Wenn ein Corona-Verharmloser sich ansteckt
7. Juli 2020Das Coronavirus sei nur eine "kleine Grippe", jeder müsse halt irgendwann sterben, man müsse Corona "wie ein Mann" gegenübertreten - mit diesen und zahlreichen weiteren verharmlosenden Aussagen hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro in den vergangenen Monaten von sich Reden gemacht, während sich in dem einwohnerreichsten Land Lateinamerikas die Corona-Krise immer weiter zuspitzte. Mittlerweile ist Brasilien mit über 1,6 Millionen Infizierten und mehr als 65.000 Corona-Toten nach den USA das am zweitstärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt.
Nun hat Bolsonaro selbst die Gelegenheit, sich dem Coronavirus "wie ein Mann" zu stellen - er teilte mit, unter möglichen Symptomen des Coronavirus zu leiden, darunter Fieber von 38 Grad. Deshalb habe er sich einem Test unterzogen, dessen positives Ergebnis er nun in Brasilia verkündete.
Laut Medien fiel erster Test positiv aus
Der Rundfunksender Band berichtet, dass dies bereits der zweite Test des Staatschefs innerhalb weniger Tage sei, nachdem schon der erste eine Infektion angezeigt habe.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Bolsonaro, der die Gefahr des Coronavirus stets kleinredete, selbst darauf testen lässt. Dies war unter anderem Anfang März notwendig geworden, als der Rechtspopulist von einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump in Florida zurückkehrte.
Während damals bei vielen Mitarbeitern Bolsonaros, die ihn begleitet hatten, eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde, blieben Tests des Präsidenten bis dahin negativ. Seit Mai weiß man das sogar mit Gewissheit. Denn Bolsonaro wurde vom Obersten Gericht dazu gezwungen, die Resultate offenzulegen - so groß ist das Misstrauen gegen ihn.
Händeschütteln und Umarmungen in Corona-Zeiten
Brasiliens Präsident hat während der Corona-Krise in der Tat einiges dazu beigetragen, Vertrauen zu zerstören. Die von den Bundesstaaten und Bezirken verhängten, inzwischen aber teilweise wieder gelockerten Corona-Restriktionen hat der 65-Jährige immer wieder harsch kritisiert. Erst vor wenigen Tagen legte er zudem sein Veto gegen ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz ein, welches landesweite Vorschriften für das Tragen von Atemschutzmasken in der Öffentlichkeit beinhaltet.
Bolsonaro selbst setzte sich wiederholt über eine in der Hauptstadt Brasília geltende Maskenpflicht sowie über Abstandsregelungen hinweg. Während in Manaus, São Paulo und Rio de Janeiro massenhaft Gräber für Corona-Opfer ausgehoben wurden, trug der Präsident bei Treffen mit Anhängern vor dem Präsidentenpalast regelmäßig keinen Atemschutz, umarmte seine Fans und schüttelte ihnen die Hände
Ein Unding, befanden nicht nur Kritiker, sondern auch ein Gericht, das Ende Juni unter Androhung von Strafgeldern für den Präsidenten im öffentlichen Raum das Tragen einer Atemmaske anordnete. Doch auch danach war Bolsonaro nicht immer mit Mundschutz zu sehen. Noch am Samstag veröffentlichte er Fotos in den sozialen Netzwerken, die ihn ohne Maske zusammen mit mehreren Ministern und dem US-Botschafter bei einem Essen aus Anlass des Nationalfeiertags der Vereinigten Staaten zeigen.
"Eine kleine Grippe bringt mich nicht um"
Zu den markigen Aussagen Bolsonaros über das Coronavirus gehört auch, dass er als ehemaliger Athlet - Bolsonaro war Fallschirmjäger bei der brasilianischen Armee - sich keine Sorgen bei einer etwaigen Infektion machen müsse. Damit rief er in den sozialen Netzwerken eine Reihe ironischer Kommentare hervor. Nutzer schrieben etwa, ihnen sei nicht bekannt, dass Sportlichkeit gegen Corona immun mache. Sie posteten zudem Videos, in denen der Präsident nicht gerade in Bestform zu sehen ist.
Bolsonaro sagte zudem im März: "Nach den Messerstichen, die ich überlebt habe, wird mich eine kleine Grippe wohl kaum umbringen." Damit spielt er auf das Attentat während des Wahlkampfes 2018 an, bei dem er lebensgefährlich verletzt wurde.
Brasiliens Staatschef dürfte sich also, auch nach seiner Infektion mit dem Coronavirus, wenig Sorgen machen. Zudem hat er das von ihm als "Wundermittel" gegen COVID-19 angepriesene Hydroxychloroquin zur Hand: Laut eigener Aussage nahm er das Medikament bereits vorsorglich ein. Dabei ist der Einsatz des Malaria-Mittels gegen das Coronavirus umstritten, die WHO hat Tests mit Chloroquin Mitte Juni gestoppt, da es keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf von Patienten gezeigt habe.