Birma und Menschenrechte
19. November 2007Überschattet von der Menschenrechtslage in Birma hat am Montag (18.11.2007) in Singapur der Gipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN begonnen. Vertreter der zehn Mitgliedstaaten beschlossen eine gemeinsame Charta mit einem Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten. Während einige Gipfelteilnehmer die Charta als Erfolg werteten, äußerten andere Bedenken, ob Birma sich daran halten werde.
Ungeliebtes Mitglied Birma
Das Dokument, dass Demokratie und Schutz von Menschenrechten einfordert, gilt als radikalste Reform der ASEAN-Gemeinschaft seit deren Gründung vor 40 Jahren. Die in zweieinhalbjährigen Verhandlungen ausgearbeitete Charta werde die ASEAN stärken, sagte der malaysische Außenminister Syed Hamid Albar. Mit dem Papier wandelt sich die ASEAN von einer lockeren Staatengemeinschaft zu einer juristischen Person. Damit kann die Gemeinschaft Klagen einreichen und verklagt werden sowie für alle unterzeichneten Vereinbarungen zur Rechenschaft gezogen werden.
Birmas Außenminister Nyan Win hatte die Charta zusammen mit seinen Kollegen angenommen. "Wir sind damit einverstanden", sagte er. Indonesiens Außenminister Hassan Wirajuda sagte, die Gruppe erwarte von Birma volle Einhaltung aller Paragrafen. Dies sei ein juristisch bindendes Dokument, sagte er. Sanktionen gegen Verstöße sind allerdings nicht vorgesehen. Am Dienstag soll die Charta unterzeichnet und nach Angaben des malaysischen Außenministers innerhalb eines Jahres ratifiziert werden.
Die Philippinen warnten am Montag, sie wollten das Dokument nicht ratifizieren, solange Birma nicht die Demokratie wiederherstelle und die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi freilasse. Wenn Birma die Charta unterzeichne, müsse dies bedeuten, dass das Land zurückkehre auf den Weg zur Demokratie, sagte die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo dem birmanischen Ministerpräsidenten General Thein Sein in Singapur.
UN-Sondergesandter ausgeladen
Eine Einladung des UN-Sondergesandten für Birma hat die Staatengemeinschaft abgelehnt. Gastgeber Singapur hatte Ibrahim Gambari gebeten, beim Gipfel am Mittwoch über seine Fortschritte bei den Gesprächen mit der birmanischen Militärjunta zu referieren. Birma erhob Einspruch, und andere Mitglieder schlossen sich dem an, wie am Montag aus Kreisen der Staatengemeinschaft verlautete.
ASEAN verzichtet auf Sanktionen gegen Birma
Trotz der brutalen Niederschlagung friedlicher Proteste in Birma Ende September haben die ASEAN-Länder Forderungen nach einer Suspendierung Birmas zurückgewiesen. Sie lehnen auch Sanktionen ab. Das von einer Militärjunta regierte Land war 1996 aufgenommen worden, weil die Nachbarn darauf gehofft hatten, dass dies zu einer Öffnung des Landes führen würde. Sie räumen ein, dass das bislang nicht zum Erfolg geführt hat.
Oppositionsführerin trifft erneut Regierung
In Birma traf die unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zum dritten Mal mit ihrem Kontaktmann in der Militärjunta zusammen. Arbeitsminister Aung Kyi habe mit der Oppositionsführerin etwa eine Stunde lang gesprochen, sagte ein Regierungsvertreter in Rangun. Die Vereinten Nationen hatten nach der blutigen Niederschlagung der birmanischen Demokratie-Bewegung Ende September einen Dialog der Militärjunta mit der Opposition gefordert.
Beobachter gingen davon aus, dass das Treffen dazu dienen sollte, Kritik des Verbandes südostasiatischer Nationen an Birmas Militärjunta zu entkräften. Birmas Ministerpräsident Thein Sein wollte seine in Singapur tagenden Kollegen über die Niederschlagung des Aufstandes unterrichten. Während des Treffens protestierten Studenten trotz eines im Stadtstaat herrschenden Demonstrationsverbots gegen die Junta.
EU beschließt Sanktionen
Die Europäische Union beschloss offiziell bereits Mitte Oktober vereinbarte weitere Sanktionen gegen Birma. Bei ihrem Treffen in Brüssel stimmten die Außenminister der 27 Mitgliedstaaten am Montag zusätzlich für ein Importverbot von Holz, Metallen, Mineralien, Edelsteinen und Halbedelsteinen. Auch EU-Exporte sowie Investitionen in diese Wirtschaftssektoren wurden untersagt. Zudem erweiterten die Minister die EU-Liste mit Vertretern der birmanischen Führung und deren Angehörigen, die nicht in die EU einreisen dürfen und deren Konten gesperrt werden sollen. Weitere Strafmaßnahmen wurden in Aussicht gestellt. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die EU-Außenminister die birmanische Junta zu einem "umfassenden Prozess nationaler Versöhnung" auf. (leix)