Verfahren gegen Ungarn, Polen und Tschechien
13. Juni 2017Mit einem so genannten Vertragsverletzungsverfahren will die Brüsseler Behörde gegen Ungarn, Polen und Tschechien vorgehen. Grund ist die Weigerung der drei EU-Staaten, sich an der Umverteilung von Asylbewerbern aus Italien und Griechenland zu beteiligen. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos warf Budapest, Warschau und Prag vor, sich europäischer Solidarität zu verweigern.
Die EU-Innenminister hatten im September 2015 gegen den Widerstand mehrerer osteuropäischer Länder beschlossen, 160.000 Asylbewerber, von denen die meisten in Italien und Griechenland ankamen, auf andere EU-Staaten zu verteilen. Dies sollte nach einem Quotensystem erfolgen und bis September 2017 über die Bühne gehen.
Kommission beschwört europäische Solidarität
Die EU könne ihre Mitgliedstaaten an den Außengrenzen nicht alleine lassen, bekräftigte Innenkommissar Avramopoulos. Die Umverteilung könne aber nur funktionieren, "wenn alle in der EU ihren fairen Anteil übernehmen". Ausnahmen könne es nicht geben. "Bei Europa geht es nicht nur darum, Gelder zu erhalten oder die Sicherheit zu garantieren", fügte der Grieche hinzu. Es gehe auch um Solidarität und politische Verantwortung.
Nach jüngsten Zahlen der Kommission wurden von den 160.000 Flüchtlingen nur 20.869 auf andere EU-Staaten verteilt. Polen und Ungarn haben dabei bisher keinen einzigen Flüchtling aufgenommen. Tschechien hat zwar zwölf Asylbewerber aus Griechenland einreisen lassen, hat seit einem Jahr aber keine weiteren Flüchtlinge aus dem Umverteilungsprogramm übernommen.
Budapest sieht Erpresser am Werk
Die ungarische Regierung kündigte Widerstand gegen den Kommissionsbeschluss an. Budapest betrachte die Eröffnung von Vertragsverletzungsverfahren "als Erpressung", sagte Außenminister Peter Szijjarto vor dem Parlament. Ungarn hat wie die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Verpflichtung zur Flüchtlingsaufnahme geklagt.
Neben Polen und Ungarn nahm auch Österreich bisher keinen Asylbewerber auf. Die Regierung in Wien hatte bis März dieses Jahres wegen der vielen Flüchtlinge, die auf anderen Wegen ins Land kamen, zunächst eine Ausnahmeregelung erwirkt. Wien hat nun aber zugesagt, Flüchtlinge aufzunehmen.
uh/sti (afp, dpa, rtr)