Cannes: Sexismus in der Filmbranche
14. August 2014Schreiende Fans am Roten Teppich und Gala-Empfänge. Blitzlichtgewitter und die wartende Weltpresse. Stars und Sternchen - die Welt des Films fasziniert und lockt die Massen an. Viele junge Menschen träumen vom Beruf des Filmregisseurs. Die Fans und den Roten Teppich: Das hat die Nachwuchsregisseurin Isabell Šuba jetzt zum Thema ihres Spielfilmdebüts gemacht.
Mit dem Kurzfilm beim Festival in Cannes
"Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste" hat Šuba ihren Film genannt, der die Filmbranche und ihre Geschlechterordnung unter die Lupe nimmt. Gedreht hat sie ihn im vergangenen Jahr mitten im Trubel des Festivals von Cannes. Šuba war eingeladen worden, dort einen Kurzfilm zu präsentieren. Doch die junge Regisseurin wollte mehr. Sie nutzte die Chance und drehte mit zwei befreundeten Schauspielern gleich einen ganzen Spielfilm, mit wenig Geld, viel Improvisation und sehr viel Enthusiasmus.
Der Film erzählt von den Schwierigkeiten, sich im hart umkämpften Film-Business zu behaupten. Der originelle Titel spielt auf das Ungleichgewicht in einer von Männern beherrschten Filmwelt an, in der selten Frauen auf dem Regiestuhl sitzen. Die Erkenntnis, dass 2012 im Wettbewerb von Cannes keine einzige Frau vertreten war, war für Šuba bitterer Anlass, aktiv zu werden. Sie überließ ihre Festivalakkreditierung der Schauspielerin Anne Haug, die unter ihrem Namen in Cannes auftauchte. Die Rolle ihres Produzenten spielt Matthias Weidenhöfer. Die beiden geraten in den Strudel des Festivals und lernen auch die Schattenseiten des Promiauflaufs kennen. Herausgekommen ist ein unterhaltsamer und erhellender Einblick in das Filmemachen und ein mutig improvisierter Experimentalfilm. Zwar nicht in Cannes, aber immerhin auf dem Max Ophüls-Festival in Saabrücken präsentierte sie Anfang des Jahres erstmals ihr Debüt. Sie fand einen Verleih und jetzt kommt "Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste" ins Kino.
Schöner Job - aber auch viel Stress
Ihr Film "Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste" wurde komplett von der Regisseurin und ihren Schauspielern finanziert. Die Postproduktion entstand nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Aktion im Internet. "Insgesamt ist das ein total schöner Job", sagt die junge Regisseurin im DW-Interview, schränkt aber gleich ein: "Was ich irgendwann als unglaubliche Belastung empfunden habe, und was mich viel Kraft gekostet hat, war die Regie und den Schnitt zu machen, Entscheidungen zu treffen und dann nebenbei noch den Überblick zu haben: Was ist das beste für das Team und für den Film?"
Šuba schwankt zwischen Enthusiasmus und Skepsis. Das nächste Mal werde sie nicht alles in Personalunion machen, sich einen erfahrenen Produzenten mit ins Boot holen. Genervt ist sie auch vom großen Erwartungsdruck: "Zeigen sie mir jemanden, der nicht gestresst ist". Alle seien wahnsinnig "geburnoutet". Das könne doch nicht sein, erregt sie sich: "Der Rausch der Traumfabrik, das angeblich Allergrößte und Schönste - wo ist das?" Viele Leute seien total unglücklich damit. "Jeder Schuster, den ich treffe, ist glücklicher!", meint sie.
Gesättigter Markt
Da mag ein Schuss Koketterie mitschwingen. Doch auch Šuba weiß, dass jetzt die Schwierigkeiten erst anfangen, nach dem ersten Film. Knapp zehn Filmhochschulen und vergleichbare Ausbildungsstätten gibt es in Deutschland. Jedes Jahr verlassen dutzende Absolventen diese Talentschmieden. Da sei inzwischen ein großes Überangebot vorhanden - in diesem Punkt sind sich fast alle Experten alle einig.
Isabell Šuba träumt von einem neuen, einem revolutionären Modell des Filmemachens. "Ich würde am liebsten 25 Superkreative in einen Raum packen und einen Spielraum aufmachen." Man darf gespannt sein auf den nächsten Karriereschritt der jungem Isabell Šuba.