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Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Serbien: Wichtiger Schritt in Richtung NATO

14. Dezember 2006

Die drei Balkan-Staaten haben im NATO-Hauptquartier in Brüssel ihre Teilnahme an der so genannten 'Partnerschaft für den Frieden' besiegelt. Die Anwesenden würdigten den Vorgang als "historisches Ereignis".

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Wann die Flaggen der Aspiranten in Brüssel wehen noch unklarBild: dpa

NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und die drei Präsidenten aus Serbien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina waren sich einig: Die Unterzeichnung der Dokumente für die "Partnerschaft für Frieden" mit der NATO sind ein historisches Ereignis für den Balkan. Das transatlantische Militärbündnis hat beim Gipfeltreffen vor zwei Wochen in Riga beschlossen, die drei Staaten in das Partnerschaftsprogramm aufzunehmen, das eine Art Vorstufe für eine Vollmitgliedschaft ist. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erklärte, warum dieser Schritt jetzt erfolgt: "Ich glaube, dass es wichtig ist, dass alles gemacht wird, um zur langfristigen Stabilität auf dem Balkan zu kommen. Die Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, dass "Partnership for Peace" ein wichtiges Element dazu ist. Damit ist die Zusammenarbeit mit dem Tribunal in Den Haag kein bisschen unwichtiger geworden - wenn ich das so sagen darf."

Bedenken beiseite geschoben

Die Bedenken, Serbien und auch Bosnien-Herzegowina könnten nicht ausreichend mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag kooperieren, hatte die NATO auf amerikanischen Druck hin zurückgestellt. Die Chefanklägerin des Tribunals, Carla del Ponte, zeigte sich im Falle Serbiens entsetzt. Die Europäische Union verweigert Serbien die gewünschte Aufnahme von Assoziationsgesprächen, weil der gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic bislang von Serbien nicht festgenommen und ausgeliefert wurde. Der serbische Präsident Boris Tadic versprach: "Vor einigen Monaten schien es noch völlig unmöglich, dass Serbien in die NATO kommt. Aber manchmal kann man eben Ziele erreichen, die vor Monaten noch unerreichbar waren. Wir müssen es weiter versuchen. Was immer die EU entscheidet, es bleibt unsere Pflicht vollständig mit dem Internationalen Tribunal zusammenzuarbeiten. Das werde ich noch hundertmal wiederholen."

Beitrag zur friedlichen Stabilisierung

In Diplomatenkreisen hieß es, Mladic könne vielleicht nach den Wahlen in Serbien im Januar ausgeliefert werden. Das Zugehen der NATO auf Serbien solle dem Land auch eine flexiblere Haltung im Kosovokonflikt ermöglichen. Serbien sträubt sich gegen die mögliche Unabhängigkeit der von den Vereinten Nationen verwalteten serbischen Provinz. Der serbische Präsident Boris Tadic betonte: "Wir verteidigen unsere Interessen und unsere Grenzen, aber das machen wir auf europäische Art und Weise mit diplomatischen Mitteln in Verhandlungen. Wir werden keinen Krieg anzetteln. Wir werden zur friedlichen Stabilisierung beitragen."

Strategisches Interesse der NATO

Mit den Balkanstaaten wird die NATO jetzt individuelle Aktionspläne für Reformen im Militär, Hilfe bei Ausrüstung und Ausbildung und gemeinsame Manöver erstellen. Bislang waren 20 Staaten in die "Partnerschaft für Frieden" eingebunden, darunter auch Staaten wie Turkmenistan oder Russland. Die Kriterien für eine Aufnahme werden hauptsächlich vom strategischen Interesse der NATO und nicht so sehr von der Verwirklichung einer rechtstaatlichen Demokratie in den Ländern bestimmt. Ob und wann Serbien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina Mitglieder in der Allianz werden können, wollte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer noch nicht beantworten: "Der Weg zur NATO istvorgezeichnet, ich spreche nicht für die Europäische Union. Für die NATO hängt alles von der Leistung der Länder ab. Das heißt nicht, dass dies nicht ein langer und schwieriger Weg zur NATO-Mitgliedschaft wird. Es kommt auf Leistung an, aber man muss Wegmarken setzen. Das ist es, was wir heute tun."

Weitere Annäherung auch an Europa

Für das erst seit sieben Monaten staatlich unabhängige Montenegro bedeute die Aufnahme in das NATO-Programm Anerkennung der bisherigen Reformen in Militär und Gesellschaft sagte der montenegrinische Staatspräsident Filip Vujanovic: "Die Mitgliedschaft in der Partnerschaft für den Frieden ist ein weiterer Anreiz für unsere ökonomischen Reformen. Sie sollen einen höheren Lebensstandard für unsere Bürger bringen und bessere Bedingungen für Investoren schaffen."

Anders als Serbien verhandeln Montenegro und Bosnien-Herzegowina auch bereits mit der Europäischen Union über Partnerschaft und Assoziierung. Für beide Staaten ist die Heranführung an die NATO ein weiterer Schritt in die europäische und transatlantische Staatenfamilie, sagte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer: "Bosnien-Herzegowina ist jetzt schlussendlich auf dem Weg zur Euro-Atlantischen Integration. Es macht den Sprung von der Dayton-Ära in die Brüssel-Ära. Das ist ein herausragendes Ereignis."

Keine Konflikte mehr?

Vor genau elf Jahren waren die Dayton-Friedensverträge nach dem Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Religions- und Volksgruppen in Bosnien-Herzegowina in Paris unterschrieben worden. Der Präsident von Bosnien-Herzegowina, Nebojsa Radmanovic, sagte, sein Land sei auf dem Weg zur Normalisierung: "Es gibt keine ethnischen Konflikte in Bosnien-Herzegowina. Dass wir in die Partnerschaft für Frieden aufgenommen werden, ist eine Bestätigung, dass es diese Konflikte nicht gibt. Ich glaube, wenn wir ganz in der NATO sind, können wir diese Geschichte abschließen."

Das komplizierte Staatsgebilde mit den drei Volksgruppen, bosnische Muslime, Serben und Kroaten, funktioniert allerdings nur mit Hilfe von außen. Die Europäische Union hat zurzeit noch rund 6.000 Soldaten in Bosnien-Herzegowina stationiert, die unter anderem beim Aufbau einer einheitlichen Polizeitruppe helfen.

Erstmals unterhält die NATO jetzt eine militärische Operation in einem Land, das der Partnerschaft für den Frieden angehört, denn das Kosovo-Gebiet gehört völkerrechtlich zu Serbien. Dort sind rund 16.500 NATO-Soldaten in der Kosovo-Schutztruppe stationiert. 1999 hatte die NATO Kosovo nach einem Luftkrieg gegen Serbien besetzt, um die albanische Mehrheitsbevölkerung zu schützen.

Bernd Riegert, Brüssel
DW-RADIO, 14.12.2006, Fokus Ost-Südost