Organspender verzweifelt gesucht
7. Juni 2014Angesichts dramatisch sinkender Organspender-Zahlen hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zu mehr Organspenden aufgerufen. Eine solche Spende könne Leben retten, sagte Gröhe anlässlich des Tages der Organspende an diesem Samstag. Wer seine Entscheidung in einem Spenderausweis dokumentiere, gebe seinen Angehörigen zugleich die Gewissheit, "in einer schwierigen Situation das Richtige zu tun".
Die Organspendezahlen waren dramatisch gesunken, nachdem 2012 an vier Universitätskliniken Manipulationen bei Lebertransplantationen aufgedeckt worden waren. So gab es 2013 nur noch 876 Spender, nach 1046 im Vorjahr. Das ist der niedrigste Wert seit Verabschiedung des Transplantationsgesetzes 1997. Und die Zahlen sinken weiter. In den ersten vier Monaten dieses Jahres gab es lediglich 287 Spender. Damit bleibt Deutschland in Europa auf einem der hintersten Plätze.
Die Organspende muss freiwillig bleiben
Bundesweit stehen derzeit rund 11.000 schwer kranke Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation. "Alle acht Stunden stirbt ein Mensch in diesem Land, weil kein passendes Organ gefunden wurde", sagte Gröhe.Zugleich räumte der Minister ein, dass durch den Skandal viel Vertrauen zerstört worden sei. Dennoch will er das bestehende Transplantationssystem nicht ändern. Die Spende eines Organs müsse auch in Zukunft freiwillig bleiben. Er hoffe, dass die Aufklärungskampagne im Rahmen der "Entscheidungslösung" künftig noch stärker greife.
Nach der deutschen Rechtslage wird nur derjenige zum Organspender, der selbst oder dessen Angehörige einer Entnahme nach dem Tod zugestimmt haben. Außerdem muss der Hirntod eindeutig festgestellt sein. Seit 2012 gilt die sogenannte Entscheidungslösung, wonach alle Versicherten in Deutschland von ihren Krankenkassen dazu aufgefordert werden, eine Entscheidung zur Organspende zu treffen und dies auf einem Organspendeausweis zu vermerken. Einen Zwang dazu gibt es aber nicht.
Das System muss geändert werden
Grundsätzliche Kritik an diesem Sytem kam von den Grünen-Gesundheitspolitikern Elisabeth Scharfenberg und Harald Terpe: "Es kann nicht sein, dass in Deutschland im Wesentlichen Vereine und private Stiftungen über die Organisation des Transplantationswesens und die Verteilung der Organe entscheiden." Das System dürfe auch nicht von den Akteuren selbst kontrolliert werden. Hier müsse mehr öffentliche und staatliche Kontrolle organisiert werden.
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte klare rechtliche Regelungen und mehr staatliche Kontrolle an. Bislang fehlten Vorgaben, auf welche Weise Patienten auf der Warteliste Entscheidungen der Transplantationsärzte überprüfen lassen können, sagte Vorstandschef Eugen Brysch der Nachrichtenagentur AFP. Zudem müsse die Konkurrenz unter den Transplantationszentren beendet werden. "Insgesamt benötigt das Organspendesystem eine Kontrolle, die nicht bei den Akteuren, sondern allein beim Staat liegt", betonte Brysch.
Fortschritte im Bewusstsein der Menschen
Die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Elisabeth Pott, warb für einen offensiven Umgang mit dem Thema. Sie verwies auf eine Umfrage, wonach die Organ- und Gewebespende zunehmend im Familien- und Freundeskreis thematisiert werde. Unterhielten sich im Jahr 2012 noch 59 Prozent der Befragten darüber mit ihren Angehörigen, so waren es 2013 bereits 65 Prozent. Dies sei eine "positive Entwicklung".
gmf/haz ( afp, dpa, epd, kna)