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Bilkay Öney – von Berlin ins Ländle

8. Mai 2011

Eigentlich sollte Bilkay Öney bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin den Bezirk Mitte holen. Doch nun kümmert sich die SPD-Frau um die Integration in Baden-Württemberg. Als erste türkischstämmige Ministerin ihrer Partei.

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Bilkay Öney (Foto: dpa)
Bilkay Öney: Erste Integrationsministerin in Baden-WürttembergBild: picture alliance/dpa

Am Donnerstag (12.05.2011) stellt sich Winfried Kretschmann im Landtag zur Wahl als erster grüner Ministerpräsident in Deutschland. Bilkay Öney ist designierte Integrationsministerin in seinem Team. Als Grüne und SPD Anfang Mai nach dem historischen Wahlsieg in Baden-Württemberg am 27. März ihre Regierungsmannschaft vorstellten, überraschte Viele vor allem ihr Name. Den größten Teil ihres Lebens verbrachte Öney bislang in Berlin. Auch den in der Politik.

Geboren wurde Öney vor 40 Jahren in der Türkei, schon mit drei Jahren siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland über. Von da an unterscheidet sich ihr Leben von denen der gleichaltrigen deutschen Kindern nur durch ihre Abstammung: aufgewachsen in Berlin, Abitur, Betriebswirtschaftsstudium an der TU Berlin. Anschließend kam der erste Job als Bankangestellte. Später folgte sie ihren Wurzeln und wurde Journalistin im Auslandsbüro von TRT, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender der Türkei.

Ihr gesellschaftspolitisches Engagement begann bei den Deutschen Pfadfinderinnen und setzte sich bei "ImmiGrün", dem "Bündnis der neuen InländerInnen" fort. Dort kam sie das erste Mal mit der Vorstellung einer ökologischen und multikulturellen Gesellschaft in Berührung.

Grüne Abgeordnete

Winfried Kretschmann (l.) und Nils Schmid (Foto: dapd)
Winfried Kretschmann (Grüne) und Nils Schmid (SPD)Bild: dapd

Folgerichtig mündete ihr politisches Engagement bei den Grünen, für die sie in ihrer Lieblingsstadt Berlin kandidierte und ins Abgeordnetenhaus einzog. Bilkay Öney lebt Integration vor und kritisiert jene Immigranten, die diesen Prozess verweigern: "Viele Türken leben mit dem Körper hier, mit dem Kopf und dem Herzen aber noch in der Türkei." Aber auch ungekehrt vermisst sie Engagement auf deutscher Seite bei der Integration von Immigranten.

Eine verklärende "Multi-Kulti-Politik" lehnt sie ab – eine Linie, die in den vergangenen Jahren auch viele ihrer Parteikollegen prägten. So tritt sie für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ein und fordert gleichzeitig von den Deutschen mehr Offenheit für die Immigranten und deren Kultur.

Nicht die erste türkischstämmige Ministerin

Plakatfoto von Aygül Özkan der Deutschlandstiftung Integration
Aygül Özkan wirbt für die Deutschlandstiftung IntegrationBild: Deutschlandstiftung Integration

Bilkay Öney ist nicht die erste Ministerin mit Migrationshintergrund in einem Bundesland. Im April 2010 übernahm mit Aygül Özkan die Tochter eines aus Ankara nach Hamburg eingereisten türkischen "Gastarbeiters" im Kabinett des niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister das Amt der Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit - und Integration.

Der damalige Ministerpräsident und heutige Bundespräsident Christian Wulf begründete seine Wahl damit, dass Aygül Özkan "die schwerwiegenden Fehler, die jahrelang in der Integrationspolitik gemacht wurden, ausgleichen" sollte. Özkan setzt sich seither für den Ausbau der frühkindlichen Bildung und den Besuch von Kindertagesstätten ein. Sie engagiert sich für ein verbessertes Lehrstellenangebot für Auszubildende mit Migrationshintergrund und fordert, dass staatliche Schulen frei von religiösen Symbolen sein sollten - diese Forderung gilt ausdrücklich auch für das umstrittene Kopftuch bei muslimischen Frauen.

Rote Patriotin

Im Mai 2009 wechselte Bilkay Öney nach politischen Differenzen mit der Parteiführung vom grünen ins rote Lager des Berliner Abgeordnetenhauses. Schnell wurde sie dort Mitglied wichtiger Ausschüsse, blieb aber auch in ihrer neuen Partei unabhängig. Das Integrationsgesetz der rot-roten Koalition in Berlin kritisierte sie ebenso wie die ihrer Meinung nach weit verbreiteten Vorurteile vieler Deutschen, die in den Einwanderern schlecht ausgebildete "Gäste" sähen, die allenfalls zu "Handlanger-Arbeiten" herangezogen werden könnten.

Bilkay Öney bezeichnet sich selber als "Patriotin". Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass bei ihr die Integration in einen neuen Kulturkreis erfolgreich verlaufen ist. Als Integrationsministerin in Baden-Württemberg kann sie nun mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, wie eine erfolgreiche Integrationspolitik in Deutschland aussehen kann.

Autor: Matthias von Hellfeld (dpa, afp)

Redaktion: Michael Borgers