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Ceta-Urteil ist Demokratie-Unterricht

Andreas Rostek-Buetti
13. Oktober 2016

Die Karlsruher Richter nehmen die deutschen Abgeordneten in die Pflicht und machen deutlich, warum die Kritiker von CETA und TTIP in wichtigen Fragen Recht haben, meint Andreas Rostek.

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CETA Kanada EU Handelsabkommen
Bild: picture-alliance/dpa/K.Ohlenschläger

Es wirkt mittlerweile wie ein Muster. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts übernehmen Fragen, die für die Republik wie für Europa von zentraler Bedeutung sind, sie gewichten und bewerten und beurteilen sie - und geben sie an den Bundestag zurück. Mit einem Aufgabenzettel versehen. Das wirkt, als hätten Volksvertreter und Regierung ihre Arbeit nicht richtig getan. Und das ist wohl so.

Es wirkt - wenn es wie öfter um Fragen von europäischem Belang geht - auch etwas anmaßend. Denn warum eigentlich sollten Gerichte und Parlamente in anderen  europäischen Ländern sich abhängig machen von einem deutschen Gericht in Karlsruhe, und sei es auch das Bundesverfassungsgericht? Vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ganz zu schweigen. Das ist eine Frage, bei der es um die Einschätzung deutscher Machtansprüche in Europa durch Deutschlands Nachbarn geht. Es ist also eine gewichtige Frage.

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Andreas Rostek-Buetti, DW Wirtschaftsredaktion

Mahnung an die Parlamente

Es geht bei den Entscheidungen des hohen deutschen Gerichts aber immer auch um Fragen der Demokratie, das heißt, es geht um die Wurscht. Denn regelmäßig versuchen die Karlsruher Richter in ihren Europa-Entscheidungen die Gestaltungsmacht der Abgeordneten des Bundestags zu stärken. Dass darin die Einschätzung erkennbar wird, die Abgeordneten der Länder-Parlamente seien für die demokratische Willensbildung in Europa wichtiger als die EU-Abgeordneten mit ihren eingeschränkten Kompetenzen, lässt sich nicht übersehen.

Dass darin kaum verhohlen Kritik an den Volksvertretern der Nationalstaaten anklingt, auch das ist nicht zu übersehen: Die könnten ja auch von sich aus dafür sorgen, dass das, was die EU so aushandelt und treibt, strengerer Kontrolle unterliegt. Damit sind wir - bei Ceta, wie beim EZB-Urteil - bei zentralen Gründen für die Europa-Skepsis und Politikferne vieler potentiell demokratischer Wähler. Die juristische verpackte Ansage aus Karlsruhe klingt wie die Ermahnung an die Parlamente: Macht Euren Job! Und macht ihn besser!

Ein Beleg: Die vom Gericht jetzt in Sachen Ceta aufgespießte Sondergerichtsbarkeit für internationale Unternehmen ist mehr als ein Ärgernis. Sie ist eine Gefährdung von Rechtssicherheit und Rechtsempfinden für normale Bürger. Auch wenn es den Investitionsinteressen der internationalen Konzerne im transatlantischen Geschäft entsprechen mag.

Diese Frage ist auch längst zum entscheidenden Stolperstein für das Ceta-Pendant TTIP geworden, das entsprechende Abkommen zwischen EU und USA also. Das hat auch Ceta-Freund Gabriel schon für tot erklärt. Und wenn man die mahnenden Anmerkungen der Bundesverfassungsrichter zu Ceta hört, dann ist das auch gut so.