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Bundestagswahl 2025: Wie sicher ist sie?

23. Januar 2025

Angeblich manipulierte Wahlen in anderen Ländern sorgen auch in Deutschland für Verunsicherung. Sicherheitsbehörden halten die Gefahr jedoch für gering.

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Eine Person, von der nur deren Hand zu sehen ist, steckt einen Wahlzettel in eine sogenannte Wahlurne, auf der das Wort "Bundestagswahl" steht.
Allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim: Diese Grundsätze sichern demokratische Wahlen in Deutschland Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa

US-Präsident Donald Trump behauptet noch immer, ihm sei der Wahlsieg bei seiner Niederlage 2020 gegen Joe Biden gestohlen worden. Und in Rumänien wurde die Präsidentschaftswahl 2024 sogar gerichtlich für ungültig erklärt - wegen zwar plausibel erscheinender, aber schwer beweisbarer Manipulationsvorwürfe gegenüber Russland und der Social Media-Plattform TikTok. Die erste Wahlrunde hatte der vorher wenig bekannte Rechtsextremist Calin Georgescu gewonnen. Da stellt sich fast zwangsläufig die Frage: Was bedeuten solche Vorgänge für die vorgezogene Bundestagswahl 2025 in Deutschland?

Nach DW-Informationen ist die Antwort aus Sicherheitskreisen einigermaßen beruhigend: "Aktuell liegen keine Erkenntnisse oder gefährdungsrelevante Sachverhalte vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung der Bundestagswahl ableiten lässt." Allerdings wird ganz genau darauf geschaut, was sich außerhalb Deutschlands abspielt - zum Beispiel in Rumänien.

Wahl-Beeinflussung: "Russland der auffälligste Akteur"

"Gleichwohl zeigen Beobachtungen im internationalen Umfeld, dass von einem grundsätzlichen Interesse zur möglichen illegitimen Beeinflussung von Wahlen durch fremde Staaten auszugehen ist, wobei derzeit Russland der auffälligste Akteur ist", heißt es in Sicherheitskreisen. Vorstellbar seien Cyberattacken, um die Bevölkerung zu verunsichern, Wahlen zu beeinflussen oder politische Akteure gezielt zu diskreditieren.

Wie KI-Fakes Wahlen beeinflussen sollen

Die deutschen Sicherheitsbehörden haben das komplette Repertoire möglicher Manipulationsversuche im Blick. Dazu gehören auch mit Künstlicher Intelligenz (KI) gefälschte Inhalte in Wort, Bild und Ton. "So können echt wirkende Deepfake-Videos oder Audios erstellt werden, um Wählerinnen und Wähler zu täuschen", heißt es in der Analyse, die der DW vorliegt.     

Der Verfassungsschutz hat eine Task Force eingerichtet

Um die Sicherheit der Bundestagswahl zu gewährleisten, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine Task Force zur Lagebeobachtung eingerichtet. Das Team tauscht sich mit Social Media-Plattformen aus und dem Statistischen Bundesamt, deren Präsidentin zugleich Bundeswahlleiterin ist. Auf der Homepage dieser Behörde sind vielfältige Informationen zum Thema Sicherheit abrufbar.

Das Informationsblatt "Fakten gegen Desinformation" steht auch zum Download bereit, kann also herunterladen werden. Ausdrücklich wird vor Fake News gewarnt, die im Zusammenhang mit der Bundestagswahl in sozialen Medien und Chatgruppen kursieren: "Oft werden diese falschen Informationen weiterverbreitet, weil die teilenden Personen nicht erkennen, dass es sich um Desinformationen handelt."

Weniger Faktenchecks, mehr Desinformation

Fake News über angebliche Wahlpflicht in Deutschland

Die Bandbreite versuchter Irreführung ist groß - ein Beispiel: "Es wird behauptet, in Deutschland gäbe es eine Wahlpflicht. Personen, die nicht wählen, würden gekennzeichnet und in ihren Rechten beschränkt." Solche Fake News werden korrigiert: "In Deutschland gibt es keine Wahlpflicht. Der verfassungsrechtlich geschützte Grundsatz der Wahlfreiheit umfasst nicht nur das "Wie", sondern auch das "Ob" der Wahlteilnahme. Allen Wahlberechtigten steht es frei, ihre Stimme abzugeben oder der Wahl fernzubleiben."

Befürchtungen, Wahlstimmen könnten durch manipulierte IT-Systeme gefälscht werden, sind unbegründet. Zwar werden die Ergebnisse elektronisch an zentrale Stellen übermittelt, aber in verschlüsselter Form. Sollten sie dennoch gehackt werden, besteht trotzdem kein Grund zur Sorge. Der Grund: die Stimmabgabe erfolgt ausschließlich in Papierform - im Wahllokal oder per Briefwahl.

"Es kann nicht durch Cyberangriffe manipuliert werden"

Cyberangriffe sind also möglich, aber ungefährlich. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) lässt daran keinen Zweifel: "Das endgültige Wahlergebnis basiert auf den Niederschriften der Wahlvorstände und lässt sich jederzeit überprüfen und nachvollziehen. Es kann daher nicht durch Cyberangriffe manipuliert werden."     

Auch aus wissenschaftlicher Sicht ist die Bundestagswahl durch Einflüsse fremder Mächte und von Social Media eher wenig gefährdet, wie eine DW-Recherche ergab. Der Demokratie- und Populismusforscher Laurenz Günther von der Bocconi-Universität Mailand warnt sogar davor, die Wirkung von Fake News überzubewerten. "Dieses irreführende Narrativ schürt Misstrauen und schadet der Demokratie", schreibt er im "Journal für Internationale Politik und Gesellschaft" (IPG).

Umstrittenes Fallbeispiel: Präsidentschaftswahl in Rumänien

Fehlinformationen und Desinformation würden zunehmend als Hauptursachen für überraschende politische Erfolge gesehen. Als Beispiel nennt Günther die annullierte rumänische Präsidentschaftswahl 2024. Das Problem aus seiner Perspektive: Es werde oft auf der Basis von plausibel klingenden, aber ungeprüften Hypothesen argumentiert.

Das hält der Wissenschaftler für gefährlich: "Wenn man annimmt, dass Fake News die Wahlergebnisse entscheidend verfälschen, warum sollte man diese Ergebnisse dann noch ernst nehmen?", fragt sich Günther. Und wenn jede politische Niederlage nur durch unfaire Propaganda der Gegenseite erklärt werde, warum solle man dann die Legitimität des politischen Gegners noch anerkennen?

Sorge um das Vertrauen in die Demokratie

In Deutschland gibt es bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu ähnlichen Entwicklungen wie in Rumänien oder den USA unter Präsident Trump kommen könnte. Dennoch sorgt sich Günther um die weitere Entwicklung angesichts der Debatte über den vermeintlichen Einfluss von Fake News auch in Deutschland: "Diese Denkweise untergräbt das Vertrauen in demokratische Prozesse und wird zunehmend zu einer Normalität in westlichen Demokratien."

Auch vor diesem Hintergrund kann die der DW vorliegende Einschätzung deutscher Sicherheitskreise hilfreich sein, dass es keine konkrete Gefährdung der Bundestagswahl am 23. Februar gebe. "Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist ein transparentes und öffentlich nachvollziehbares Wahlverfahren. Dadurch werden Manipulationen verhindert und das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine ordnungsgemäße und sichere Wahl gestärkt." 

 

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland