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BND: De Maizière redet und schweigt

Marcel Fürstenau29. April 2015

Der Innenminister weist Vorwürfe zurück, er habe Informationen über NSA-Wirtschaftsspionage verschwiegen. Öffentlich will er sich zu geheimen Akten aber nicht äußern. Die Opposition wittert schon eine Regierungskrise.

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Zugang zum Bundesnachrichtendienst in Pullach. Der Hauptsitz soll 2016 nach Berlin verlegt werden.
Bild: picture-alliance/dpa

Seit dem Wochenende ist bekannt, dass die Bundesregierung schon 2008 über US-amerikanische Versuche der Wirtschaftsspionage in Deutschland und Europa Bescheid wusste. Informant war der für die Auslandsaufklärung zuständige Bundesnachrichtendienst (BND), der eng mit der National Security Agency (NSA) kooperiert. Am Mittwoch äußerte sich erstmals Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu der Affäre, in die er aus Sicht seiner Kritiker auch persönlich verwickelt ist. Der Grund: Von 2005 bis 2009 war de Maizière als Chef des Bundeskanzleramts zugleich Koordinator der deutschen Geheimdienste.

"Ich stelle mich selbstverständlich dieser Verantwortung und möchte gerne zur Aufklärung des Sachverhalts vollumfänglich beitragen", heißt es nun in einer Pressemitteilung des Innenministeriums. Zur Sache selbst will sich de Maizière allerdings nur hinter verschlossenen Türen äußern. Begründung: Es handele sich um Unterlagen, die als "Geheim" oder "Streng Geheim" eingestuft seien. Deswegen sei er außerstande, sich öffentlich zu Vorwürfen oder Fragen zu äußern. Er halte sich an die Regeln, "das gehört auch zu meinem Verständnis vom Staat im Umgang mit geheimen Informationen". Er bedauere das, denn es läge auch in seinem Interesse, die Dinge öffentlich klar zu stellen.

Innenminister als Zeuge im Kontrollgremium und NSA-Ausschuss

Die Vorwürfe bezeichnet der deutsche Innenminister als Unterstellungen. "Sie sind nicht wahr, und das ergibt sich aus den Unterlagen selbst." Er sei deswegen gerne bereit, den zuständigen parlamentarischen Gremien "umfassend Auskunft zu geben" über sein Wissen und seine Erinnerung. Er würde sich wünschen, "dass das so schnell wie möglich geschieht". De Maizières Wunsch sollte zumindest teilweise in Erfüllung gehen, denn am Mittwoch kommender Woche will das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKGr) zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Bundesinneminister de Maizière (CDU) soll und will unbequeme Fragen des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des NSA-Untersuchungsausschusses beantworten.
Bundesinneminister de Mazière soll und will unbequeme Fragen des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des NSA-Untersuchungsausschusses beantwortenBild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Die Abgeordneten aller vier Fraktionen erwarten dann vom Innenminister und von BND-Präsident Gerhard Schindler lückenlose Aufklärung. Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, das Kanzleramt sei bereits 2008 vom deutschen Auslandsgeheimdienst über Versuche der Wirtschaftsspionage durch die NSA informiert worden. Sollte das zutreffend sein, hätte die Bundesregierung das Parlamentarische Kontrollgremium informieren müssen. Dazu ist sie laut PKGr-Gesetz verpflichtet, zumal wenn es sich um "Vorgänge von besonderer Bedeutung" handelt.

Aussagen von BND-Mitarbeitern erscheinen in anderem Licht

Auch im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages soll Innenminister de Maizière schon bald heikle Fragen beantworten. Das Gremium wurde vor gut einem Jahr nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden eingesetzt. Zahlreiche BND-Mitarbeiter sind bereits als Zeugen vernommen worden. Ihre Aussagen stehen unter dem Eindruck der nun im Raum stehenden Vorwürfe in einem anderen Licht. Denn von Wirtschaftsspionage wollen sie nichts mitbekommen haben. Der SPD-Obmann im NSA-Ausschuss, Christian Flisek, will vor einer Zeugenladung de Maizières allerdings zunächst "alle Fakten auf dem Tisch haben". Nur dann könne man die richtigen Fragen stellen und die richtigen Vorhalte machen. "Wir müssen wissen, was genau im BND und Kanzleramt geschehen ist", betonte Flisek.

Die Linke besteht derweil darauf, den Innenminister auf jeden Fall in der nächsten Sitzung zu vernehmen. Darauf pochte die Obfrau im NSA-Ausschuss, Martina Renner, bereits am Dienstag. Ihre Fraktionskollegin und Vizepräsidentin des Bundestages, Petra Pau, geht inzwischen einen Schritt weiter. Sollten sich die im Raum stehenden Vorwürfe bestätigen, sei das nicht nur ein Geheimdienst-Skandal. "Aus meiner Sicht ist das dann auch eine Regierungskrise", sagte Pau am Mittwoch der Deutschen Welle. Ein solches Agieren der NSA wäre Spionage gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union, fügte die Linken-Politikerin hinzu.