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Brasilianischer Boom lockt Einwanderer an

28. November 2011

Brasilien wird zum Sehnsuchtsland von Millionen Menschen: Innerhalb von nur einem halben Jahr ist die Zahl der legalen Einwanderer um die Hälfte gestiegen. Außerdem zieht der Wirtschaftsboom Illegale und Rückkehrer an.

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Die brasilianische Wirtschaftsmetropole Sao Paulo (Foto: dpa)
Die brasilianische Wirtschaftsmetropole Sao PauloBild: picture-alliance/ ZB

Brasilien ist wieder zu einem Einwanderungsland geworden. Das belegen aktuelle Zahlen: Im Dezember 2010 lebten 961.867 Ausländer rechtmäßig in Brasilien, im Juni 2011 waren es bereits 1,47 Millionen – das entspricht einem Anstieg von gut 50 % innerhalb von sechs Monaten. Für Justizstaatssekretär Paulo Abrão sind verschiedene Gründe entscheidend: "Das wirtschaftliche Wachstum Brasiliens, die Investitionen, die hier getätigt werden, das Ansehen, das wir im Ausland gewinnen sowie die Krise in anderen Ländern."

Die größte Gruppe der Einwanderer sind Portugiesen, gefolgt von Bolivianern, Chinesen und Paraguayern. "Die Anzahl von Chinesen im Land wächst in dem Maße, wie sich die Wirtschaftsbeziehungen mit dem asiatischen Land vertiefen. Je mehr Geschäfte die Partner abschließen, desto mehr Vertreter sendet die chinesische Industrie nach Brasilien", erklärt Abrão.

Gefragte Berufe

Diese neue Situation hat sich auch für Leandro Pereira da Silva von "Visto Brasil" bemerkbar gemacht. Das Unternehmen mit Sitz in São Paulo ist spezialisiert auf Rechtsberatung von nationalen und internationalen Firmen und sieht den Wirtschaftsboom als Impuls an. "Der Ausbau von Infrastruktur-Projekten in Brasilien hat mehr spezialisierte Arbeitskräfte ins Land gebracht", meint Pereira da Silva.

Einkaufszentrum in Salvador - der modernste und größte Konsumtempel der drittgrößten Stadt Brasiliens wurde anfang 2008 eroeffnet.
Der wachsende Wohlstand lockt immer mehr Einwanderer anBild: picture-alliance/RiKa

Dem Anwalt zufolge führt der Mangel an Fachkräften in technischen Bereichen sowie bei Ingenieuren und Architekten dazu, dass die brasilianische Industrie in anderen Ländern danach sucht. "Und natürlich bringt die Krise in Europa technische Fachkräfte hierher", sagt Pereira da Silva, der unter anderem Unternehmen wie Grupo Votorantim, den Autobauer Hyundai und die Bauunternehmen Camargo Correia und Queiroz Galvão berät.

Die meisten Portugiesen, die in jüngster Zeit nach Brasilien kamen, sind in der Baubranche tätig, viele als Ingenieure. "Viele portugiesische Immobilienunternehmen strömen jetzt wegen der Bewegung auf dem brasilianischen Markt hierher. Außerdem sind derzeit auch einige chinesische Techniker hier, die Brasilianern beibringen, bestimmte Maschinen zu bedienen, die von der nationalen Industrie gekauft wurden", berichtet Pereira da Silva.

Der Eintritt von Ausländern in den brasilianischen Arbeitsmarkt ähnelt laut Pereira da Silva in seinen Gesetzen denen anderer Länder: Freie Stellen sind erst einmal für brasilianische Bürger vorgesehen. "Die Vorstellung, dass in Brasilien alles geht, greift in diesem Bereich nicht. Um legal in Brasilien zu arbeiten, sind bestimmte Dokumente und Bescheinigungen erforderlich", so der Anwalt.

Illegale Einwanderung

"Parallel zur Anzahl der legalen Einwanderer steigt auch die der illegalen Immigranten", berichtet Grover Calderón, Präsident des "Nationalen Verbandes von Ausländern und Immigranten in Brasilien" (Associação Nacional de Estrangeiros e Imigrantes no Brasil, Aneib). Sie kommen aus den gleichen Gründen: bessere wirtschaftliche Bedingungen.

Sie reisen heimlich oder als Touristen nach Brasilien ein – und bleiben, nachdem das Aufenthaltsrecht abgelaufen ist. "Es sind meist Lateinamerikaner, aber auch viele Afrikaner, Chinesen und andere Nationalitäten", so Calderón. Dem Anwalt zufolge erhält der Verband Information über Neuankömmlinge über ein Netzwerk von Ausländern.

Die Baustelle eines entstehenden Fußballstadions (Foto: picture alliance)
Die Fußball-WM 2014 sorgt für einen Bau-BoomBild: picture alliance/Agencia Estado

Das letzte Amnestiegesetz, das 2009 von der brasilianischen Regierung verabschiedet wurde, legalisierte in der ersten Phase den Aufenthaltsstatus von 45.000 Menschen, die illegal in Brasilien lebten. Schätzungen von Calderón zufolge erlangen jedoch nur 15.000 bis 20.000 eine endgültige Aufenthaltsgenehmigung. In der zweiten Phase des Prozesses werden Dokumente nötig, die viele Immigranten nicht vorweisen können, wie der Nachweis über legale Beschäftigung in den zurückliegenden sechs Monaten.

Der Peruaner Calderón, der seit 15 Jahren als Universitätsprofessor in Brasilien arbeitet, beobachtet ein neues Phänomen in der brasilianischen Gesellschaft: "Das Land erlebt derzeit einen Wirtschaftsboom und braucht Arbeitskräfte für die Aufgaben, die die Brasilianer nicht mehr übernehmen wollen. Es mangelt langsam an qualifizierten Arbeitskräften in grundlegenden und klassischen Berufen wie Maurer, Elektriker, Klempner." Das sind Stellen, die größtenteils von illegalen Immigranten besetzt werden.

Rückkehr brasilianischer Auswanderer

Die vielversprechende wirtschaftliche Situation des Landes bewirkt auch die Rückkehr vieler Brasilianer, die ausgewandert waren. "2005 lebten vier Millionen Brasilianer im Ausland. Im vergangenen Jahr sank diese Zahl auf zwei Millionen. Es handelt sich dabei um Brasilianer, die hauptsächlich aus den USA, Japan und England zurückkommen", erläutert Paulo Abrão.

Autorin: Nádia Pontes
Redkation: Mirjam Gehrke