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Suche nach deutschen Verschleppten auf Hochtouren

19. Januar 2012

Nach dem Überfall auf eine Touristengruppe in Äthiopien mit fünf Toten werden zwei Deutsche und deren zwei äthiopischen Begleiter weiter vermisst. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat eigene Mitarbeiter in das Land geschickt.

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Touristen auf dem Erta-Ale-Vulkan (Foto: dapd)
Touristen reisen gern auf den Erta AleBild: picture-alliance/dpa

Nach dem Tod zweier Deutscher in Äthiopien läuft nun die Suche nach den Verschleppten auf Hochtouren. Am Donnerstag (19.01.2012) teilte das Auswärtige Amte offiziell mit, dass zwei Deutsche vermisst würden. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat mehrere Mitarbeiter in das Land am Horn von Afrika entsandt. Außerdem wurde der Verbindungsbeamte der Behörde in Kenia nach Äthiopien beordert. Äthiopische Sicherheitskräfte waren am Donnerstag ebenfalls an der Suche beteiligt. Es darf als sicher gelten, dass auch die eritreischen Behörden um Mithilfe gebeten wurden. Die 2007 in der Danakil-Wüste entführten fünf Europäer und 13 Äthiopier waren am Ende nach Zahlung eines Lösegeldes in Eritrea freigelassen worden.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte am Mittwochnachmittag Berichte bestätigt, bei dem Angriff auf eine Reisegruppe im Nordosten Äthiopiens seien auch zwei deutsche Touristen getötet worden. Neben den zwei Deutschen starben zwei Urlauber aus Ungarn sowie ein Österreicher. Zwei Reisende aus Belgien und Großbritannien erlitten bei dem Überfall Schussverletzungen. Sie werden in dem Universitätskrankenhaus in der nördlichen Stadt Mekele behandelt, wie der zuständige Arzt einem DW-Korrespondenten vor Ort bestätigte. In der Hauptstadt Addis Abeba trafen unterdessen zwölf Überlebende des Überfalls ein, darunter sechs deutsche Touristen.

Krieg der Worte

Der Vulkan Erta Ale (Foto: dpa)
Der Vulkan Erta Ale, in dessen Nähe zwei Deutsche bei einem Überfall starbenBild: picture-alliance/dpa

Derweil geht die Propagandaschlacht zwischen den verfeindeten Regierungen Äthiopiens und Eritreas weiter. Der Informationsminister Eritreas, Ali Abdou, machte Äthiopien für den Anschlag verantwortlich, dieser sei von dem "TPFL-Regime" (die dominierende Partei in Äthiopiens Regierungskoalition) selbst verübt worden.

Der äthiopische Generalkonsul in Frankfurt, Mulugeta Zewdie, sagte der DW, sein Land sei nun gezwungen, "alle notwendigen Maßnahmen" gegen Eritrea zu ergreifen, das einmal mehr die Tourismusindustrie und das "Ansehen Äthiopiens" schädigen wolle. Der Diplomat spielt damit auf den von den Vereinten Nationen gestützten Verdacht an, Eritrea habe einen Anschlag auf den Gipfel der afrikanischen Staats- und Regierungschefs im Januar 2011 in Addis Abeba geplant.

Politisch motivierter Anschlag oder Raubüberfall?

Der Fluss Awash in der Afar-Region (Foto: picture alliance / africamediaonline)
Awash river mit Afar Siedlungen im HintergrundBild: picture-alliance / africamediaonline

Über die Täter kann weiter nur spekuliert werden. Die "Demokratische Revolutionäre Einheitsfront Afars" (ARDUF), eine Vereinigung von Afars, die gegen die äthiopische Regierung kämpft und 2007 die Verantwortung für die Entführung der fünf Europäer und 13 Äthiopier übernommen hatte, ließ eine Bitte der DW um Stellungnahme auch am Donnerstag unbeantwortet. Nach wie vor ist in der dünn besiedelten und äußert armen Region, in der Waffenbesitz zum Selbstverständnis der nomadisch lebenden Männer zählt, auch ein Raubüberfall ein möglicher Hintergrund. Zumindest offiziell sind bislang keine Lösegeldforderungen bekannt geworden, es gilt aber als wahrscheinlich, dass wie bereits 2007 Älteste der Afar in die Verhandlungen eingebunden werden. Sie hatten seinerzeit mit den Geiselnehmern Gespräche geführt.

Als Folge des Überfalls hat die deutsche Welthungerhilfe, die seit Jahren Projekte in der Afar-Region durchführt, zwei ausländische Projektmitarbeiter zunächst nach Addis Abeba beordert. Die Fortführung des Brunnenbaus für 2500 Familien solle aber weitergehen, so Äthiopien-Referent Hans Bailer. Der landeskundige Entwicklungshelfer forderte strikte Sicherheitsmaßnahmen für Touristen in der Unruhe-Region, eine Tour ohne bewaffnete Eskorte sei unverantwortlich. Der Äthiopien-erfahrene Entwicklungshelfer und selbsterkorene "Überlebens-Experte" Rüdiger Nehberg sagte dagegen, eine Bewaffnung sei mitunter kontraproduktiv und steigere das Gefahrenpotential für Touristen.

Eine der gefährlichsten Regionen der Welt

Seit Jahren bietet der Gebäude des Dresdner Reiseveranstalters 'Diamir Erlebnisreisen' (Foto: dpa)
Seit Jahren bietet der Dresdner Veranstalter Diamir Reisen nach Äthiopien anBild: picture-alliance/dpa

Die Afar-Region gilt als eine der unsichersten Gegenden der Welt, Rebellen haben sich dort immer wieder zu Überfällen und Entführungen bekannt. Das Auswärtige Amt hat inzwischen seine Sicherheitshinweise für die Region verschärft und rät bis auf weiteres von Reisen in die Afar-Region ab.

Trotz der Gefahr von Überfällen zieht es Touristen immer wieder in die Region. Die Landschaft im Nordosten von Äthiopien gilt wegen des spektakulären Vulkans "Erta Ale" in der unter dem Meeresspiegel liegenden Danakilsenke als eines der interessantesten Reiseziele. Allerdings werden im Sommer in der Senke Temperaturen von mehr als 50 Grad erreicht. Die Region Afar ist damit eine der heißesten Regionen der Erde.

Autor: Ludger Schadomsky

Redaktion: Lina Hoffmann