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Bundestag: EU versagt im Syrien-Konflikt

Bettina Marx8. Mai 2014

Der Deutsche Bundestag hat sich dafür ausgesprochen, die Hilfe für die syrischen Flüchtlinge zu verbessern. Im Nahen Osten spiele sich eine humanitäre Katastrophe ab, so die Abgeordneten.

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Syrische Flüchtlinge im Libanon (Foto: AP)
Syrische Flüchtlinge suchen Schutz im benachbarten LibanonBild: picture alliance/AP Photo

Die Meinungsunterschiede waren nur gering in der Debatte über die Lage der syrischen Flüchtlinge. Im Parlament herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass Deutschland seine Hilfe ausweiten müsse, um die humanitäre Katastrophe im Nahen Osten einzudämmen. Vor allem die Anrainerstaaten Syriens seien auf mehr Unterstützung angewiesen.

So sei der Libanon mit der Aufnahme von mehr als einer Million Flüchtlingen am Rande seiner Belastbarkeit angelangt, erklärte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). In Jordanien sei das Flüchtlingslager Zaatari (Artikelbild) mit mehr als 100.000 Einwohnern inzwischen zur drittgrößten Stadt des Landes angewachsen. Viele Flüchtlinge seien aber auch privat untergekommen, oft bei Menschen, die selbst nicht viel hätten, so Müller. Er habe ein jordanisches Dorf besucht, das mehr als doppelt so viele Menschen aufgenommen habe wie die Anzahl seiner Einwohner. Beiden Nachbarländern Syriens gebühre für diese Aufnahmebereitschaft großer Respekt. "Hier erlebt man Helden", sagte der Minister. "Die Menschen vor Ort sind großartig und leisten Herausragendes."

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Gerd Müller, CSU (Foto: DPA)
Minister Müller fordert einen Syrien-Flüchtlings-Gipfel der EUBild: picture-alliance/dpa

Auch im Nordirak seien Flüchtlinge mit großer Herzlichkeit aufgenommen worden, ergänzte die Grünen-Abgeordnete Claudia Roth. Sie selbst habe sich bei einer Reise in die Region ein Bild von der Lage machen können: "Ich werde die Trauer nicht vergessen, die Angst und die Hoffnungslosigkeit. Aber ich werde auch das Lachen der Kinder nicht vergessen, die ein Recht auf Zukunft haben."

Kritik an der EU

Roth lobte Minister Müller und Bundespräsident Joachim Gauck, die beide ebenfalls Flüchtlingslager in den Nachbarländern Syriens besucht und deutsche Unterstützung zugesagt hatten. Dies reiche aber nicht aus: "Europa versagt und verweigert sich seiner humanitären Schutzverantwortung." Damit stelle die EU ihre eigenen Werte in Frage.

Die scharfe Kritik an der Europäischen Union wurde von allen Rednern geteilt. Die Reaktionen einiger Mitgliedsländer, die sich bislang kaum für die humanitäre Katastrophe im Nahen Osten interessiert hätten, seien beschämend, betonte Minister Müller. Er forderte einen europäischen Sondergipfel, der sich mit der Lage der Flüchtlinge befassen müsse. Dies sei bisher verweigert worden. Sein Fazit: "Was die EU geleistet hat, ist nicht ausreichend."

Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien (Foto: DW)
Flüchtlingslager Zaatari in JordanienBild: DW/K. Leigh

Die beiden Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke und Annette Groth bemängelten, dass sich die Europäische Union gegen die Flüchtlinge abschotte. In Bulgarien seien Syrer, die sich vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat in Sicherheit bringen wollten, in Gefängnisse gesperrt worden, sagte Jelpke. Inzwischen verhindere ein kilometerlanger Zaun, dass sie aus der Türkei in die EU kämen. "Es ist eine Schande und eine Menschenrechtsverletzung, wenn die griechische Küstenwache Flüchtlingsboote in türkische Gewässer zurückdrängt, um sie nicht aufnehmen zu müssen", sagte Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Linken. Mit Blick auf die Lage im Libanon, wo inzwischen jeder vierte Einwohner ein Syrer ist, fügte sie hinzu: "Was wäre los, wenn wir in Deutschland 20 Millionen Flüchtlinge aufnehmen müssten?"

Deutsche Hilfe

Demgegenüber wies der parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium Ole Schröder (CDU) darauf hin, dass seit Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 schon 36.000 Syrer in Deutschland einen Asylantrag gestellt hätten. Insgesamt lebten in der Bundesrepublik 66.000 Menschen aus Syrien. Damit sei Deutschland das Land, das außerhalb der Krisenregion die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen habe. Und auch in Zukunft werde man an dieser Aufnahmebereitschaft festhalten. "Wir sind offen für diese Menschen", sagte Schröder. Aber: "Wir sollten uns im Klaren sein, dass wir die Not des Bürgerkriegs nicht hier in Deutschland lösen können." Darum leiste Deutschland auch vor Ort Hilfe. So kümmere sich das Technische Hilfswerk in den Flüchtlingslagern der Anrainerstaaten um die Wasserversorgung. Auch in Zukunft sollte der Schwerpunkt der deutschen Hilfe die Linderung der Not in der Region sein, denn die meisten syrischen Flüchtlinge wollten dort bleiben.

Syrische Asylbewerber sitzen vor einem Asylantenheim in Brandenburg (Foto: DPA)
Syrische Asylbewerber hoffen auf eine sicheres Leben in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

Kein gemeinsamer Antrag

Obwohl die Meinungsunterschiede zwischen den Rednern also nicht groß waren, konnten sich die Fraktionen nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Differenzen habe es nur in Nuancen gegeben, sagte der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder. Omid Nouripour von den Grünen dagegen warf der großen Koalition vor, sich reflexhaft gegen einen gemeinsamen Antrag mit der Linken zu stellen. Auch die Linken-Politiker bedauerten, dass es nicht zu einem gemeinsamen Antrag gekommen sei.

Die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD fordern in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, die Mittel für die Flüchtlingshilfe in den Nachbarländern Syriens aufzustocken. Außerdem sollten die personellen Kapazitäten in den Botschaften und Generalkonsulaten erhöht werden, um die Einreise von Bürgerkriegsflüchtlingen zu erleichtern, deren Aufnahme schon beschlossen sei. Darüber hinaus solle sich Berlin in der EU dafür einsetzen, dass auch andere europäische Länder mehr Flüchtlinge aufnehmen. Die EU-Kommission sollte bis zum Sommer eine Syrien-Flüchtlings-Konferenz einberufen, auf der sich alle EU-Mitgliedsstaaten auf konkrete Zahlen und Verfahren zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge einigen sollen.