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Krieg den Kino-Palästen

Tillmann Bendikowski9. April 2013

Jede Woche neu: ein Bild vor und seine Geschichte. Diese Woche gehen wir zurück in das Jahr 1930. Damals wurde "Im Westen nichts Neues" gezeigt – und verboten.

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Polizeischutz für die Aufführung von "Im Westen nichts Neues", Berlin 1930 (Foto: ullstein bild)
Bild: ullstein bild/Archiv Gerstenberg

Das Bild täuscht: Berliner Polizisten sind an diesem 9. Dezember 1930 vor einem Kino aufgezogen, um die Aufführung des Films "Im Westen nichts Neues" zu sichern. Doch sie suggerieren eine Sicherheit, die es nicht gibt: Wer sich in das Kino wagt, läuft Gefahr, in die Hände rechter Schläger zu fallen und die Polizei kann oder will nicht eingreifen. Vor vier Tagen war noch alles friedlich: Die Premiere des Anti-Kriegsfilms, eine US-amerikanische Verfilmung des Buches von Erich Maria Remarque, erntete großen Applaus. Aber jetzt ist alles anders.

Die NSDAP hat mobil gemacht, allen voran ihr oberster Propagandist und "Gauleiter" von Berlin, Joseph Goebbels. Er organisiert regelrechte Rollkommandos, die anfangs nur Stinkbomben werfen und weiße Mäuse in den Kinos laufen gelassen. Doch dann kommt es zu Gewalt. Die braunen Schläger randalieren in den Kinos und verwandeln schließlich die Straßen der Hauptstadt in den Schauplatz ihres "Kino-Kriegs". Und mitten drin Goebbels, der vor seinen Anhängern gegen die vermeintliche Verleumdung des deutschen Volkes agitiert, das sich durch diesen Anti-Kriegsfilm beleidigt sehe.

Die Hetze gegen den verhassten Film und das erfolgreiche Buch von Remarque ist zwar offensichtliche, aber leider schließlich "erfolgreiche" politische Denunzierung: Am 11. Dezember wird die Aufführung des Films untersagt. Die Weimarer Republik, so zeigt sich, ist längst strukturell so geschwächt, dass sie solchen Attacken nicht mehr wiederstehen kann. Die breite Zustimmung zur NSDAP und ihrer Hetze machen die Aufführung unmöglich.

"Plötzlich war ich interessant geworden", hatte ein gutes Jahr zuvor Erich Maria Remarque bei seinem Aufenthalt im fernen Davos erklärt. "Ich musste aus Berlin fliehen" – zu diesem Zeitpunkt noch wegen seiner Popularität. Wenige Jahre später wird die Gefahr dann real. "Im Westen nichts Neues" landet auf dem Scheiterhaufen der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen, Remarque selbst entzieht sich durch Emigration der Verfolgung. Er stirbt 1970 in Locarno. Sein filmischer Erfolg hat Bestand.l