Bruno Ganz: Hitler, Freud und "Alp-Öhi"
Er gehörte zu den ganz großen seines Fachs, brillierte auf den europäischen Theaterbühnen wie in Film und Fernsehen. Schauspieler Bruno Ganz ist im Alter von 77 Jahren verstorben. Ein Rückblick auf seine größten Rollen.
Bruno Ganz an der Berliner Schaubühne (ab den 1970er Jahren)
Schon als Schüler hatte Bruno Ganz die Bühne für sich entdeckt. Nach ersten Engagements traf er mit Peter Stein einen Regisseur, mit dem er lange zusammenarbeitete. Die von Ganz mitbegründete Berliner Schaubühne wurde in den 1970er Jahren zum Dreh- und Angelpunkt des europäischen Theaterlebens. Dort spielte Ganz u.a. die Titelrolle in Ibsens "Peer Gynt" und in "Kleists Traum vom Prinzen Homburg".
Bruno Ganz und der deutsche Film
In den 1970er Jahren begann Ganz' Filmkarriere: Unter der Regie von Wim Wenders, mit dem ihn seitdem eine enge Freundschaft verband, spielte er 1977 die Hauptrolle in "Der amerikanische Freund". Kooperationen mit weiteren großen Regisseuren folgten.
Jonathan Harker in "Nosferatu" (1979)
In Werner Herzogs "Nosferatu" war Bruno Ganz das Dracula-Opfer Jonathan Harker. Klaus Kinski gab den Grafen Dracula in dem düster inszenierten Film.
Engel Damiel in "Himmel über Berlin" (1987)
Wim Wenders' "Himmel über Berlin" wurde zum Filmklassiker: Kritiker und Publikum waren gleichermaßen begeistert von dem Mann mit den freundlichen Augen bei oft grüblerischer Mimik. Sein Engel Damiel, der aus Zuneigung zu den Menschen auf seine Unsterblichkeit verzichtet, ist unvergesslich.
Kriegsreporter in "Die Fälschung" (1981)
Eindrucksvoll auch Ganz' Darstellung eines von Selbstzweifeln geplagten Kriegsberichterstatters in Volker Schlöndorffs "Die Fälschung" (1981): Ein deutscher Reporter, der für die Regenbogenpresse arbeitet, gerät in die Wirren des libanesischen Bürgerkriegs. Erst seine Kriegserlebnisse im umkämpften Beirut machen ihm bewusst, dass er sein Leben auf Lügen aufgebaut hat.
"Faust" in der Inszenierung von Peter Stein (2000)
In den 1990er Jahren wechselten sich Film- und Theaterrollen ab - und die Preise mehrten sich: 1973 wurde er zum Schauspieler des Jahres gekürt, 1996 erhielt Ganz den Iffland-Ring, eine Auszeichnung, die den "jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters" auf Lebenszeit ehrt. 2004 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Fernando Girasole in "Pane e tulipani" (2000)
Der italienische Film von Regisseur Silvio Soldini wurde 2000 zu einem Publikumsliebling. Die authentischen und liebenswürdigen Charaktere machten aus dem Film mit unspektakulärer Handlung eine herzerwärmende romantische Komödie.
Adolf Hitler in "Der Untergang" (2004)
Ihn habe es "umgehauen, wie sehr ich Hitler ähnlich sah", sagte der Schauspieler am Rande der Dreharbeiten zu "Der Untergang". "Wenn ich ein Deutscher wäre, könnte es gut sein, dass ich das nicht spielen würde." Bruno Ganz gab den Nazi-Diktator verstörend, unheimlich und gleichzeitig lebensecht und nachvollziehbar. Danach konnte er sich vor Rollenangeboten kaum noch retten.
Vater Tiziano Terzani in "Das Ende ist mein Anfang" (2010)
Ein Vater-Sohn-Gespräch über das Leben und den Tod ist der rote Faden des Films. Er basiert auf Gesprächen von Folco Terzani mit seinem Vater, dem Schriftsteller Tiziano Terzani (1928-2004), welche die beiden kurz vor dem Tod des Vaters führten und die zunächst in Buchform erschienen. Eine intensive Reflexion über das Leben und das Sterben.
Alpöhi in "Heidi" (2015)
Der Kinderbuchklassiker ist gleichzeitig auch Nationalheiligtum der Schweiz. Naheliegend, dass Bruno Ganz in der Inszenierung von Alain Gsponer mitwirken sollte. "Den Alpöhi zu spielen", sagte Ganz augenzwinkernd Reportern des Schweizer Fernsehens, "ist doch eine patriotische Pflicht."
Sigmund Freud in "Der Trafikant" (2017)
Auch zuletzt ging Ganz noch neue Wagnisse ein, etwa bei der Mitwirkung im Horror-Thriller "The House that Jack built" von Lars von Trier. In "Der Trafikant" von Nikolaus Lytner gibt er den Psychoanalytiker Sigmund Freud, der an der Schwelle zum Zweiten Weltkrieg mit dem jungen Franz Huchels (Simon Morzé) eine ungewöhnliche "Freudschaft" entwickelt.