Plädoyer für die Rechtsstaatlichkeit
5. Juni 2018Auf einer Konferenz anlässlich des 100. Jahrestags der polnischen Unabhängigkeit mahnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: "Zerbricht der Zusammenhalt der Europäischen Union, gewinnt dadurch niemand von uns an nationaler Durchsetzungsfähigkeit." Zugleich unterstrich Steinmeier, dass die Souveränität nach Außen mit "Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" auch Voraussetzungen im Inneren habe. Europa sei souverän, "weil wir nach Werten und Regeln handeln, die wir uns selbst gegeben haben".
Innerhalb dieser Grundregeln gestalte jede Nation ihre Demokratie und ihren Rechtsstaat selbst. "Aber wo die Grundregeln in Frage stehen, sind alle anderen betroffen. Das macht keinen von uns stärker - besonders nicht in den Augen derer, die uns Europäer ohnehin lieber gespalten als geschlossen sehen."
Die Europäische Union wirft der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor, mit ihrer Justizreform die Unabhängigkeit der Gerichte zu untergraben und gegen Prinzipien des Rechtsstaates zu verstoßen. Deshalb wurde Ende 2017 ein Sanktionsverfahren eingeleitet.
Gemeinsames Weltkriegsgedenken
Mit Blick auf die jüngere Geschichte dankte Steinmeier den Polen für die Bereitschaft zur Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg. Er erinnerte an das "Menschheitsverbrechen an den europäischen Juden" und an die Zerstörung Polens durch das nationalsozialistische Regime. Deutschland sei dankbar dafür, dass daraus trotz alledem eine Partnerschaft erwachsen sei.
Im kommenden Jahr wollen beide Länder gemeinsam an den 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs erinnern. Wie der polnische Präsident Andrzej Duda bei einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten in Warschau mitteilte, hatte Steinmeier dies vorgeschlagen. Dafür danke er seinem deutschen Gast, sagte Duda. Der Zweite Weltkrieg begann am 1. September 1939 mit dem Überfall Deutschlands auf Polen.
uh/sam (dpa, afp)