Brasiliens nächste Feuerkatastrophe
9. November 2019In Brasilien brennt schon wieder eine Bioregion. Nach den großen Bränden im Amazonaswald, im August und September, ist jetzt das Pantanal dran. Alleine in der Region um die Städte Corumbá und Miranda, im Teilstaat Mato Grosso do Sul, hat das Feuer in den letzten Tagen eine Fläche von 122.000 Hektar vernichtet, veröffentlichte das staatliche Klimainstitut Inpe. Aber anders als bei den Bränden Amazoniens, finden die Brände im Pantanal kaum Beachtung in den Medien.
"Jetzt gerade regnet es, was die Zahl der Brände verringert. Aber es gibt noch Gebiete, wo es nicht regnet und stattdessen weiterbrennt", berichtete Felipe Dias, Direktor der Umwelt-NGO Instituto SOS Pantanal aus Campo Grande der DW.
Notstand in der Region
In diesem Jahr erreichen die Zahlen der Brände im Pantanal bisher nicht gekannte Höchstmarken. Bereits über 8000 Brandherde wurden registriert. Die Landesregierung von Mato Grosso do Sul gab die bisher in 2019 in der Bioregion zerstörte Fläche mit 1,3 Millionen Hektar an und verhängte den Notstand über die Region.
Felipe Dias geht gar von noch höheren Zahlen aus. Er schätzt die seit August verbrannte Fläche auf 1,5 Millionen Hektar. "Hier Brände zu haben ist normal. Aber nicht normal ist das Ausmaß, die Menge an verbrannten Gebieten." Einer der Gründe sei die ungewöhnliche Trockenheit des laufenden Jahres. In manchen Fällen hätten zudem Blitze Feuer ausgelöst.
Der Umweltaktivist gibt auch den beiden Nachbarländern, die einen Teil des Pantanals beherbergen, eine Teilschuld an der Situation. So seien Feuer aus Bolivien und Paraguay nach Brasilien herüber gekommen. "Dieses Jahr hat es alle erwischt, das ganze Pantanal hat Feuer gefangen."
"Zu größten Teil sind das von Menschenhand verursachte Brände", sagt Carlos Rittl vom Klima-ThinkTank Observatório do Clima im Gespräch mit der DW. Da steckten Landwirte dahinter oder andere Leute. "Seit Monaten brennt es nun, aber es wird nicht so wahrgenommen wie in Amazonien. Aber die Situation hier ist sehr, sehr kritisch."
Rittl glaubt, dass das wenige Interesse am Pantanal auch an den viel größeren Dimensionen des angrenzenden Amazonasgebietes liegt. Dort gebe es ein größere Biodiversität, mehr Abholzung und mehr Brände, weshalb es nun einmal normal sei, dass Amazonien stets in die Schlagzeilen komme.
Regierung gefragt
Aber nicht nur die Medien ignorierten das Pantanal, sondern auch die Zentralregierung in Brasília, so Dias. "Die Regierung macht sich nicht besonders große Sorgen, auch weil ja nur wenige Menschen das Pantanal tatsächlich kennen. Und deshalb geben sie dieser Region weniger Beachtung. Wir haben hier beobachtet, wie spät die Regierung auf die Brände reagierte. Hier bedarf es einer vorsorglichen Kontrollpolitik, an der auch die Regierung mitwirkt."
Auch für Carlos Rittl hat die Regierung eine Mitschuld an den ausufernden Bränden. "Das ist ja auch eine Folge des Toleranz-Diskurses der Regierung gegenüber den Verbrechen; dem Versprechen, dass die Gesetze geändert werden, dass illegale Brände nicht bestraft werden. Und ständig trifft sich Präsident Jair Bolsonaro und Umweltminister Ricardo Salles mit Leuten, die Verbrechen begehen, in den Goldsucherlagern in Amazonien. Und stets weckt man die Hoffnung, dass das, was illegal ist, legalisiert wird. Das macht glauben, dass diese Regierung einfach alles erlauben wird."
Keine Soldaten für das Pantanal
Während das Pantanal schwere Zeiten durchlebt, hat sich die Lage der Brände in Amazonien entspannt. Zwischen Ende August und Ende Oktober hatten zehntausend Soldaten die Brände dort bekämpft. Nun ist die Zahl der Brände auf niedrigem Niveau.
"In Amazonien hat sich was geändert, als die Brände zu einem internationalen Skandal wurden und es plötzlich schlechte Schlagzeilen für das brasilianische Agro-Business hagelte", erinnert Rittl. "In dem Moment schickte die Regierung Soldaten zur Brandbekämpfung. Ähnliches ist im Pantanal nicht geschehen." Bisher hat das geringe Interesse von außen dazu geführt, dass man sich sicher fühlt, Verbrechen zu begehen, wie Brände zu legen."
Felipe Dias glaubt, dass das Pantanal mehr Einsatz zu seiner Bewahrung verdient hat. "Das Pantanal ist einzigartig und komplett anders als alle anderen Regionen, mit weniger Biodiversität als Amazonien. Aber dafür kann man die Tiere hier tatsächlich auch sehen, anders als in Amazonien. Das Potenzial für Tourismus ist deswegen hier besonders groß."
Das Pantanal sei ein Paradies, in dem 83 Prozent der ursprünglichen Vegetation noch bewahrt sind, so Dias. Aber: "Es wird Veränderungen bei der genehmigten Flächennutzung für den Anbau von Zuckerrohr in Brasilien geben, und das Pantanal wird davon betroffen sein. Zudem wird die Viehwirtschaft ein ebenso wichtiger Vektor der Wirtschaftsentwicklung in der Region werden", warnt Carlos Rittl.
Keine wirklich guten Aussichten.