Hoffnung auf den Wandel
10. August 2015Prosper Simporé stapft durch tiefe Pfützen. Besonders auf der Treppe zum ersten Stock muss er aufpassen, damit er nicht ausrutscht. In Burkina Faso ist gerade Regenzeit. Überall dringt Regen in die Ruine, die Simporé bewacht. Trotzdem will er unbedingt nach oben und den Besuchern das unglaubliche Schwimmbecken des ehemaligen Wohnhauses von Francois Compaoré zeigen. Francois Compaoré war bis zur Revolution einer der reichsten Menschen des Landes und Wirtschaftsberater des ehemaligen Präsidenten Blaise Compaoré und ebenso sein jüngerer Bruder. Ende Oktober 2014 wurde Präsident Compaoré nach Protesten und einem anschließenden Staatsstreich aus seinem Amt verjagt und damit in Burkina Faso die friedliche Revolution eingeleitet.
Eine Erinnerung daran ist das protzige Wohnhaus von Francois Compaoré, vor dem es sogar eine klimatisierte Hundehütte gab. Heute bewachen Simporé und seine Freunde das, was von dem Gebäude noch übrig ist. Hier verkaufen sie auch Fotos und DVDs, die die jahrzehntelange Herrschaft dokumentieren. Dass die bevorstehenden Wahlen am 11. Oktober einen neuen Langzeit-Präsidenten und eine Rückkehr der Alten Herrscherriege hervor bringen, davon geht Prosper Simporé nicht mehr aus: "Selbst wenn sie wollten, würden sie nicht zurück kehren. Ihre Zeit ist vorbei."
Dem Volk vertrauen
Generell ausgeschlossen werden darf die alte Garde von den anstehenden Wahlen aber nicht. So will es nun ein Beschluss des Gerichtshofes der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, die das neue Wahlgesetz von Burkina Faso kürzlich für ungültig erklärt hatte. Die Entscheidung hatte im Land für viel Diskussionsstoff gesorgt. "Man sollte alle bei der Wahl zulassen", stellt sich Adama Ouédraogo Damiss, Leiter der Politikredaktion der Zeitung L'Observateur Paalga, auf die Seite der ECOWAS. Die alten Politiker um den Langzeit-Herrscher hätten ohnehin keine Chancen: "Man muss dem Volk vertrauen. Das hat schließlich Blaise Compaoré verjagt."
Genau zwei Monate vor der Wahl sehen aber längst nicht alle Burkinabé dem Ereignis so gelassen entgegen. Derzeit wollen mindestens elf Kandidaten zur Präsidentschaftswahl antreten, weshalb eine Stichwahl als wahrscheinlich gilt. Die könnte Burkina Faso vor neue Schwierigkeiten stellen, befürchtet Aly Sanou. Er ist Generalsekretär der burkinischen Bewegung für Menschen- und Volksrechte (Mouvement burkinabé des droits de l'homme et des peuples, MBDHP): "Heute könnte ich nicht dafür garantieren, dass alle Akteure eine Niederlage auch akzeptieren würden." Er sieht deshalb die Zivilgesellschaft in der Pflicht: "Sie muss sagen: Stabilität und Frieden sind das wichtigste für das Land."
Kein Programm zur wirtschaftlichen Entwicklung
Doch die besten politischen Ideen helfen nicht, wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessert. Burkina Faso gilt seit Jahrzehnten als eines der ärmsten Länder der Welt. Das wird sich auch nach den Wahlen nicht unbedingt ändern, kritisiert Menschenrechtler Sanou: "Keine der politischen Parteien, die bei diesen Wahlen antreten, hat ein Programm, das sich mit der Unterentwicklung unseres Landes befasst." Skeptisch fasst er deshalb zusammen: "Von der Wahl erwarte ich keine Wunder."
Bekannt ist Burkina Faso aber auch für die Staatsstreiche. 1983 kam Thomas Sankara, der heute von der jungen Generation verehrt wird, durch einen Putsch an die Macht. Drei Jahre später wurde dieser von seinem einstigen Weggefährten Blaise Compaoré gestürzt. Bis heute gilt die Präsidentengarde als eine mächtige Einheit innerhalb des Militärs. Vergangenen Monat versuchte diese beispielsweise, den Premierminister der Übergangsregierung, Isaac Zida, zum Rücktritt zu zwingen, was letztendlich aber nicht gelang.
Stolz auf die friedliche Revolution
Die Gefahr eines erneuten Putsches sieht Journalist Adama Ouédraogo Damiss aber nicht. Das liege auch daran, dass die Revolution im Oktober 2014 so friedlich verlaufen sei. Dass das Militär nun mit aller Gewalt die Macht an sich reißt, hält er deshalb für unwahrscheinlich.
Mit der Bürger-Revolution hat Burkina Faso tatsächlich weltweit für Schlagzeilen gesorgt. In den Compaoré-Ruinen ist auch Prosper Simporé noch immer stolz darauf. Trotzdem fordert er, dass auch die Zeit vor dem Wandel nicht vergessen werden dürfe. Ideen dafür gibt es genug. Simporé und seine Mitstreiter wollen deshalb die Ruine in ein Museum umwandeln: "Wir haben schon Premierminister Isaac Zida um eine Audienz gebeten, aber noch keine Antwort erhalten. Aber wir glauben daran und hoffen darauf."