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Bulgarien befürchtet Banken-Panik

27. Juni 2014

In Bulgarien schlagen Regierung und Zentralbank Alarm wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf das Bankensystem. Aus Angst vor einem Ansturm der Kunden wurden die Filialen der drittgrößten Bank des Landes geschlossen.

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Schlange vor Filiale der First Investment Bank in Sofia, Bulgarien
Bild: Reuters

"In den vergangenen Tagen hat es Versuche gegeben, den Staat durch eine organisierte Attacke auf bulgarische Banken ohne Grund zu destabilisieren", erklärte die Zentralbank des Landes am Freitag. Sie rief alle staatlichen Institutionen dazu auf, die Stabilität der Finanzwirtschaft zu schützen. Es seien "böswillige Gerüchte" über die Lage von Geldhäusern in Umlauf gebracht worden.

Bei der First Investment Bank (FIBank), dem drittgrößten Institut Bulgariens, haben Kunden innerhalb weniger Stunden 800 Millionen Lewa (409 Millionen Euro) abgehoben, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Die Filialen seien daher bereits um 14.00 Uhr (MESZ) geschlossen worden und würden erst am Montag wieder geöffnet. Bankgeschäfte im Internet und Auszahlungen an Geldautomaten seien aber weiter möglich, sagte ein Sprecher. Die FIBank sei Opfer von Gerüchten und böswilligen Erklärungen in der Öffentlichkeit geworden, hieß es in einer Erklärung des Unternehmens.

"Gerüchte" im Internet und per SMS

Die Regierung des EU-Staates befürchtet einen Ansturm der Kunden auf die Banken. Ministerpräsident Plamen Orescharski zeigte sich entschlossen, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. "Wir werden alle Anstrengungen der Zentralbank unterstützen", machte er deutlich. "Ich sehe keinen Grund zur Sorge für die Bürger."

Schlange vor Filiale der First Investment Bank in Sofia, Bulgarien
Vor Filialen der FIBank bildeten sich lange SchlangenBild: Reuters

Nach Angaben von Innenminister Tswetlin Jowtschew sollte die Bevölkerung über das Internet und wahllos verschickte SMS-Nachrichten in Unruhe versetzt werden. Dazu seien am Donnerstag Ermittlungen aufgenommen worden. Über die Hintergründe wurde zunächst nichts bekannt.

Massenhafte Kontoauflösungen

Vergangene Woche hatten Medienberichte über angeblich zweifelhafte Geschäfte des viertgrößten bulgarischen Geldhauses Corporate Commercial Bank (Corpbank) zu Kontoauflösungen geführt. Die Zentralbank sah sich gezwungen, die Kontrolle über die Corpbank zu übernehmen.

An der Börse fürchteten Investoren, dass auch andere Institute in den Strudel hineingezogen werden und trennten sich nun wie bereits am Donnerstag in Scharen von Bank-Aktien. Der Kurs der FIBank-Papiere brach etwa um rund ein Viertel ein.

Bulgarien Bankwesen Logo Corpbank 23.06.2014
Die Corpbank geriet ebenfalls in BedrängnisBild: Reuters

Die Entwicklung weckt Erinnerungen an den Zusammenbruch des Bankensektors in Bulgarien in den 1990er Jahren, als 14 Institute pleitegingen. Sie setzt ferner Orescharskis Minderheitsregierung zusätzlich unter Druck, die bereits mit einer schwachen Konjunktur und einem Rückgang der Investitionen aus dem Ausland zu kämpfen hat. Wegen der anhaltenden politischen Probleme hatte die Ratingagentur Standard & Poor's das Land unlängst herabgestuft. Die Bewertung liegt nun nur noch eine Stufe vom Ramsch-Status entfernt.

Neuwahlen am 5. Oktober

Die Chefs der wichtigsten bulgarischen Parteien erklärten, sie stünden hinter den Maßnahmen der Zentralbank und anderer Behörden, um das Finanzsystem zu stützen. Zugleich verständigten sich die Spitzenpolitiker auf vorgezogene Parlamentswahlen, die am 5. Oktober stattfinden sollen. Die Opposition forderte die Regierung auf, Hilfen beim Internationalen Währungsfonds zu beantragen.

Mit der zweiten Neuwahl binnen eineinhalb Jahren soll die immer tiefer werdende Krise in Bulgarien bewältigt werden. Der Vertrauensverlust gegenüber der Regierung hatte bereits kurz nach dem Amtsantritt Ende Mai 2013 begonnen. Nach umstrittenen Personalentscheidungen warfen Demonstranten der Regierung über Monate hinweg vor, sich von reichen Oligarchen leiten zu lassen.

Die Krise spitzte sich nach der schweren Niederlage der regierenden Sozialisten bei der Europawahl am 25. Mai weiter zu. Die Sozialisten (BSP) schnitten als zweitstärkste Partei ab, mit großem Abstand hinter den oppositionellen Konservativen (GERB). Der kleinere Koalitionspartner, die Türkenpartei, hatte dagegen ein hervorragendes Ergebnis erzielt und forderte damals schon Neuwahlen.

bea/gmf (reuters, dpa)