Bundeswehr bringt 7000 Flüchtlinge unter
2. August 2015Die Bundeswehr wird Plätze für 7290 Flüchtlinge in Kasernengebäuden und Zelten schaffen. Dies sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der Zeitung "Bild am Sonntag". Sie bezeichnete die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen als "große gesamtgesellschaftliche Aufgabe". Den Angaben zufolge sollen Soldaten ab der kommenden Woche in Hamburg, Brandenburg und Sachsen-Anhalt 141 Zelte mit Holzfußböden und Beleuchtung für 1120 Menschen aufbauen. Zudem würden drei weitere Kasernen mit Platz für 1320 Flüchtlinge geräumt. Acht Militärgebäude mit einer Kapazität von 4850 Schlafplätzen wurden demnach bereits abgegeben. Die Bundeswehr hat bereits 3500 Flüchtlinge in acht Kasernen untergebracht.
In Nordrhein-Westfalen sollen derweil pensionierte Beamte bei der Bearbeitung von Asylanträgen helfen. Wie Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf sagte, haben sich bereits 150 Pensionäre aus dem Bereich des Innenministeriums gemeldet. "Da ist schon eine große Hilfsbereitschaft erkennbar."
Nach den Polizeibeamten würden nun auch ehemalige Lehrer und anschließend weitere Pensionäre angeschrieben, kündigte die Regierungschefin an. Pensionäre können eingesetzt werden, um Neuankömmlinge in Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes zu registrieren. Für die Aufgabe sollen sie bezahlt werden. Derzeit kommen rund 1000 Flüchtlinge täglich nach NRW. Das größte Problem sei der Bearbeitungsstau bei den Anträgen, kritisierte Kraft.
Schnellere Bearbeitung als Hauptherausforderung
Eine schnellere Bearbeitung ist auch aus Sicht der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung die Hauptherausforderung. Deutschland könne die Zahl der Flüchtlinge meistern, sagte Aydan Özoguz. Dafür müsse aber unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schnellere und bessere Strukturen aufbauen - über die bereits bewilligten 1650 Stellen hinaus.
Schwere Auseinandersetzungen
Angesichts zunehmender Übergriffe mutmaßlicher Rechtsextremisten forderte Justizminister Heiko Maas (SPD) am Wochenende einen besseren Schutz der Asylbewerber. Jede Attacke auf ein Flüchtlingsheim sei ein Angriff auf die Gesellschaft und auf die freiheitliche Grundordnung, betont er in einem Gastbeitrag für das "RedaktionsNetzwerk Deutschland". Die Übergriffe auf Flüchtlingsheime haben dem "Spiegel" zufolge deutlich zugenommen. Allein von Jahresbeginn bis zum 6. Juli seien bundesweit 199 Übergriffe gezählt worden, meldete das Magazin unter Berufung auf Angaben des Bundeskriminalamtes.
Flüchtlingshelfer kritisierten unzureichende Zustände in Aufnahmeeinrichtungen, die auch Nährboden für soziale Konflikte seien. In mehreren Flüchtlingsunterkünften kam es am Wochenende zu schweren Auseinandersetzungen. In Bonn schossen Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei nach einem Streit auf einen Mann aus Guinea, der zuvor einen Mitbewohner mit einem Messer attackiert und an Arm und Hand verletzt hatte. Die Situation eskalierte, als der Mann mit zwei Messern bewaffnet auf die Einsatzkräfte zulief. Ein Polizeisprecher sagte, die Beamten hätten zunächst versucht, ihn mit Pfefferspray aufzuhalten, um zu verhindern, dass andere Menschen in Gefahr gerieten. Dann seien mehrere Schüsse abgegeben worden. Der Angreifer sei mehrfach in Arm und Schulter getroffen worden.
In Suhl gerieten bis zu 80 Menschen in der überfüllten Landesaufnahmestelle aneinander. Acht Menschen wurden leicht verletzt, darunter zwei Mitarbeiter des Wachdienstes, berichtete die Polizei in der Nacht zum Sonntag.
"Die Nerven liegen blank"
In Dresden kam es in einem Zeltlager mit rund 1000 Menschen zu einer Massenschlägerei. Dort gerieten am Samstag jeweils etwa 50 Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan aneinander, wie die Polizei berichtete. 80 Beamte trennten die Streitparteien und hielten sie über Stunden auf Abstand. Erst in der Nacht beruhigte sich die Lage.
Das Netzwerk "Dresden für Alle" kritisierte die sächsischen Behörden wegen der Zustände in dem Lager. Die Grundversorgung der Bewohner sei nicht gewährleistet. Viele hätten weiterhin keine Schuhe und vernünftige Kleidung und verwendeten ihr Taschengeld, um sich selbst mit Essen zu versorgen. Auch auf kulturelle Unterschiede werde kaum Rücksicht genommen. "Die Nerven liegen blank, auch weil viele geflüchtete Menschen nicht wissen, was mit ihnen passiert", erklärte ein Sprecher des Netzwerkes.
Der deutsche Schauspieler und Regisseur Til Schweiger kündigte unterdessen an, er wolle in Niedersachsen ein "Vorzeige-Flüchtlingsheim" bauen. "Ich werde mit Freunden zusammen ein Flüchtlingsheim aufbauen", sagte er der "Bild am Sonntag". Anfang 2014 hatten Schweigers Freunde demnach die Rommel-Kaserne in Osterode am Harz gekauft.
stu/hf (afp, dpa)