Briten ändern Kurs zu Militärmission
30. Juli 2019Die neu formierte britische Regierung setzt nicht mehr auf eine rein europäische Militärmission zum Schutz von Handelsschiffen in der Straße von Hormus. Ein "europäisch geführter Ansatz unterstützt von den USA sei der beste Weg", erklärte das Außenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch iranische Revolutionsgarden in der Meerenge am Persischen Golf hatte vor gut einer Woche der damalige britische Außenminister Jeremy Hunt eine europäische Militärmission vorgeschlagen. Nur drei Tage später machte die Konservative Partei Boris Johnson zum neuen Parteichef und damit auch zu Großbritanniens Premierminister.
Die Folge: Außenminister Hunt wurde inzwischen vom einstigen Brexit-Minister Dominic Raab abgelöst. Dieser machte bereits am Samstag in einem seiner ersten Interviews nach Amtsantritt mit der Tageszeitung "The Times" klar, ein Militäreinsatz im Persischen Golf scheine ihm "nicht ohne US-amerikanische Unterstützung machbar zu sein".
Deutschland bisher vage
Für die europäischen Partner Deutschland und Frankreich ist der Kurswechsel der Briten problematisch, da sie sich von US-Präsident Donald Trumps Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran abgrenzen wollen. In der Iran-Frage ziehen Deutschland und Frankreich nämlich mit Großbritannien an einem Strang. Sie versuchen gemeinsam, das Atomabkommen mit Teheran trotz des Ausstiegs der USA zu retten.
Deswegen ging die Bundesregierung auch nicht gleich in Abwehrhaltung, als Ex-Außenminister Hunt eine rein europäische Militärmission vorschlug. Jede Anfrage müsse "aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte" beantwortet werden, betonte die neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. "Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist."
Formelle Anfrage der USA
Nun gerät die Bundesregierung noch weiter in Bedrängnis. Denn inzwischen baten die USA Deutschland nach eigenen Angaben förmlich darum, sich zusammen mit Frankreich und Großbritannien an der Sicherung des Handelsverkehrs in der Meerenge zu beteiligen, wie eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. "Mitglieder der Bundesregierung haben klar gesagt, dass die Freiheit der Seefahrt geschützt werden sollte. Unsere Frage ist, von wem?", so die Sprecherin. Bisher hatte die Bundesregierung erklärt, noch keine Anfrage von Verbündeten zur Beteiligung an einer Militärmission erhalten zu haben.
Fokus: Überwachung
Wie ein Militäreinsatz aussehen könnte, ist bisher allerdings noch unklar. Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Union, Jürgen Hardt (CDU), sagte der Deutschen Welle, ursprünglich sollte im Mittelpunkt eines EU-Einsatzes die Aufklärung in der Region stehen. Dadurch könnten "Ross und Reiter" benannt werden, wer Seerecht verletze und wer Angriffe auf Schiffe starte, sagte Hardt. So sei es noch mit der britischen Regierung von Theresa May und Frankreich besprochen worden.
Prinzipiell reichen Optionen von einem Beobachtungseinsatz bis hin zur Eskorte von Öltankern durch Kriegsschiffe. Der Iran hatte den Vorschlag aus Großbritannien als "Provokation" bezeichnet.
Großbritannien hatte am 4. Juli in Gibraltar den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Straße von Hormus den britischen Öltanker "Stena Impero". Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten sprachen von "Piraterie".
Der neue britische Außenminister Raab hatte einen Austausch der Tanker abgelehnt. Nach Angaben von Teherans Botschafter in London lehnt auch der Iran inzwischen solche Pläne ab. Präsident Hassan Ruhani hatte jedoch zweimal angedeutet - auch in einem Schreiben an Premierminister Johnson -, dass der Streit über einen Austausch der beiden Schiffe gelöst werden könne.
ust/AR (dpa, dw)