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Bündnis für den Standort Deutschland

Marcel Fürstenau25. November 2014

Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften wollen an einem Strang ziehen, um Arbeitsplätze zu retten. Zum Auftakt der Initiative "Zukunft der Industrie" herrscht demonstrative Einigkeit. Das dürfte sich bald ändern.

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Eine moderne Produktionsstätte aus glitzernden stählernen Rohren und Schornsteinen symbolisiert den Industriestandort Deutschland.
Bild: Fotolia/mmmx

Drei Männer, ein Ziel: den Industriestandort Deutschland "wetterfest" machen. So drückt es Ulrich Grillo, der frisch im Amt bestätigte Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) aus. Der Satz fällt am Dienstag in Berlin auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und IG Metall-Chef Detlef Wetzel. Das Trio ist sich in der Analyse einig: Arbeitsplätze im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe seien ein "Juwel" (Gabriel) und ihr Erhalt eine "Schicksalsfrage" (Wetzel) für den Standort Deutschland insgesamt.

Auch in einem anderen Punkt besteht Konsens: Investitionen seien nötig. Mindestens 80, besser 100 Milliarden Euro müssten ausgegeben werden, um marode Straßen und Brücken zu sanieren oder das Schienen- und Glasfasernetz zu modernisieren. Bei so viel Konsens ist es am Ende Aufgabe der Hauptstadt-Journalisten, die Knackpunkte anzusprechen. Wie steht es etwa um den Streit beim Thema Braunkohle? Die Kraftwerkbetreiber sollen nach Willen des Wirtschaftsministers ihren klimaschädlichen CO²-Ausstoß bis 2020 von aktuell 341 Millionen Tonnen um 22 Millionen reduzieren. Wie sie das machen, will Gabriel den Betroffenen überlassen.

Ungelöste Probleme: Braunkohle und Frauenquote

BDI-Chef Grillo warnt derweil davor, Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen. Das bringe nichts und gefährde die Energiesicherheit. Grillos Skepsis und Gabriels Zuversicht passen in diesem Moment nicht zusammen. Dennoch betonen beide, es bestehe kein Dissens zwischen ihnen. Auch bei der Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen gehen die Einschätzungen nach wie vor auseinander. Der Wirtschaftsminister rechnet fest mit einer Einigung am Kabinettstisch, der Industrieboss hält nichts von einer gesetzlich fixierten Mindestquote in Höhe von 30 Prozent.

"Zukunft der Industrie" heißt das gemeinsame Bündnis von Wirtschaftsminister Gabriel (M.), IG Metall-Chef Wetzel (l.) und BDI-Chef Grillo (r.)
Gemeinsam sind wir stark: Wirtschaftsminister Gabriel (M.) zwischen IG Metall-Boss Wetzel (l.) und BDI-Chef Grillo (r.)Bild: REUTERS/H. Hanschke

Trotz des offenkundigen Widerspruchs in Detailfragen wollen sich Grillo und Gabriel spürbar den Blick für das große Ganze bewahren. Als eine Art Vermittler fungiert dabei anscheinend der mit am Tisch sitzende IG Metall-Vorsitzende. Von ihm sei vor einiger Zeit auch die Initiative für das Bündnis "Zukunft der Industrie" ausgegangen. Detlef Wetzel vertritt seine Rolle selbstbewusst. Rund 3,7 Millionen Arbeitsplätze gebe es in der Metall- und Elektroindustrie. Die industriellen Wertschöpfungsketten müssten erhalten werden. Und Wetzel wäre ein schlechter Gewerkschaftsfunktionär, wenn er in diesem Zusammenhang nicht von der notwendigen guten Bezahlung der Fachkräfte sprechen würde. "Es geht um besser, nicht billiger."

Sozialpartnerschaft und Strukturwandel

Drei einflussreiche Männer haben den Grundstein für ein Industriebündnis gelegt, an dem sich theoretisch alle beteiligen können. Es sei kein "closed shop", meint Wirtschaftsminister Gabriel, der mehrmals das Wort "Sozialpartnerschaft" in den Mund nimmt. IG Metall-Chef Wetzel ist es wichtig, den Bündnis-Charakter der Initiative zu unterstreichen. Es sei keine "Ersatzregierung". BDI-Präsident Grillo gibt sich "absolut optimistisch", das gemeinsam formulierte Ziel erreichen zu können. "Wir wollen den Strukturwandel mitgestalten." Dafür seien im Konkurrenzkampf mit den USA und Asien "gute, zielführende Rahmenbedingungen" nötig. Die sollen nun in vier Arbeitsgruppen erarbeitet werden und nach Gabriels Vorstellungen in "Pflichtenhefte" münden. Spätestens nach einem Jahr würde man sich an die Überprüfung machen, fügt der Sozialdemokrat hinzu. Schließlich führe man keine "unverbindlichen Gespräche".