Bundesländer fordern mehr Geld
12. Juni 2014Marode Straßen, Brücken und Schienen, ländliche Gebiete, die weiterhin vom schnellen Internet abgeschnitten sind, zu wenig Personal an Schulen und Kindergärten, Universitätskliniken, die nicht kostendeckend arbeiten: Die Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten eine lange Liste in ihren Aktentaschen, als sie am Nachmittag im Kanzleramt eintrafen.
Je nach Finanzstärke blicken die Regierungschefs skeptisch in die Zukunft. Ab 2020 gilt auch für die Länder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Dann dürfen sie zur Finanzierung ihrer Vorhaben keine neuen Kredite mehr aufnehmen und müssen mit dem auskommen, was ihnen der Bund aus den gesamten Steuereinnahmen des Staates zuweist.
Reform der Finanzbeziehungen ab 2019
Das föderale deutsche Finanzsystem sieht vor, dass sich Bund, Länder und Kommunen die Steuereinnahmen teilen. Lediglich die Grunderwerbsteuer wird von den Ländern in Eigenregie erhoben.
Begehrlichkeiten weckt der sogenannte Solidarzuschlag auf die Einkommensteuer, der 1991 zur Finanzierung der Deutschen Einheit eingeführt wurde. Er beträgt 5,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer und bringt dem Bund allein in diesem Jahr 15 Milliarden Euro ein. 2019 läuft der Solidarpakt aus, auf die Einnahmen will der Bund aber nicht verzichten und die Länder machen keinen Hehl daraus, dass sie in Zukunft an den Einnahmen beteiligt werden möchten.
Ob und wie das geschehen kann, soll eine Arbeitsgruppe klären, die mit der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzierung ab 2019 betraut ist. Sie wurde bei dem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin und einem Teil der Bundesminister offiziell eingesetzt. Die Arbeitsgruppe soll in einem zweiten Schritt auch den Finanzausgleich zwischen den Bundesländern neu ordnen. Reiche Bundesländer begehren schon seit langem gegen die Verpflichtung auf, finanzschwachen Ländern kräftig unter die Arme greifen zu müssen. Bayern und Hessen klagen sogar gegen den Länderfinanzausgleich.
Streit um kleine Stromerzeuger
Zweites großes Thema neben den Finanzen war die Zukunft der Energiewende in Deutschland. "Der gemeinsame Wille von Bund und Ländern, ein gemeinsames Ergebnis zu erreichen, ist nach wie vor ungebrochen", betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Treffen mit den Ministerpräsidenten. Bund und Länder haben sich vor kurzem auf einen Kompromiss bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geeinigt. Im Detail gibt es aber durchaus noch Meinungsverschiedenheiten. "Wir hatten noch einmal eine Kontroverse zur Eigenstromversorgung", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Privathaushalte oder kleine Unternehmen, die ihren Strom selbst aus erneuerbaren Energien erzeugen, künftig für neu installierte Anlagen eine Abgabe zahlen. Sie soll sich auf 40 Prozent der derzeitigen EEG-Umlage belaufen, das wären rund 2,5 Cent pro Kilowattstunde.
Wie viele Stromtrassen sind nötig?
Durch die steigende Zahl an Selbstversorgern werden die Umlagen und Abgaben beim Strompreis inzwischen auf immer weniger Schultern verteilt, die anderen Verbraucher zahlen mehr. Auch die Bundesländer wollen dieser Schieflage begegnen, allerdings mit maximal 15 Prozent der Ökostromumlage. "Da lagen wir heute noch weit auseinander", so Kretschmann.
Diskutiert wird weiterhin auch über den Neubau großer Stromtrassen. Umstritten ist vor allem eine Leitung, die Windenergie aus Sachsen-Anhalt quer durch Thüringen nach Bayern bringen soll. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, die Notwendigkeit der Trasse werde noch einmal intensiv überprüft werden. Besonders aus bayerischer Perspektive sei noch nicht plausibel dargestellt, ob es nach der geplanten Begrenzung des Windenergieausbaus diesen Bedarf noch gibt. Die 450 Kilometer lange Leitung ist eine von drei geplanten Haupttrassen der Energiewende.
Grundsätzlich unterstützen die Länder die Energiewende und wollen auch die Reform des EEG nicht scheitern lassen, das betonten sie nach dem Treffen im Kanzleramt übereinstimmend. Formal können sie das auch nicht. Das EEG ist kein Zustimmungsgesetz, der Bundesrat, also die Länderkammer kann kein Veto dagegen einlegen. Allerdings haben die Bundesländer in einer Sitzung des Bundesrats im Mai über einhundert Änderungsvorschläge eingebracht, über die derzeit noch diskutiert wird. Die Bundeskanzlerin will die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im großen Einvernehmen mit den Ländern beschließen."Wir haben ja alle Telefon, wir bleiben im Gespräch und ich glaube, wir schaffen das", so Angela Merkel.