hauptschuldige" im Sinne der verschiedenen Kategorien zur Entnazifizierung ein. Wegen ihres hohen Alters braucht Mathilde Ludendorff zwar nicht ins Arbeitslager, muss aber zwei Jahre sogenannte Sühnearbeiten ableisten. Ihr gesamtes Vermögen wird bis auf einen Rest von 5.000 DM eingezogen. Jede Form von schriftstellerischer Tätigkeit wird ihr untersagt, zudem verliert sie das aktive und passive Wahlrecht.

Doch auch diesmal beweist die junge Bundesrepublik ihre erstaunliche Fähigkeit zum selektiven Vergessen und Vergeben: Dieses harte Urteil wird im Januar 1951 in der Berufung abgemildert, Ludendorff lediglich als "Belastete" eingestuft. Und 1963 wird das Urteil dann ganz aufgehoben. Im selben Jahr stirbt die Generals-Witwe mit den wirren Gedanken. Dass die Zahl ihrer Anhänger heute bis auf einige Dutzende zusammengeschmolzen ist, ist weniger überraschend als der Umstand, dass es überhaupt noch welche gibt …