Cameron sagt der EU den Kampf an
1. Oktober 2014Wenn David Cameron derzeit in Richtung EU spricht, gilt die Botschaft vor allem den Wählern im eigenen Land. Denn im kommenden Mai sind Parlamentswahlen in Großbritannien und Camerons konservative Tory-Partei befürchtet, viele Wählerstimmen an die Euroskeptiker der United Kingdom Independence Party (UKIP) zu verlieren. Die Partei des Rechtspopulisten Nigel Farage hatte bei der Europawahl im vergangenen Mai in Großbritannien am besten abgeschnitten.
Angst vor Zuwanderung aus Europa
Und so schickte Cameron auf dem Parteitag eine harsche Drohung nach Brüssel und süße Versprechen an die Wählerschaft. Sollten ihn die Briten am 7. Mai wiederwählen, werde er Befugnisse aus Brüssel nach London zurückzuholen, insbesondere beim Thema Reise- und Niederlassungsfreiheit für Arbeitnehmer in der EU. Er werde dafür sorgen, dass die die Regeln geändert würden, um die Einwanderung nach Großbritannien aus anderen Mitgliedstaaten zu begrenzen, so Cameron. "Ich werde bekommen, was Großbritannien braucht", sagte er vor den Delegierten in Birmingham. Das Zurückschrauben der Migration aus anderen EU-Staaten werde Kern seiner Verhandlungen mit Brüssel sein.
Außerdem bekräftigt Cameron, dass er im Falle einer Wiederwahl für 2017 ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU abhalten lassen werde. Cameron hatte bereits im Vorfeld des Parteitags erklärt, er werde den Wählern ein "Ja" nur dann empfehlen, wenn er genügend Befugnisse zurück nach Großbritannien bringen könne.
Die Panik der Tories vor der UKIP
Der amtierende Premier lockte auch mit einer Reihe von Steuerversprechen für Arbeiter und die Mittelschicht. So will er im Falle eines Wahlsieges den Steuerfreibetrag um 2000 Pfund anheben. Damit müssten eine Million Arbeiter keine Abgaben mehr entrichten, sagte der Regierungschef. Außerdem solle der Spitzensteuersatz von 40 Prozent erst ab einem Einkommen von 50.000 Pfund anfallen statt wie bisher ab knapp 42.000 Pfund.
Die starke Abwanderung von Tory-Wählern zur UKIP bei der Europawahl im vergangenen Mai setzt den Premier unter Druck. Viele Abgeordnete seiner Tory-Partei fürchten um ihre Wiederwahl. Erste Stimmen werden laut, vielleicht den Rechtspopulisten eine Koalitionsrolle anzubieten und Farage zum Vizepremier zu machen. Dass zwei Tory-Abgeordnet kurz vor dem Parteitag zur UKIP wechselten, schürt solche Forderungen.
Die Angst Camerons und seiner Leute ist nicht unbegründet. Das britische Mehrheitswahlsystem, das nur Wahlkreisabgeordnete und keine Parteilisten kennt, könnte bei der nächsten Wahl eine Situation hervorbringen, die keine klare Mehrheit zulässt. Eine Aufspaltung des rechtskonservativen Lagers würde am ehesten der oppositionellen Labour-Partei nützen. Und die liegt in Umfragen eh schon vorne.
cw/wl (dpa, rtr)