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Kampfeinsatz am Hindukusch

17. Januar 2008

Die Bundeswehr prüft den Einsatz eines Kampfverbandes in Nordafghanistan. Bundestagsabgeordnete von Regierung und Opposition sprechen von einer "neuen Qualität" des deutschen Engagements.

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Ein Feldjäger der Bundeswehr in Kundus (Archivbild), Quelle: dpa
Ein Feldjäger der Bundeswehr in Kundus (Archivbild)Bild: picture-alliance/ dpa
Bundeswehrsoldaten verfolgen die Afghanistan-Debatte im November 2007 im Bundestag, Quelle: AP
Bundeswehrsoldaten verfolgen die Afghanistan-Debatte im November 2007 im BundestagBild: AP

Die Bundeswehr richtet sich auf einen möglichen Einsatz eines zusätzlichen Kampfverbandes in Afghanistan ein. Die NATO berate zur Zeit darüber, welche Nation nach den Norwegern die schnelle Eingreiftruppe Quick Reaction Force (QRF) stellen solle, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Mittwoch (16.1.2008) in Berlin. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, es sei Aufgabe der NATO, eine Entscheidung zu treffen. Diese falle voraussichtlich Ende Januar.

Einsätze außerhalb der Nordregion

"Diese Aufgabe wird im Sommer auf Deutschland zukommen", hatte zuvor der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold in einem Interview erklärt. Er sprach von einer "neuen Qualität" des Einsatzes. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, wies dies zurück. Es sei nicht richtig, dass es sich um eine neue Qualität handele und bisher "nur" Stabilisierungstruppen eingesetzt wurden. Auch jetzt gebe es bereits deutsche "infanteristische Komponenten".

Ein ISAF-Soldat der Bundeswehr in Kundus, Quelle: AP
Ein ISAF-Soldat der Bundeswehr in KundusBild: AP

Es gehe um 240 Soldaten, die verschiedene Fähigkeiten wie den Begleitschutz von Konvois oder Hilfe für befreundete Nationen und Personen stellen sollten, erklärte Raabe weiter. Einsätze außerhalb der Nordregion, in der Deutschland die Führungskraft ist, seien schon jetzt möglich, wenn sie zeitlich begrenzt und unabdingbar seien. Arnold hatte der "Passauer Neuen Presse" gesagt, bisher seien im nordafghanischen Masar-i-Scharif nur "Stabilisierungstruppen", aber keine "Kampfverbände" stationiert. Diese Kampfverbände unterschieden sich durch Ausrüstung, Ausbildung und Auftrag und könnten "auch zur Jagd von Terroristen" eingesetzt werden.

Durch das Mandat gedeckt?

Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hatte im November erklärt, er betrachte "mit Sorge", dass sich Norwegen zurückziehen wolle. Sollte Deutschland einen solchen Verband schicken, stelle sich die Frage, ob dies vom Bundestagsmandat für die Beteiligung an der Internationalen Schutztruppe ISAF gedeckt sei. Denn eine solche Krisenreaktionstruppe habe mit den Wiederaufbauteams nichts zu tun, für die die Bundeswehr im Norden Afghanistans stehe. Minsteriumssprecher Raabe sagte, eine schnelle Eingreiftruppe der Bundeswehr würde "natürlich innerhalb des ISAF-Mandats" eingesetzt.

Der Chef des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, sieht keine Alternative zum Einsatz eines deutschen Kampfverbands im Norden Afghanistans. "Es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Wir haben die Verantwortung für Nordafghanistan, und keiner der Partner hat sich beworben", sagte Gertz der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe). Der geplante Einsatz sei "unverzichtbar". Die Aufgaben der Eingreiftruppe umschrieb Gertz mit der Formulierung "das Feuer löschen, wenn es brennt".

FDP-Fraktionsvize Birgit Homburger betonte, "natürlich" wäre ein QRF-Einsatz eine neue Qualität. Sie wundere sich, dass das Verteidigungsministerium nicht von Kampfeinsätzen sprechen wolle. Die QRF würde für Aktionen gegen Terroristen eingesetzt. Sie halte dies im Rahmen des ISAF-Mandats für machbar, fordere aber Transparenz von der Regierung.

Proteste angekündigt

Demonstration im September in Berlin gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, Quelle: AP
Demonstration im September in Berlin gegen den Bundeswehreinsatz in AfghanistanBild: AP

"Mit dem geplanten Einsatz von Kampfverbänden der Bundeswehr holt die Bundesregierung wider alle Vernunft den Terror ins Land", erklärte der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine. Damit verstricke sich die Bundesregierung "endgültig in den völkerrechtswidrigen Krieg in Afghanistan". Die Entsendung der Tornados habe sich damit als das "entpuppt, was es von Anfang an war: die direkte Vorbereitung der deutschen Kriegsbeteiligung".

Ein Sprecher des "Bundesausschusses Friedensratschlag" kündigte Proteste gegen eine Entsendung an. "Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist gegen diesen Krieg", erklärte Peter Strutynski in Kassel.

Unterdessen verteidigte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer den Einsatz in Afghanistan gegen Kritik aus Washington. Er habe den "größten Respekt" für das Engagement der Bündnispartner im Süden des Landes, sagte er am Mittwoch in Brüssel. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte in einem Interview kritisiert, die Truppen im Süden seien für den Kampf gegen die radikalislamischen Taliban nicht gut genug ausgebildet. Der NATO-Generalsekretär bescheinigte den Alliierten im Süden dagegen eine "exzellente Arbeit". Vor allem Briten, Kanadier und Niederländer sind in Südafghanistan in heftige Kämpfe mit den Taliban verwickelt. Die USA hatten am Dienstag mitgeteilt, mehr als 3000 weitere Soldaten nach Afghanistan zu entsenden. (stu)