Präsident Temer wegen Korruption angeklagt
27. Juni 2017Es wird allmählich eng für Präsident Michel Temer. Als erstes amtierendes Staatsoberhaupt der brasilianischen Geschichte sieht er sich mit einer Anklage wegen Korruption konfrontiert. Nach längeren Ermittlungen schickte Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot jetzt eine Klageschrift zum höchsten Gericht des südamerikanischen Landes. Weitere Bestechungsklagen dürften folgen. Der bei seinen Landsleuten sehr unbeliebte Konservative steht seit Wochen am Pranger. Er soll jahrelang Schmiergelder für seine Partei PMDB von dem Unternehmer Joesley Batista kassiert haben.
Der Besitzer des größten Fleischproduzenten der Welt, der Firma JBS, hatte Temer jüngst angezeigt und unter anderem einen heimlich aufgenommen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen den beiden als Beweisstück vorgelegt. Konkret wird Temer wird vorgeworfen, 500.000 Real (rund 130.000 Euro) Schweigegeld angenommen zu haben. Zudem wird ihm Behinderung der Justiz angelastet. In der vergangenen Woche hatte die brasilianische Polizei mitgeteilt, sie habe Beweise dafür gefunden, dass der Präsident Bestechungsgelder angenommen hat.
Parlament ist gefragt
Ob Temer tatsächlich vor dem Obersten Gerichtshof der Prozess gemacht wird, müssen nun die Abgeordneten des Parlaments entscheiden. Die Abgeordnetenkammer muss einer Anklageerhebung mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. In diesem Fall würde Temer für 180 Tage von seinem Amt suspendiert.
Der 76-Jährige hat wiederholt seine Unschuld beteuert und weigert sich zurückzutreten. Temer hatte 2016 die Macht nach der Amtsenthebung der linksgerichteten Präsidentin Dilma Rousseff übernommen. Wegen des erbitterten Machtkampfs mit Rousseff war Temer schon damals sehr unbeliebt. Nur 14 Prozent der Brasilianer sprachen sich im vergangenen Juli für seine Regierung aus. Inzwischen glauben nur noch sieben Prozent seiner Landsleute, dass er einen guten Job macht.
Dennoch kann der Präsident Beobachtern zufolge im Parlament auf Unterstützung hoffen. Am Montag äußerte er sich zuversichtlich. "Es gibt keinen Plan B", sagte er bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Brasília. "Nichts wird uns zerstören - nicht mich und nicht unsere Minister", sagte Temer.
kle/qu (dpa, afp, rtr)