Brexit-Minister schwitzt Blut und Wasser
29. August 2018Der Brexit-Minister schwitzte ganz furchtbar. Dominic Raab lief es bei seiner Pressekonferenz nur so herunter. War es der Druck wegen der desaströsen Folgen eines harten Brexit, der ihn so unter Druck setzte? War es die Angst, sich mit den offiziellen Empfehlungen der Regierung für immer zum Trottel zu machen? "Unsere Institutionen werden auf den Brexit vorbereitet sein", versprach Raab wider besseren Wissens.
Jedenfalls waren die ersten 24 Dokumente zu einem No-Deal-Brexit ein ziemlicher Hammer. Exporteure werden einem Berg neuer bürokratischer Formalitäten gegenüber stehen und der knappe Rat der Regierung dazu ist: Stellt einen Zollexperten ein. Oder kauft euch eine Software, die erklärt, wie viel ihr der EU künftig zahlen müsst. Nach Jahrzehnten des freien Handels, ohne Grenzen und ohne Aufwand, ist das schon ein Schock.
Britische Verbraucher werden höhere Gebühren für Kreditkartenzahlungen leisten müssen. Und wer in der EU lebt oder Rente bezieht, könnte für einige Zeit den Zugang zu seinen Konten und Investitionen verlieren. Die Pharmaindustrie soll Medikamente für sechs Wochen horten, empfiehlt London, falls der Nachschub stockt. Und britische Ökobauern müssen eventuell Monate warten, bis die EU eine neue britische Kontrollbehörde genehmigt hat. Unternehmen, die mit spaltbarem Material arbeiten sollten lieber gleich zur Europäischen Atomgemeinschaft Euratom Kontakt aufnehmen. Nur Studenten dürfen wohl noch bis 2020 weiter am EU-Austauschprogramm Erasmus teilnehmen.
Nach alledem versuchte Raab es dann mit einem kleinen Stimmungsaufheller und versprach, dass es das berühmte britische BLT-Sandwich auch noch nach dem Brexit geben würde. Das heißt, solange der selbstgezogene Salat, die Tomaten aus britischer Produktion sowie der Speck ausreichen. Danach gibt's nur noch fette Pastete und Kohl.
Premierministerin Theresa May hielt sich bei dem Thema fein zurück und ließ ihren Brexit-Minister die schlechten Nachrichten ausbaden. Erst als sie jetzt zu einer Afrikareise aufbrach, im Rahmen derer sie die "globalen Partnerschaften Großbritanniens stärken will", versuchte sie ihre Bürger zu trösten. Ein Brexit ohne Abkommen wird "sicherlich kein Spaziergang im Park, aber auch nicht das Ende der Welt". Für sie vermutlich nicht, aber japanische Firmen in Großbritannien werden zunehmend nervös.
Ode an Europa
Er ist noch nie vor einer guten Sache zurückgeschreckt. Bono von U2 umarmt jetzt Europa, nachdem er vor Jahren seine Karriere als Gutmensch mit Afrikahilfe begonnen hatte. Er will bei seinem Konzert in Berlin eine blaue EU-Fahne schwenken und nennt das einen radikalen Akt. Vielleicht sollte er das auch in Chemnitz versuchen und dabei sein Lob für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland wiederholen. Wenn er genug Bodyguards mitnimmt, dann könnte das gehen.
Bono jedenfalls veröffentlichte in der FAZ eine wahre Ode an die EU. "Europa ist dieser Tage schwer zu verkaufen", schreibt er. "Das stimmt, obwohl es nie einen besseren Platz gab geboren zu werden als die letzten 50 Jahre in Europa". Wer hätte gedacht, dass man noch einmal von ganzen Herzen Bono zustimmen würde?
Macron sagt Nein
Theresa May hatte während ihrer Ferien den französischen Präsidenten in seinem Sommercamp besucht, um seine Haltung zum Brexit aufzuweichen. Könnte er nicht ein bisschen weniger prinzipiell und streng sein? Sie fuhr wie erwartet mit leeren Händen ab. Und jetzt hat Emmanuel Macron in seiner ersten Rede nach den Ferien ihr auch öffentlich eine Abfuhr erteilt.
"Frankreich will eine besondere, starke Beziehung mit London, aber nicht um den Preis, die EU zu schädigen. Der Brexit ist eine souveräne Entscheidung, die wir respektieren müssen, aber das kann nicht auf Kosten der europäischen Einheit gehen." Damit ist Mays halbgarer, sogenannte Chequers-Kompromiss tot. Ein Binnenmarkt nur für Güter ohne Bewegungsfreiheit für Bürger, ein Zollabkommen ohne Kontrollen? Vergessen sie es, Frau Premierministerin.
Zurück in die Vergangenheit
Ober-Brexiteer Jacob Rees-Mogg ist der aufsässige Tory-Abgeordnete, der ein lateinisches Zitat liebt und einen aristokratischen Lebensstil pflegt. Dabei ist er nur Erbe von Finanzmaklern. Er will sein Land um jeden Preis in die Vergangenheit zurückführen und sogar die verflixte Nordirland-Frage mit einer starken Dosis Nostalgie lösen.
Warum sollte man nicht einfach Kontrollen an der Grenze zwischen der Republik und Nordirland einrichten, wie man es während der "troubles" doch auch getan hatte, fragt der konservative Politiker. Die britische Polizei habe damals ein scharfes Auge auf die Grenzen gehalten und sei damit ganz erfolgreich gewesen. Die dreißigjährigen blutigen Kämpfe zwischen nordirischen Unionisten und Republikanern auf der anderen Seite kosteten allerdings 3600 Menschen das Leben und trieben das Land in den Abgrund. Niemand, absolut niemand will dahin zurück. Rees-Mogg muss dringend zurück in den Geschichtsunterricht.
Danke nein, Herr Banks
Multimillionär und Geschäftsmann Arron Banks hat die Kampagne für Leave.EU überwiegend selbst finanziert. Er ist darüber hinaus ein Freund von Ex-Ukip Chef Nigel Farage, der einmal mehr ein politisches Comeback sucht. Banks, dem dunkle Geschäfte mit dem Kreml beim Kampf für den Brexit vorgeworfen werden, hat zu Recht erkannt, dass dessen Zukunft jetzt innerhalb der konservativen Partei entschieden wird.
Da würde er gern dabei sein und seine Stimme bei der Wahl der künftigen Parteiführung in die Waagschale werfen. Das war für die Tories allerdings ein Schritt zu weit. Von einem Ukip-Anhänger nehmen sie nichts beim Streit über ihre eigene Zukunft. Danke, Herr Banks, aber nein danke, hieß die kühle Antwort aus der Parteizentrale.
Nach dem Brexit das Aus für die Dänen
An folgende spezifische Brexit-Folge hatte sicherlich nie jemand zuvor gedacht: Die sogenannten technischen Dokumente der Regierung zeigen, dass nach einem harten Brexit die Einfuhr von Sperma aus der Europäischen Union zum Erliegen kommen könnte. Britische Paare, die durch künstliche Befruchtung ein Kind zeugen wollen, haben eine Schwäche für dänische Spender. Aber damit kann Schluss sein, wenn das Königreich nicht länger Mitglied des EU-Abkommens über den Austausch von Organen und Gewebe sein wird.
Warum sind ausgerechnet Dänen so beliebt? Vielleicht haben britische Frauen eine Schwäche für große blonde, gesund aussehende Typen? Oder ist es die gemeinsame Vergangenheit mit den Wikingern? Man weiß nicht genau, welche Qualitäten britische Frauen mit Kinderwunsch bei den Dänen vermuten. Klar scheint nur, dass nach dem Brexit dann britische Männer dran sind. Das ist auf jeden Fall weniger aufregend….
Brexit-Gedicht der Woche
Anonymer Tweet:
"Rosen sind rot, Veilchen sind blau.
Brexit ist dämlich und ihr seid's genau."