Chaos in Chisinau
10. Juni 2019In der Republik Moldau hat der vom Verfassungsgericht zum Übergangspräsidenten ernannte Pavel Filip das Parlament für aufgelöst erklärt und vorgezogene Neuwahlen ausgerufen. Filip, der bisherige Regierungschef von der "Demokratischen Partei" (PDM) des Oligarchen Vladimir Plahotniuc, unterzeichnete einen Erlass, der den Wahltermin auf den 6. September festlegt.
Die Entmachtung des bisherigen Präsidenten Igor Dodon ("Partei der Sozialisten", PSRM) erfolgte, nachdem dieser sich geweigert hatte, selbst einen Erlass zur Auflösung des Parlaments zu unterzeichnen. Diesen Schritt hatte am Freitag das Verfassungsgericht angeordnet. Zuvor war es dem Parlament in Chisinau innerhalb einer festgelegten Frist - nämlich bis Freitag - nicht gelungen, sich auf eine neue Regierung zu verständigen.
Bei der Wahl im Februar hatte keine Partei eine klare Mehrheit erringen können - die Sozialisten lagen jedoch mit gut 31 Prozent vor dem proeuropäischen Parteienblock ACUM (knapp 27) und der PDM (knapp 24).
Ein "Staatsstreich"!?
Um den politischen Stillstand zu beenden, kam das Parlament unmittelbar nach Fristablauf am Samstag doch noch zusammen und wählte Maia Sandu (ACUM) zur neuen Regierungschefin - in Abwesenheit der PDM-Abgeordneten. Der prorussische Dodon vereidigte sie und ihr Kabinett. Ein Regierungsbündnis aus Dodons Sozialisten und ACUM ist eine Premiere in Moldau.
Plahotniucs Demokraten erkannten jedoch die Legitimität des Parlaments und der Regierung nicht an. "Wir haben einen Staatsstreich von Igor Dodon erlebt. Er ist kein legitimer Präsident mehr", sagte der Oligarch bei einer Kundgebung.
Säulen und Schlüssel
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der für Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn erklärten gemeinsam, der Dialog zwischen den demokratisch gewählten Vertretern müsse der "Schlüssel bleiben, um einen Weg aus der derzeitigen politischen Krise zu finden". Die EU sei bereit, mit einer demokratisch legitimierten Regierung weiter zusammenzuarbeiten. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie müssten die "Säulen unserer Beziehungen bleiben". Moldau mit seinen rund 3,3 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder Europas.
wa/pgr (dpa, afp)