Bundeswehreinsatz im Irak rechtens?
12. Dezember 2014Im September lieferte die Bundesregierung Waffen an die Kurden im Nordirak, nun schickt sie Militärausbilder hinterher: In Erbil sollen etwa 100 deutsche Soldaten Peschmerga-Kämpfer ausbilden. In seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause will das Kabinett den Einsatz absegnen und dann dem Parlament vorlegen.
"Wir wollen helfen, die Peschmerga im Kampf gegen ISIS zu ertüchtigen und schlagkräftiger werden zu lassen", heißt es im Auswärtigen Amt. Allein, für dieses Ziel liegt weder ein Mandat des UN-Sicherheitsrats vor noch beteiligt sich Deutschland damit an einer Mission der Nato oder der EU. Der Einsatz ordnet sich also auf den ersten Blick nicht in ein "System gegenseitiger kollektiver Sicherheit" ein, wie es das Grundgesetz verlangt. Das ruft Kritiker auf den Plan.
"Bruch der Verfassung"
Zwar sind Auslandseinsätze für die Bundeswehr inzwischen eine Selbstverständlichkeit, aber sie müssen bestimmte verfassungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen. Zweifelsfrei zulässig ist die Beteiligung der Bundeswehr an UN-Friedenseinsätzen wie "UNMISS" im Südsudan oder am KFOR-Einsatz im Kosovo, für den ein Mandat des UN-Sicherheitsrats vorliegt. Auch Nato-Einsätze wie "Resolute Support", die künftige Trainingsmission in Afghanistan, stellen verfassungsrechtlich kein Problem dar. Für den Ausbildungseinsatz im Nordirak treffe keine dieser Kategorien zu, kritisiert Alexander Neu, Verteidigungspolitiker der Linken. Er wittert einen "Verfassungsbruch" für den Fall, dass der Bundestag dem Einsatz zustimmt. Auch die Grünen fordern Aufklärung über die rechtlichen Grundlagen der Mission.
"Kein UN-Mandat nötig"
Die Bundesregierung ihrerseits hält den Einsatz für ausreichend legitimiert: "Der Irak hat sich schon vor längerer Zeit an alle Mitglieder der Vereinten Nationen gewandt, also auch an Deutschland, um um eine umfassende Hilfe im Kampf gegen ISIS zu bitten", argumentiert Martin Schäfer, Sprecher des Auswärtigen Amts. Das Hilfsgesuch des Iraks an die internationale Gemeinschaft, dem insgesamt 60 Staaten nachgekommen seien, reiche als "Eingriffsgrundlage". Ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats sei daher "völkerrechtlich bedeutungslos", so der Sprecher des Auswärtigen Amts.
Völkerrechtlich vielleicht, kontert Alexander Neu, aber nicht verfassungsrechtlich. Eine "Koalition der Willigen" ad hoc zum System kollektiver Sicherheit zu erklären, hält der Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss für "abenteuerlich". Damit verbiege die Regierung das Grundgesetz. Das sieht Bundeswehr-Einsätze im Rahmen eines losen Staatenbundes oder auf Verlangen einer einzelnen Regierung in der Tat nicht vor.
"Vom Grundgesetz gedeckt"
Doch die Bundesregierung wischt diese Bedenken vom Tisch. Schließlich hätten sich noch andere Länder zu Ausbildung der kurdischen Peschmerga bereit erklärt, darunter die Niederlande und Italien. Außerdem habe der UN-Sicherheitsrat alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aufgefordert, sich am Kampf gegen den "Islamischen Staat" zu beteiligen. Damit sei der Einsatz vom Grundgesetz gedeckt, meint Hans-Peter Bartels (SPD), der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.
Das Parlament wird voraussichtlich Mitte Januar über das Mandat debattieren. Obwohl eine reine Ausbildungsmission nicht zwingend dem Bundestag vorgelegt werden muss, hat sich die Regierung zu diesem Schritt entschlossen. Gerade bei einem so heiklen Einsatz legt sie, trotz aller Kontroversen, Wert auf parlamentarische Unterstützung.