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Der Bundestag prüft

Marcel Fürstenau1. Februar 2013

Alle halten die rechtsextreme Partei für verfassungsfeindlich, dennoch warnen mehrere Abgeordnete vor den Risiken eines weiteren Gerichtsverfahrens. Wie sich das Parlament entscheiden wird, ist weiter offen.

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Das Wort "AUS" neben dem NPD-Logo symbolisiert die Debatte um eine verbot der rechtsextremen Partei. (Foto: Jens Büttner / dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die 16 Bundesländer haben sich bereits im Dezember 2012 einhellig für einen zweiten Verbotsantrag gegen die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ausgesprochen, der Bundestag aber lässt sich mit seiner Entscheidung weiterhin Zeit. Am Freitag (01.02.2013) sprachen sich die Parlamentarier lediglich dafür aus, dem Innen- und Rechtsausschuss einen Prüfauftrag über die Erfolgsaussichten zu erteilen. Den entsprechenden Antrag hatten die Sozialdemokraten gestellt.

Grundlage für das nun gewählte Verfahren sollen die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern sein. Deren - im Auftrag der Innenminister - gesammeltes Material spricht aus Sicht der Bundesländer zwar eindeutig für einen zweiten Verbotsantrag, unter den Bundestagsabgeordneten ist diese Einschätzung aber umstritten. Der erste Versuch, die NPD zu verbieten, war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Grund dafür war, dass belastendes Material zu großen Teilen von NPD-Funktionären stammte, die gleichzeitig Spitzel (V-Leute) des Verfassungsschutzes waren.       

SPD kritisiert Kanzlerin Merkel   

Thomas Oppermann, Geschäftsführer der SPD im Bundestag, begründete den parlamentarischen Vorstoß seiner Fraktion damit, die Bundesregierung und der Bundestag müssten eine gemeinsame Haltung einnehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warf Oppermann vor, sich nicht eindeutig zu positionieren. Merkel hatte bereits kurz vor Weihnachten angekündigt, das Kabinett werde im Frühjahr entscheiden, ob es sich einem Antrag für ein NPD-Verbotsverfahren anschließen werde. Die Partei wird im Rahmen des Parteiengesetzes auch mit Steuermitteln finanziert.     

Thomas Oppermann (SPD) gestikuliert während seiner Bundestagsrede zum Antrag auf ein NPD-Verbotsverfahren. (Foto: Sven Hoppe / dpa)
Der Sozialdemokrat Thomas Oppermann wirbt vehement für ein NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.Bild: picture-alliance/dpa

Oppermann betonte, die NPD sei nicht nur eine verfassungsfeindliche Partei, sondern auch antisemitisch und demokratiefeindlich. Dieser Einschätzung widersprach in der 90-minütigen Debatte niemand, über das weitere Vorgehen wird allerdings weiterhin gestritten. Abgeordnete aller Fraktionen - mit Ausnahme der SPD - warnten vor den rechtlichen Risiken. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), betrachtet ein mögliches Verbotsverfahren als "klassische Aufgabe" der Exekutive.

Die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder seien dafür zuständig, belastendes Material zu sammeln und zu bewerten. Parlamentarier verfügten über keine eigenen Erkenntnisse. "Woher wollen wir wissen, welches Material von V-Leuten stammt und welches nicht?", fragte Bosbach. Damit spielte der Unionspolitiker darauf an, dass nicht alle Innenminister garantieren wollen, ob die von ihnen initiierte Materialsammlung ohne V-Leute des Verfassungsschutzes zustande gekommen ist. Einen Verbotsantrag sehe er "sehr, sehr skeptisch", sagte Bosbach.

Freidemokrat Hartfrid Wolff gehört zu den erklärten Gegnern eines NPD-Verbotsverfahrens. Man müsse sich schon die Frage stellen, ob damit "nur eine Hülle beseitigt werde, das Grundproblem aber weiterbesteht". Eine Gesinnung kann man nicht verbieten, sagte Wolff. Von einen "riskanten Weg" sprach Hans-Peter Uhl (CSU). In den USA oder Großbritannien sei ein Parteienverbot undenkbar. Käme es in einer Demokratie dazu, wäre das "Bevormundung des Wählers", meinte Uhl.

Verständnis für die Bedenken seiner Kollegen äußerte Wolfgang Wieland von Bündnis 90/ Die Grünen, der sich selbst als "leidenschaftlichen" Befürworter eines Verbotsverfahrens bezeichnete. Eindringlich warnte er davor, die NPD isoliert zu betrachten. Verbindungen zu der 2011 aufgeflogenen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) seien offensichtlich, sagte Wieland unter Hinweis auf den ehemaligen NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Er muss sich wie die Hauptangeklagte Beate Zschäpe voraussichtlich im Frühjahr vor dem Oberlandesgericht München wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten.

Ein Fahndungsfoto von Beate Zschäpe. (Foto: Bundeskriminalamt / Getty Images)
Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende des hauptverdächtigen NSU-Trios. Ihre mutmaßlichen Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt haben sich das Leben genommen.Bild: Getty Images

Die Bundesanwaltschaft wirft dem NSU unter anderen vor, zehn fremdenfeindlich motivierte Morde, Bombenanschläge und Banküberfälle  begangen zu haben. Das Auffliegen der Terrorzelle im November 2011 war Auslöser für die erneute Debatte über einen NPD-Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Skeptiker befürchten, dass die NPD selbst im Falle eines Verbots in Deutschland am Ende doch triumphieren könnte. Grund ist die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Die gilt unter Experten im Vergleich mit dem Bundesverfassungsgericht als wesentlich strenger. Die NPD hat längst angekündigt, notfalls vor dem EGMR zu klagen.