Bund fördert erstmals zivile Seenotretter
12. November 2022"Wir verstehen diese Entscheidung als starkes politisches Zeichen", sagte United4Rescue-Vorstandsmitglied Thies Gundlach. "Auch die Bundesregierung will die zivile Seenotrettung unterstützen und mithelfen, das unerträgliche Sterben im Mittelmeer zu beenden."
Die finanzielle Unterstützung der zivilen Seenotrettung entlasse die Politik jedoch nicht aus ihrer Verantwortung. "Die Bundesregierung muss sich weiter für eine solidarische, europäische Lösung und eine staatlich organisierte Seenotrettung einsetzen", forderte Gundlach.
Förderung bis 2026 zugesagt
Wie der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler am Freitag nach der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags in Berlin mitteilte, soll United4Rescue im kommenden Jahr zwei Millionen Euro vom Bund erhalten. Darüber hinaus seien auch für die Jahre 2024 bis 2026 jeweils zwei Millionen Euro vorgesehen.
Kindler sagte, gerade im Bereich von Menschenrechtsarbeit und humanitärer Hilfe wolle man sich dafür einsetzen, dass Menschen im Mittelmeer gerettet werden. Momentan werde versucht, die Seenotrettung zu kriminalisieren. Das Geld soll dem Grünen-Politiker zufolge unter anderem für Rechtsberatung verwendet werden.
Hilfsbündnis bald mit drei Schiffen
United4Rescue wurde 2019 von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert. In dem zivilgesellschaftlichen Bündnis sind laut EKD mehr als 850 Organisationen und Gruppen verbunden, die sich für die Seenotrettung im Mittelmeer engagieren. Neben Organisationen gehören auch Städte und Gemeinden zu dem Bündnis.
Der Dachverband hat bislang zwei Rettungsschiffe mitfinanziert, die "Sea-Eye 4" und die "Humanity 1". Letztere fuhr bis August dieses Jahres noch unter dem Namen "Sea-Watch 4", ehe es die Hilfsorganisation Humanity übernahm. Ein Drittes, die "Sea-Watch 5", wurde Anfang November in Hamburg offiziell getauft und soll ab Frühjahr 2023 im Einsatz sein und Flüchtlinge im Mittelmeer retten.
Tödliche Fluchtroute übers Mittelmeer
Obwohl das Mittelmeer zu den gefährlichsten Fluchtrouten zählt, gibt es dort keine staatlich organisierte Seenotrettung. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen dort seit Beginn dieses Jahres 1891 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.
Zuletzt verweigerte die neue rechtsgerichtete Regierung Italiens mehreren privaten Rettungsschiffen mit jeweils Hunderten Überlebenden tagelang die Einfahrt. Ein Schiff konnte schließlich einen Hafen in Frankreich anlaufen.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, sich für eine staatlich koordinierte und europäische getragene Seenotrettung einzusetzen. Es sei eine "zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen", heißt es dort.
Das Ergebnis der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses ist maßgebliche Grundlage für die Entscheidung des Parlaments über den Etat für das nächste Jahr. Der Haushalt wird in der übernächsten Woche abschließend im Bundestag beraten.
mak/AR (epd, kna, afp)