Bush mobilisiert Auslandsdemokraten
13. Februar 2004Ron Schlundt hat viel zu tun. Der Vorsitzende von "Democrats Abroad Germany", dem deutschen Ableger der internationalen Organisation der Demokratischen Partei, war Anfang Februar hauptsächlich mit Listen anlegen und Stimmen zählen beschäftigt. Denn am Sonntag (8.2.2004) fanden nicht nur im US-Bundesstaat Maine Vorwahlen statt, sondern auch in Berlin, Frankfurt am Main und Kaiserslautern. Zwei Tage zuvor hatten Anhänger der Demokraten schon in Heidelberg und Göttingen ihren Favoriten bestimmt. Den Schlusspunkt in den nach dem Modell der Vorwahlen in Iowa ablaufenden regionalen Wahlprozesses bildete am Montag (9.2.2004) der so genannte Caucus in München. Ende Februar findet der Deutschland-Caucus, im März in Edinburgh der internationale Caucus statt.
Mit ihrem Abstimmungsergebnis liegen die "deutschen Demokraten" voll im Trend der Partei. John Kerry ist der deutliche Sieger der regionalen Caucuses in Deutschland, auf Platz Zwei landete Howard Dean. Während die meisten Vorwahlen in den USA in öffentlichen Gebäuden oder Schulen abgehalten werden, findet beispielsweise der Caucus in Kaiserslautern in der Wohnung von Schlundt statt. Schließlich ist die potentielle Wählerschaft viel kleiner als in den USA und besteht zu einem Großteil aus US-Militärangehörigen und Geschäftsleuten. "Zu mir nach Hause kamen etwa 30 bis 40 Leute zur Wahl", sagt Schlundt und fügt lachend hinzu: "Das geht also noch ganz gut."
Keine Briefwahl
Mehr Andrang herrschte in Heidelberg und Berlin, den vor Kaiserslautern größten Bezirken der "deutschen Demokraten". In der Hauptstadt wurde der Caucus standesgemäß in einem American Diner abgehalten, in Heidelberg in einem Restaurant. Rund 200 Wähler von rund 1500 US-Demokraten in Deutschland gaben bei den Vorwahlen insgesamt ihre Stimme ab. "Man kann bei dem Caucus keine Briefwahl machen, deswegen müssen alle Wähler vor Ort ihre Stimme abgeben, auch wenn sie in Leipzig oder Köln wohnen", erklärt Schlundt die vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung.
"Die Beteiligung ist zehn Mal höher als bei den letzten Wahlen", erläutert der Demokraten-Chef, der, wenn er nicht gerade Caucuses organisiert, Geschichtsprofessor an einer amerikanischen Universität in Deutschland ist. Als Grund für die gestiegene Wahlbeteiligung verweist er auf Präsident George W. Bush: "Viele Demokraten sind so gegen Bush eingestellt, dass man sie gar nicht mobilisieren muss."
Irak-Krieg dominierendes Thema
Das gilt nicht nur für Deutschland, auch in vielen der rund 40 anderen Länder, in denen in den vergangenen Tagen Vorwahlen abgehalten wurden, war der Andrang größer als erwartet. "Der Irak-Krieg war wahrscheinlich das wichtigste Thema für unsere Mitglieder", betont Schlundt. "Die Mehrheit war gegen den Krieg, deshalb war Dean lange Zeit so populär." Doch nicht nur die internationale Politik steht bei den Auslandsdemokraten ganz oben auf der Tagesordnung. Auch Alltagsprobleme im Ausland haben große Bedeutung. "Wir können in Deutschland keine Renten- oder Krankenkassenleistungen und Arbeitslosenunterstützung aus den USA erhalten", sagt Schlundt und ergänzt: "Aber das ist sehr schwer zu verändern."
Zwar sind die "Democrats Abroad" eine kleine Organisation, dennoch finden sie in der Partei Gehör: "Wir konnten in Washington mit fast allen Kandidaten sprechen, hatten mehrere Conference Calls (Telefonkonferenzen) mit ihnen und Howard Dean war Gast bei unserem offiziellen Abendessen", erläutert Schlundt. Auch auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten im Juli 2004 in Boston haben die Auslandsdemokraten Stimmrecht und werden wie eine US-Bundesstaaten-Delegation geführt. Mit ihren neun Stimmen spielen sie bei der Entscheidung über den Kandidaten im Vergleich zu großen Staaten wie etwa Kalifornien (370 Stimmen) keine Rolle. Aber immerhin haben sie größeren Einfluss als die so genannten US-Territories Virgin Islands (4) und American Samoa (6).
Keine erneute Wahlschlappe durch Auslandsstimmen
Der Hauptgrund für die offenen Türen der "Democrats Abroad" in Washington dürfte jedoch vier Jahre zurück liegen. Den hauchdünnen Vorsprung mit dem Bush schließlich die Präsidentschaftswahl gewann, hatte er den Auslandswählern zu verdanken. Rund sieben Millionen Amerikaner leben außerhalb der USA – deutlich mehr als in kleineren Staaten wie Maine, Nebraska oder Nevada. "Das sind alles mögliche Wähler, die wichtig sein könnten, wenn es eine knappe Wahl gibt", sagt Schlundt. Und möglichst viele Auslandswähler im November für die Demokraten zu gewinnen, dass erhofft sich die Demokratische Partei von ihrer Auslandsorganisation.