Besuch beim nahöstlichen "Stabilitätsanker"
28. Januar 2018Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Jordanien für die Aufnahme hunderttausender syrischer Flüchtlinge gedankt und dem Land weitere deutsche Unterstützung zugesichert. Deutschland sehe das Engagement Jordaniens mit "großem Respekt und mit Bewunderung", sagte er im Gespräch mit König Abdullah in der Hauptstadt Amman. Ungeachtet der riesigen Belastung sei Jordanien weiterhin "ein Anker der Stabilität" in der Region.
Jordanien hat bei 9,5 Millionen Einwohnern etwa 600.000 Geflohene aus Syrien aufgenommen. Noch einmal so viele sind nach Schätzungen unregistriert in dem Land. Vordringlich sei deshalb die Schaffung von Arbeitsplätzen, betonte der Bundespräsident, der auch zu mehr internationaler Unterstützung für das Königreich aufrief.
Begegnung mit König Abdullah
In einem Interview der jordanischen Zeitung "Al Ghad" (Sonntag) äußerte sich Steinmeier zur deutschen Flüchtlingspolitik und mahnte eine klare Unterscheidung zwischen Flucht vor Krieg und Verfolgung einerseits und der Migration aus wirtschaftlichen Gründen andererseits an. "Um den politisch Verfolgten auch in Zukunft gerecht werden zu können, müssen wir diese Unterscheidung wieder ernst nehmen", sagte der Bundespräsident.
Von König Abdullah wurde Steinmeier vor dem Palast in Amman mit militärischen Ehren begrüßt. Danach trafen sich die beiden Staatsoberhäupter sowie Königin Rania und Steinmeiers Frau Elke Büdenbender zu einem Gespräch. Beim gemeinsamen Mittagessen waren der Nahost-Konflikt und der Status Jerusalems ebenso Thema wie die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.
Steinmeier spricht über heikle Themen
Im Interview auf die Themen angesprochen hatte Steinmeier zuvor gesagt, aus seiner Sicht könne nur eine freie Gesellschaft dauerhaft stabil sein. Zwar sei Sicherheit wichtig "aber Sicherheit zu erlangen, indem Grundfreiheiten eingeschränkt werden, das ist auf längere Sicht ein Irrweg".
In dem Interview deutete der Bundespräsident auch Kritik an der Entscheidung der US-Regierung an, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Er hoffe, dass die US-Entscheidung keinesfalls als Rechtfertigung für "Hass und Gewalt gegen Israel" herangezogen werde. Für Deutschland sei entscheidend, dass der Status der Heiligen Stätten erhalten bliebe und der endgültige Status von Jerusalem als Teil einer Zwei-Staaten-Lösung ausgehandelt werde, so der Bundespräsident.
Besuch im Flüchtlingslager
Steinmeier und seine Frau halten sich seit Samstag in der jordanischen Hauptstadt auf. Zunächst besichtigten beide dort die Zitadelle. An diesem Sonntag besuchte das Paar eine von Deutschland finanzierte Schule für Flüchtlingskinder.
Am Montag wird der Bundespräsident ein Flüchtlingslager mit rund 30.000 Syrien-Flüchtlingen und den jordanischen Stützpunkt Al-Asrak besuchen, wo rund 300 Bundeswehrsoldaten mit vier Tornado-Aufklärern und einem Tankflugzeug den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) unterstützen. Die Bundeswehr war aus dem türkischen Incirlik nach Al-Asrak umgezogen, nachdem die Türkei deutschen Parlamentariern immer wieder Besuche bei den Soldaten verweigert hatte.
Weiterreise in den Libanon
Danach fliegt der Steinmeier weiter in den Libanon. Dort wird er unter anderem mit seinem Kollegen Michel Aoun und Ministerpräsident Saad Hariri zusammenkommen. Zudem steht ein Besuch bei deutschen Soldaten an, die als Teil der internationalen UNIFIL-Truppe an der Grenze zu Israel stationiert sind. Jordanien und der Libanon sind durch die große Zahl von Syrern, die aus dem benachbarten Bürgerkriegsland zu ihnen gekommen sind, extrem belastet. Im Libanon leben nach UN-Angaben rund eine Million Flüchtlinge.
Der Besuch Steinmeiers im Libanon ist der erste eines deutschen Staatsoberhauptes seit 120 Jahren. In seiner früheren Funktion als Außenminister hat der SPD-Politiker den Libanon sechs Mal besucht und Jordanien sieben Mal.
cw/kle/rb (dpa, kna, ard, bundespraesident.de)