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Brasilianischer Sportminister stolpert über Korruption

Mirjam Gehrke28. Oktober 2011

Orlando Silva ist bereits das fünfte Kabinettsmitglied, das wegen Korruption den Hut nehmen muss. Kann sich Brasilien unter diesen Umständen auf die Ausrichtung der Fußball-WM und der Olympischen Spiele konzentrieren?

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Zurückgetreten wegen Korruptionsvorwürfen: Sportminister Orlando Silva (Foto: AP)
Zurückgetreten wegen Korruptionsvorwürfen: Sportminister Orlando SilvaBild: AP

Brasilien steht in Sachen Sport unter dauerhafter internationaler Beobachtung. Seit der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016 an das südamerikanische Land muss es ständig beweisen, dass es in der Lage ist, die notwendigen Voraussetzungen für Organisation, Infrastruktur und Sicherheit zu schaffen. Elf Milliarden US-Dollar sind nötig zur Modernisierung von Straßen, Telekommunikation, Sicherheitseinrichtungen und Hotels. Der Fußball-Weltverband FIFA hat Brasilien bereits mehrfach wegen der erwarteten Verzögerungen bei verschiedenen Projekten verwarnt. Präsidentin Dilma Rousseff hatte zwar angekündigt, neun der zwölf WM-Stadien würden bis Ende 2012 fertiggestellt, Skeptiker befürchten inzwischen aber, dass dieses Ziel nicht zu erreichen sei.

Mit dem Rücktritt von Sportminister Orlando Silva kommen neue Unsicherheiten hinzu. Sein Nachfolger ist der 55-jährige Abgeordnete und Journalist Aldo Rebelo, der wie sein Vorgänger zur Kommunistischen Partei Brasiliens (PCdoB) gehört. Er will nun vor allem zu hohe Forderungen der FIFA im Hinblick auf die WM 2014 abwehren.

Baustelle des Fonte Nova Stadiums in Salvador
Hier gibt es noch viel zu tun: Baustelle des Fonte Nova Stadiums in SalvadorBild: picture alliance/Agencia Estado

Das Sportministerium, das für die Organisation der beiden Großereignisse verantwortlich ist, und insbesondere der zurückgetretene Minister Orlando Silva, wurden beschuldigt, für soziale Programme Gelder veruntreut zu haben.

Sponsoren verschreckt?

Aufgrund dieser personellen Veränderung wachsen die Zweifel an der brasilianischen Regierung. "Die Anschuldigungen müssen sehr ernst genommen werden", so Sportprofessor Paulo Henrique Azevedo von der Universität Brasília gegenüber der Deutschen Welle. Die Korruptionsvorwürfe und der Wechsel an der Spitze des Sportministeriums hätten das Image Brasiliens im Ausland beschädigt. "Aber ich denke, dass die Vorbereitungen selbst durch diese Personalie nicht direkt beeinträchtigt werden", schätzt Azevedo.

Die Organisation von Großereignissen sei Aufgabe des Staates und nicht der Regierung. "Brasilien muss die Organisation von WM und Olympischen Spielen hinkriegen, unabhängig davon, was in der Regierung passiert. Mit der Vergabe dieser beiden Großereignisse an Brasilien sind auch Anforderungen verbunden, die erfüllt werden müssen. Wir sind jetzt in der Pflicht", so Azevedo.

Wilson Almeida von der Katholischen Universität zu Brasília, teilt diese Ansicht nicht. "Brasilien gilt ohnehin als ein korruptes Land. Dieser Vorfall wird sich unweigerlich auf die Organisation und auf unser Image auswirken"“, so Wilson, der vor allem finanzielle Verluste fürchtet: "Potentielle Investoren und Sponsoren könnten sich von dem Korruptionsskandal abschrecken lassen."

Computeranimation der olympischen Sportstädten von Rio (Foto: AP)
Zukunftsvision: Computeranimation der olympischen Sportstädten von RioBild: AP

Die Vorwürfe

Die Anschuldigungen gegen den ehemaligen Minister Orlando Silva und andere Mitglieder des Sportministeriums wurden durch das brasilianische Magazin Veja bekannt. Der Sportminister solle bis zu 23 Millionen US-Dollar veruntreut und in Kassen seiner kommunistischen Partei umgeleitet haben. Das Geld soll aus verschiedenen Projekten für Fußball-WM und Olympia stammen. Unter anderem sollen rund 20 Prozent des Budgets für ein soziales Kinder-Sportprogramm zweckentfremdet worden sein sollen. Zudem sollen Unregelmäßigkeiten bei der Verteilung von Geldern an NGOs für die Förderung sportlicher Aktivitäten Jugendlicher aufgetreten sein.

Seit Bekanntwerden der ersten Anschuldigungen fährt Silva die Strategie, sich der Polizei, der Justiz und den Medien zur Verfügung zu stellen, um Erklärungen abzugeben. Vor dem Parlament stellte er nachdrücklich klar, dass die Anschuldigungen falsch seien und er bereit sei, die Ermittlungen zu unterstützen.

Bei seinem Rücktritt wiederholte Silva, dass es "keine Beweise gibt, gab oder geben werde", die ihn belasten würden. "Es ist nichts vorgefallen, was meine Ehre oder meinen moralischen Anstand anfechten könnte"“, so der Ex-Minister. Er sei "öffentlich gelyncht" worden, habe aber der Präsidentin mitgeteilt, dass in wenigen Tagen die Wahrheit ans Licht kommen werde. "Der brasilianischen Gesellschaft wird klar werden, dass es nichts gibt, was mich kriminalisieren kann."

Brasiliens Oberster Gerichtshof hat Ermittlungen eingeleitet, um den Anschuldigungen nachzugehen. Innerhalb von zehn Tagen muss der Oberste Rechnungshof Unterlagen über die Finanztransaktionen im Sportministerium zur Verfügung stellen.

Autorin: Ericka Galindo
Redaktion: Mirjam Gehrke