Die Bobs-Gewinner 2014
30. Juni 2014Es war ein kleines Jubiläum: Zum zehnten Mal wurden in diesem Jahr die Bobs verliehen. Die 15-köpfige internationale Jury hat die Preisträger in den Kategorien "Best Social Activism", "Best Innovation" und "Most Creative und Original" ermittelt. Außerdem noch die Gewinner des Reporter-Ohne-Grenzen-Preises, des Global Media Awards und des Hauptpreises.
Die preisgekrönten Blogger und Aktivisten zu den Preisverleihungen nach Bonn zu bekommen, ist für das Bobs-Team manchmal eine richtige Herausforderung. "Die kommen ja aus der ganzen Welt. Manche von ihnen haben noch nie ihr Heimatland verlassen", sagt Bobs-Koordinator Gabriel Gonzalez. "Da müssen wir auch schon mal bei der Visabeschaffung helfen."
Dieses Jahr sind alle gekommen – bis auf den chinesischen Bobs-Gewinner in der Kategorie "Most Creative and Original", Wang Zuozhongyou, der auf seinem Blog "Weicombo" aktuelle Ereignisse mit Wort- und Zeichenspielen kommentiert. In einer Videobotschaft drückte er seine Freude über den Preis aus und versprach, weiter zu machen. "Das Internet gibt uns die Chance, gehört zu werden."
Die Seele der Bobs
Die Bobs gehen seit zehn Jahren nicht nur an besonders kreative, sondern auch an besonders mutige Blogger, die trotz Repressalien seitens ihrer Regierungen für Menschenrechte und freie Meinungsäußerung kämpfen. Einige der Preisträger waren oder sind sogar noch im Gefängnis. Andere sprechen stellvertretend für diejenigen, denen Maulkörbe verpasst werden. Wieder andere brauchen gar nichts zu sagen: Sie lassen Bilder sprechen. Die Jury brauchte nicht lange, bis sie sich für den diesjährigen Hauptgewinner entschieden haben. "Bei diesem Fotoblog ist uns die Macht der Bilder besonders aufgefallen", sagte Jurymitglied Dr. Shahidul Alam, der selbst Fotograf ist. "Bilder sprechen einfach eine eigene Sprache." Und so ging der "Best of Blog – Award" an den ägyptischenFotoblogger Mosa'ab Elshamy.
Er fotografiert den ägyptischen Alltag. Und zwar genau da, wo er brutal ist: Demonstrationen, Beerdigungen, Anschläge. "Ich komme an Menschen und Orte heran, wo andere nicht hinkommen", sagte Mosa'ab Elshamy bei der Preisverleihung. Und so trügen seine Fotos dazu bei, dass die Öffentlichkeit eine andere Sicht auf Ägypten und seine Menschen bekomme.
Crowdfunding und Datenjournalismus
Dass hinter so sperrigen Begriffen wie Crowdfunding oder Datenjournalismus bewegende Geschichten stecken können, haben in diesem Jahr zwei der Bobs-Gewinner besonders deutlich gezeigt. Das Projekt "Bangla Braille" etwa hat durch eine Facebook-Aktion innerhalb weniger Stunden 1000 Freiwillige zusammengetrommelt. Ihre Arbeit: Sie digitalisieren Schulbücher in Blindenschrift und produzieren Hörbücher für blinde Schüler. Initiator ist der IT-Experte Ragib Hasan. Er freut sich über die vielen Möglichkeiten, die die sozialen Medien bieten: "Man kann Menschen sehr schnell für eine gute Sache gewinnen und so ist unser Projekt überhaupt möglich geworden." "Bangla Braille" hat nicht nur in der Kategorie "Best Innovation" gewonnen, sondern hat auch gleich noch den Publikumspreis erhalten.
Als "Best Social Activism" wurde die Webseite "Visualizing Palestine" ausgezeichnet. Auf der Grundlage von vielen gesammelten und ausgewerteten Daten sind Geschichten über den Alltag der Palästinenser entstanden. Preisträgerin Jessica L. Anderson möchte mit dem Projekt "Daten menschlich machen". Auf dem Global Media Forum beschreibt sie ihre Vision: "Wir möchten Daten und Storytelling so nutzen, dass die Informationen zu sozialer Gerechtigkeit führen."
Mutige Frauen
Im Norden Indiens gibt es große Landstriche, in denen die Menschen kaum Nachrichten erhalten, geschweige denn zur Schule gehen. Gerade Frauen haben es dort schwer, sich gegen Vorurteile oder althergebrachte Traditionen durchzusetzen. Trotz großen Widerstandes haben sich 40 Frauen zum Projekt "Khabar Lahariya" zusammen getan. Sie bringen einmal pro Woche eine Zeitung heraus, die in mittlerweile 600 Dörfern verteilt wird. Die Frauen haben teils selbst erst vor kurzem Lesen und Schreiben gelernt. "Khabar Lahariya" vermittelt nicht nur Nachrichten, die das Leben und die Menschen in den Dörfern betreffen, sondern treibt auch die Alphabetisierung voran. Außerdem gebe es, so die Mitinitiatorin Poorvi Bhargava, den Frauen eine Stimme in der Öffentlichkeit. "Die Vergewaltigungsfälle in Indien haben internationale Aufmerksamkeit bekommen. Niemand hatte früher mitbekommen, was auf den Dörfern geschieht. Durch unsere Arbeit wird auch das öffentlich." Und dafür gab es in diesem Jahr den Global Media Forum Award.
Eine Warnung an alle Politiker
"YanukovychLeaks" ist eine Webseite, auf der Tausende sichergestellte Akten veröffentlicht werden, die der fliehende ukrainische Ex-Staatschef Viktor Janukowitsch verschwinden lassen wollte. Der Journalist Dmytro Gnap wurde darauf aufmerksam gemacht und startete eine beispiellose Aktion. Innerhalb weniger Tage hatte er mit Hilfe weiterer Journalisten, Reporter und Freiwilliger die opulente Villa Janukowitschs durchsucht und mehr als 20.000 Dokumente gerettet, die nachweisen, in welchem Sumpf aus Korruption und Verschwendung die Janukowitsch-Familie und deren Vertraute gelebt hatten. Das war den Reportern Ohne Grenzen (ROG) einen Sonderpreis wert. Christian Mihr von ROG betonte auf dem Global Media Forum, dass es äußerst wichtig sei, den unabhängigen Journalismus in der Ukraine zu unterstützen. "YanokovychLeaks ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür."
Dmytro Gnap sorgte für Gänsehaut, als er in seiner Dankesrede eine Warnung an alle Politiker aussprach: "Alles, jedes dreckige Detail wird früher oder später herauskommen. Das geht nicht nur an Politiker aus der Ukraine, sondern an alle Politiker und an korrupte Banker!"
Hauptpreisgewinner Elshamy widmet seinen Preis denjenigen, die für ihre Berichte und Blogs bestraft wurden und zum Teil immer noch inhaftiert sind. Er aber wolle weitermachen. Und wünscht sich für seine Zukunft: "Dass ich hoffentlich nicht ins Gefängnis komme."