Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung
16. Oktober 2015Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union und SPD das entsprechende Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verabschiedet. Die Bundesländer müssen nicht zustimmen. Das frühere Gesetz zur Speicherung von Telekommunikationsdaten war 2010 vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als grundgesetzwidrig verworfen worden. Die Opposition und viele Datenschützer zweifeln aber auch die Rechtmäßigkeit des neuen Textes an.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte sich lange gegen eine Neufassung des Gesetzes gesperrt und über Monate mit Bundesinnneminister Thomas de Maizière (CDU) darum gerungen, bevor er seinen Entwurf vorlegte. Polizei und Justiz erhielten damit zur Aufklärung schwerster Straftaten ein zusätzliches Instrument an die Hand, warb Maas im Parlament um Zustimmung. Grüne und Linke warfen der Koalition vor, Millionen Bürger unter Generalverdacht zu stellen.
Daten zehn Wochen lang gespeichert
Das Gesetz der großen Koalition sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen die Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger zehn Wochen lang speichern müssen. Dazu gehören die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe sowie die IP-Adressen von Computern. E-Mails sind ausgenommen. Standortdaten von Handyanrufen sollen für maximal vier Wochen gespeichert werden. Als Einschränkung sieht das Gesetz vor, dass keine Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile erstellt werden dürfen.
Beim SMS-Verkehr auch Inhalte widerrechtlich gespeichert
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) werden bei SMS-Nachrichten entgegen den datenschutzrechtlichen Vorschriften auch derzeit schon die Inhalte der Kurznachrichten bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Wie das Blatt mit Verweis auf einen internen Schriftverkehr zwischen Bundesdatenschutzbeauftragtem, Bundesnetzagentur sowie den Anbietern Telekom, Vodafone und Telefónica berichtet, war es den Unternehmen bislang nicht möglich, die Signalisierungsdaten der SMS, die für den Weg durch das Netz erforderlich sind, von den Inhalten zu trennen. Derzeit gebe es dafür keine technische Lösung am Markt, bestätigte Telefónica der "SZ". Bislang werden die Daten zu Abrechnungs- oder Wartungszwecken sieben Tage lang gespeichert.
Kubicki kündigt Klage an
Neben der Opposition und Datenschützern hat auch der stellvertretene FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung scharf kritisiert. Im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" kündigte der Rechtsanwalt eine persönliche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.
Kubicki verwies auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der 2014 die EU-weiten Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung gekippt hatte - wegen Verstößen gegen Grundrechte. Der EuGH habe seinerzeit festgehalten, dass es bei Personen, die von Berufs wegen zur Geheimhaltung verpflichtet sind, gar nicht zu einer Speicherung kommen dürfe. "Dass diese Regierung das ignoriert, fordert eine Klage geradezu heraus", erklärte Kubicki. Er sei als Anwalt betroffen - und als Abgeordneter, der Immunität genieße.
se/kle (afp, rtr, welt.de, sueddeutsche.de, afp, dpa)