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Bundestagswahl 2025: Die Linke darf wieder hoffen

17. Januar 2025

Viele hatten die Linke schon abgeschrieben. Doch kurz vor dem Parteitag steigen die Umfragewerte und damit die Chancen, für eine Überraschung zu sorgen.

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Das Logo der Linken: Auf dunkelrotem Hintergrund prangt in weißen Buchstaben der Parteiname: Die Linke. Der Schriftzug ist typographisch so gesetzt, dass er von links unten schräg nach rechts oben zeigt.
Die Linke muss bei der Bundestagswahl 2025 um den Einzug in den Deutschen Bundestag bangenBild: Chris Emil Janssen/picture alliance

Das Jahr 2024 war ein politischer Albtraum für die Linke: Im Januar gründete eine Gruppe um die ehemalige Bundestagsfraktionschefin Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei. Bei der Europawahl 2024 im Juni halbierte sich das Ergebnis der Linkspartei auf 2,7 Prozent. Schließlich der Tiefpunkt bei den Landtagswahlen im Osten, wo die Linke mal Volkspartei war: In Thüringen verlor ihr einziger Ministerpräsident in Deutschland sein Amt, in Sachsen schaffte die Partei mit Mühe und Not den Sprung ins Parlament und in Brandenburg flog sie sogar raus.

Kein Wunder, dass nach dieser desaströsen Bilanz nur noch wenige an einen Erfolg bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar glaubten. Doch kurz vor dem außerordentlichen Parteitag in Berlin scheint sich das Blatt zu wenden: In Umfragen nähert sich die Linke der Fünf-Prozent-Hürde. Und während der Trend bei ihr nach oben zeigt, geht es für das abtrünnige Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in die andere Richtung: nach unten.

Neue Parteispitze, neuer Schwung

Der Stimmungsumschwung hat auch mit dem Wechsel an der Parteispitze zu tun. Jan van Aken und Ines Schwerdtner lösten Janine Wissler und Martin Schirdewan ab, die den langjährigen Abwärtstrend nicht stoppen konnten. Das im Oktober gewählte neue Duo war kaum im Amt, als die Bundesregierung auseinanderbrach. Seit dem Ausstieg der Freien Demokraten (FDP) haben die verbliebenen Sozialdemokraten (SPD) und Grünen keine eigene Mehrheit im Deutschen Bundestag.

Die Linken-Vorsitzenden Ines Schwerdtner (l.) und Jan van Aken stehen im Oktober 2024 auf der Bühne des Parteitags in Halle an der Saale und winken nach ihrer Wahl mit Blumensträußen in ihren Händen den Delegierten im Saal zu.
Ines Schwerdtner (l.) und Jan van Aken wurden auf dem Parteitag der Linken 2024 als neues Vorsitzenden-Duo gewähltBild: Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Für die vorgezogene Bundestagswahl präsentierte die Linke schnell ein Programm, das auf dem Parteitag beschlossen werden soll. Schwerpunkte sind die Sozial- und Wirtschaftspolitik. SPD und Grünen werfen sie vor, nichts gegen die seit Jahren rasant steigenden Kosten in fast allen Bereichen des täglichen Lebens getan zu haben. "Sie haben es nicht im Entferntesten geschafft, in diesem Land für Gerechtigkeit zu sorgen. Deshalb wollen wir das jetzt tun", verkündet Schwerdtner.

Viel Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz

Die neue Ko-Vorsitzende verweist auf die hohe Kinderarmut in Deutschland, immer höhere Mieten und fehlende bezahlbare Wohnungen für Menschen mit wenig Geld. Das lastet sie auch dem Bundeskanzler an: "Die Lebensmittelpreise sind unter Olaf Scholz um fast 30 Prozent gestiegen und das betrifft vor allem die unteren Einkommen sehr, sehr stark."   

Gleichzeitig würden Energie- und Lebensmittelkonzerne hohe Gewinne erzielen, kritisiert Schwerdtner. Für die Linke sei deshalb klar: "Die Preise müssen runter!" Konkret schlägt sie vor, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, Hygiene-Artikel sowie Tickets im Bahn- und Busverkehr abzuschaffen. Dafür werden bis zu 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig, also fast ein Fünftel des jeweiligen Kaufpreises.

Immer mehr Armut in Deutschland

Vermögenssteuer für Millionäre und Superreiche

Um ihre Forderungen finanzieren zu können, will die Linke an anderer Stelle die Staatseinnahmen erhören. Dafür fordert der Vorsitzende van Aken eine gestaffelte Vermögenssteuer: ein Prozent für Menschen, die eine Million Euro besitzen, fünf Prozent ab 50 Millionen und zwölf Prozent ab einer Milliarde. "Das wird sehr viel Geld in die Kasse spülen." 

Auch die SPD propagiert inzwischen wieder eine Vermögenssteuer, die in Deutschland seit 1997 nicht mehr erhoben wird. "Es braucht nur jemand im nächsten Bundestag, der die SPD daran erinnert, dass sie das schon mal gefordert hat", meint van Aken mit ironischem Unterton. Und er fügt hinzu: "Nur eine starke Linke wird dafür sorgen, dass es irgendwann mal umgesetzt wird."

Die Schuldenbremse soll gelockert werden

Um wieder mehr Kredite aufnehmen zu können, will die Linke die in der deutschen Verfassung festgeschriebene Schuldenbremse reformieren. Mit zusätzlich 200 Milliarden Euro soll die marode Infrastruktur modernisiert werden: Schulen, Krankenhäuser, Bahnstrecken, Brücken und vieles mehr. Finanziell angeschlagene Unternehmen sollen nur staatlich unterstützt werden, wenn sie Gegenleistungen erfüllen: langfristige Garantien für Arbeitsplätze und Tarifverträge sowie den Erhalt von Standorten in Deutschland. 

Was ist los mit Deutschlands Wirtschaft?

Mit Blick auf die anderen Parteien einschließlich der zunehmend rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) zeichnet die Linke ein düsteres Szenario: "Hinter dieser Bundestagswahl lauert das Grauen. Denn wenn wir jetzt nicht dagegenhalten, dann wird sich am Ende die Kälte und werden sich die Ellenbogen und wird sich der Hass durchsetzen", meint van Aken.

Theoretisch möglich: mit weniger als fünf Prozent im Bundestag

Angesichts steigender Umfragewerte wächst die Zuversicht, auch dem nächsten Bundestag anzugehören. Und sollte man doch an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, bliebe noch die Hoffnung auf den Gewinn von mindestens drei Direktmandaten. Nach deutschem Wahlrecht zieht eine Partei dann trotzdem ins Parlament ein. Von dieser Regelung hat die Linke bereits bei der Bundestagswahl 2021 profitiert. Auch dieses Mal kandidieren mehrere prominente Kandidaten, die in ihren Wahlkreisen erfolgreich sein könnten.

 

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland