Burundis Kirche zum Schweigen verdammt?
14. August 2015Es ist eine angespannte Situation, aus der heraus sich der burundische Bischof zu Wort meldet. "Der Dialog ist das einzige Mittel, das die verfeindeten Lager in Burundi zusammenführen und die Politiker zur Vernunft bewegen kann", sagte Simon Ntamwana, Erzbischof der zentralburundischen Diözese Gitega, am Dienstag bei einem Deutschlandbesuch. Doch von Dialog ist in dem ostafrikanischen Land wenig zu spüren. Seit Präsident Pierre Nkurunziza bei umstrittenen Wahlen das verfassungswidrige dritte Mandat für sich reklamiert hat, hat sich die Lage weiter angespannt. Noch am Mittwochabend wurden in der burundischen Hauptstadt Bujumbura drei Menschen getötet, unter ihnen ein pensionierter UN-Mitarbeiter und ein Mann, der kurz zuvor eine Petition gegen Nkurunziza unterzeichnet hatte.
Damit scheint sich eine Befürchtung vieler Burundier zu bestätigen: Nach dem Mord am Nkurunziza-treuen General Adolphe Nshimirimana Anfang August leben Regimekritiker und Menschenrechtsaktivisten gefährlich. Die katholische Kirche hatte sich schon früh offen gegen die Pläne des Präsidenten gewandt. Einen Monat, nachdem Nkurunziza Ende April seine Kandidatur bekannt gab und damit eine Welle heftiger Proteste auslöste, erklärte die Bischofskonferenz von Burundi, dass faire Wahlen unter diesen Umständen nicht möglich seien. Die Bischöfe empfahlen, alle katholischen Priester sollten sich aus der Wahlkommission zurückziehen, erklärte der Vorsitzende der Konferenz, Bischof Gervais Banshimiyubusa.
Kirchenführung in Ungnade
Für das Lager um den Präsidenten kam das einer Kriegserklärung gleich. Die Bischöfe seien nicht die katholische Kirche, sagte Willy Nyamitwe, der Sprecher des Präsidenten, am 21. Juli, dem Tag der Präsidentschaftswahl, im DW-Gespräch. "Die katholische Kirche hat sich nicht von den Wahlen zurückgezogen. Burundi ist in der Mehrheit katholisch. Wir haben eine hohe Wahlbeteiligung. Das zeigt, dass Katholiken wählen gegangen sind." Er sprach von einem "Bruch zwischen den Bischöfen und der Bevölkerung": "Granaten werden auf unschuldige Bürger geworfen. Haben Sie die Bischöfe das verurteilen sehen? Sie sind Komplizen. Diese Menschen können keine moralischen Vorbilder sein."
Seitdem herrscht weitgehend Funkstille. Die Kirche traue sich nicht mehr, den Mund aufzumachen, sagen Beobachter - und verweisen auf das Schicksal des Erzbischofs von Bujumbura, Evariste Ngoyagoye. Der war am 31. Mai - Tage, nachdem die katholische Kirche ihre Erklärung abgegeben hatte - nur knapp einem Mordanschlag entgangen.
Einer, der nah dran ist und doch nicht direkt in der Schusslinie steht, ist Bruder Emmanuel Ntakarutimana. Der Dominikaner koordiniert das Ubuntu-Zentrum, ein Institut für Frieden und Versöhnung. Bis zum Ende seines Mandats am 7. Juni war er zudem Vorsitzender der nationalen Kommission für Menschenrechte (CNIDH). Auf die Anschuldigungen des Präsidentensprechers müsse die Bischofskonferenz nicht reagieren, sagte er der DW. Sie seien nicht fundiert. Zudem richte sich die Position der Kirche nicht gegen die Person des Präsidenten. "Es ist eine Frage des Prinzips", so Ntkarutimana. Die Kirche habe ihren Prinzipien der Menschenwürde, des Gemeinwohls, des Respekts für die Wahrheit treu bleiben wollen. "Es fiel auf, dass die Regierung sich in eine Richtung bewegt hatte, die mit dieser Vision nicht vereinbar war."
Zweifel am Wahlergebnis
Für Kirchenmenschen wie Bruder Emmanuel Ntakarutimana und Bischof Simon Ntamwana steht Nkurunziza nach dem Wahlsieg nicht als Sieger dar - und das, obwohl Burundis Verfassungsgericht dessen Kandidatur für rechtmäßig erklärt hatte. "Die Wahl war vielleicht legal", sagte der Bischof, "legitim war sie nicht." Man müsse die Umstände der Wahl mit einberechnen, sagte Ntakarutimana im DW-Interview: Es habe keine unabhängigen Beobachter und keine unabhängige Berichterstattung gegeben.
Am Ende ist es doch auch die Person Nkurunzizas, die den Konflikt beflügelt - oder genauer: seine Religion und der Umgang damit. Er gehört nämlich nicht zur katholischen Mehrheit im Land, sondern bezeichnet sich als "wiedergeborener Christ" - und verbindet dies mit einem Politikstil, der Ntakarutimana nicht behagt. "Wir haben es mit einem Regime von Leuten zu tun, die sehr religiös sind und Verbindungen zwischen Religion und Politik herstellen", sagt er und nennt das einen "politischen Messianismus": Die Wahlen und die Führer des Landes seien demnach von Gott gegeben. Das sei aber nicht mit den Grundsätzen der Demokratie nicht vereinbar.
Dialog ist der einzige Weg
Die Kirche sieht der Dominikaner als eine Instanz, die kritisch auf das politische Geschehen eingehen müsse. Das habe sie in der Geschichte immer wieder getan, sagt er mit Verweis auf das Arusha-Friedensabkommen. Kirchenvertreter hatten wesentlich zum Zustandekommen beigetragen. Das Abkommen hatte im Jahr 2000 das Ende des jahrelangen Bürgerkriegs eingeläutet und bot auch die Grundlage für die Verfassung von 2005. Zu dieser Haltung des Dialogs müssten nicht nur die Kirche, sondern alle Seiten des Konflikts zurückfinden. "Der Dialog ist unumgänglich", sagt Ntakarutimana, "und je länger wir ihn herauszögern, desto mehr rennen wir ins Verderben."
Mitarbeit: Carole Assignon