Optionaler Filter
27. Juli 2013Die Warnung von David Cameron ist deutlich: Der Zugang zu Internet-Pornographie zerstöre die Kindheit, so der britische Premierminister in einer Rede vor der Kinderschutz-Organisation "National Society for the Prevention of Cruelty to Children" (NSPCC). Ud weiter: Internet-Anbieter täten "nicht genug", um ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Cameron plant nun bis Ende 2013 den standardmäßigen Einbau von Porno-Filtern für Internet-Neukunden - es sei denn, der Kunde möchte den Filter ausgeschaltet lassen. Millionen von Internetnutzern mit bereits bestehenden Verträgen sollen von ihren Providern angeschrieben werden, auch sie sollen angeben, ob sie den Filter für pornographische Inhalte haben möchten oder nicht. Als Politiker und als Vater sei er der Meinung, es sei höchste Zeit für derartige Maßnahmen, so der Premier. "Es geht schlicht und einfach darum, wie wir unsere Kinder und ihre Unschuld schützen."
Kampfansage an Internet-Pornographie
Cameron gab ein ganzes Paket von Maßnahmen im Kampf gegen Internet-Pornographie bekannt. Er will den Besitz von Pornographie mit Vergewaltigungsszenen verbieten. Kinderschutz-Behörden sollen mehr Befugnisse bekommen, um geheime Datentausch-Netzwerke von Pädophilen zu kontrollieren.
John Carr berät die Cameron-Regierung beim Thema Kinder-Sicherheit im Netz. Der Brite hat bereits mehrere Studien zur Internetnutzung von Jugendlichen veröffentlicht und drängt schon lange auf einen restriktiven Zugang zu Kinderpornographie. Auch müsse man Kinder stärker vor pornographischen Inhalten im Internet schützen, meint der Experte im Gespräch mit der DW. "Cameron ist auf einer persönlichen Ebene sehr daran interessiert und das ist großartig, denn das wird Eltern im ganzen Land berühren."
Funktionieren Filter?
Die Vorschläge werden allerdings nicht einhellig begrüßt. Gegner befürchten, die Filter könnten auch Webseiten über Sexualität betreffen. Jim Killock ist Geschäftsführer der "Open Rights Group" (ORG), einer der führenden britischen Organisationen für freie Meinungsäußerung im Internet. Das sei ein gefährlicher Ansatz, einfach viele Inhalte zu blocken und zu glauben, das löse das Problem, meint er. "Das tut es nicht - es kreiert neue." Oft würden die Filter irrtümlicherweise Seiten blocken, die Hilfe und Beratung für Missbrauchsopfer oder Aufklärung für Teenager anbieten, so der ORG-Geschäftsführer.
Camerons Pläne haben die Gruppe beunruhigt: "Wenn der Premierminister sagt, Eltern könnten ihre Familien mit nur einem Klick schützen, ist das Blödsinn. Mit einem Klick hat man einen Netz-Vorhang installiert, mehr nicht. Man hat nur einen zusätzlichen Vorhang vors Fenster gehängt," erklärt Killoch. Statt Seiten zu blockieren, sollten Eltern mit ihren Kindern sprechen - und wenn sie Filter benützten, müssten sie verstehen, wie diese funktionieren. Filter könne man umgehen, und viele Kinder hätte eher eine Vorstellung davon wie das ginge, als ihre Eltern.
John Carr dagegen verteidigt die Pläne: "Nichts ist zu 100 Prozent sicher im Leben, und das gilt erst recht für das Internet." Aber: "Man kann Leuten den Zugang zu Bildern von Kindermisshandlung schwerer machen. Man kann Kindern den Zugang zu nicht altersgemäßer, legaler Pornographie erschweren."
Führende Suchmaschinen kooperieren im Kampf gegen illegale Inhalte bereits mit Regierungen und NGOs. "Wenn es um sexuellen Missbrauch von Kindern geht, fährt Google eine Null-Toleranz-Strategie," erklärt Scott Rubin, Google-Direktor für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der DW. "Wir sind Mitglieder der 'Internet Watch Foundation', einer unabhängigen Stiftung, die das Web nach Seiten mit Bildern von Kindesmissbrauch durchforstet und uns die Links schickt, die wir wiederum aus unserem Such-Index entfernen", sagt er. Google entferne entsprechende Inhalte nicht nur, sondern informiere auch die Strafverfolgungsbehörden, so Rubin.
Globales Problem
Die Herkunft der Bilder ist ein weltweites Problem, das nicht von einer einzelnen Regierung gelöst werden kann. Viele dieser Straftaten würden weder in Großbritannien noch in Europa begangen, sondern irgendwo auf der Welt, bemerkt Jon Brown von der NSPCC - aber die Bilder ließen sich leicht verbreiten. Abschreckung und Vorbeugung seien ausschlaggebend, sowie die Identifikation und das Aufspüren der Opfer. "Für jedes Bild, das auftaucht, wurde ein Kind misshandelt." Es sei wichtig, diese Kinder aufzuspüren, damit man ihnen die nötige Hilfe und Beratung zukommen lassen könne.
"Das Internet ist ein globales Medium", meint John Carr. "Wenn wir wollen, dass das funktioniert, müssen sich uns so viele Länder wie möglich anschließen." Mit genau diesem Ziel wird David Cameron das Thema auch bei den bevorstehenden G8- und G20-Treffen ansprechen. Die Partner werden wohl erst einmal abwarten und beobachten, wie effektiv die britischen Maßnahmen wirklich sind.