Charles nun gekrönter Monarch des Vereinigten Königreiches
6. Mai 2023Das Königspaar trat auf den Balkon des Schlosses und winkte den wartenden und jubelnden Menschen zu. Ebenfalls auf dem Balkon vertreten waren weitere Vertreter der Königsfamilie, darunter Kronprinz William mit seiner Frau Kate und den drei Kindern des Paares, George, Charlotte und Louis.
Zuvor war Charles III. rund acht Monate nach seiner Thronbesteigung in der Westminster Abbey zum britischen König gekrönt worden. Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, setzte dem 74 Jahre alten Monarchen bei der Zeremonie in der Londoner Westminster Abbey die Edwardskrone auf den Kopf.
Anschließend schwor der britische Thronfolger Prinz William seinem Vater die Treue: "Ich, William, Prince of Wales, gelobe euch meine Gefolgschaft, als euer Lehnsmann auf Leib und Leben werde ich euch Treue und Wahrhaftigkeit entgegenbringen, so wahr mir Gott helfe", sagte der 40-Jährige, während er vor Charles kniete.
Zuletzt wurde Camilla zur britischen Königin gekrönt. Erzbischof Welby setzte ihr die Krone von Queen Mary auf.
Vertretern nicht-christlicher Glaubensgemeinschaften begleiten Charles
König Charles III. war in einem mit Hermelin besetzten Mantel mit langer roter Schleppe in das Gotteshaus eingezogen. Dem Königspaar gingen Vertreter verschiedener nicht-christlicher Glaubensgemeinschaften voraus, um die Vielfalt der Religionen in Großbritannien zum Ausdruck zu bringen. Anschließend kamen Repräsentanten verschiedener christlicher Konfessionen und Fahnenträger aus allen 15 Ländern, deren Staatsoberhaupt Charles III. ist.
Vertreter des Vereinigten Königreichs schworen dem Monarchen später mit "God Save the King"-Rufen die Treue. Dann nahm der Erzbischof von Canterbury dem König einen traditionellen Schwur ab. Charles III. bejahte bei dem Gottesdienst mit der Hand auf der Bibel mehrere Schwurformeln. Dazu gehört ein Bekenntnis, Recht und Gesetz aufrechtzuerhalten und dafür zu sorgen, dass Großbritannien und sein Königshaus protestantisch bleiben. Neu ist eine Einleitung, in der das Bekenntnis zur Wahrung der Glaubensfreiheit aller Menschen betont wird. Anschließend legte der Monarch seinen Krönungseid ab.
Im Rahmen der Zeremonie wurden Charles III. auch die königlichen Insignien überreicht. Verschiedene Mitglieder des Oberhauses (House of Lords) und Bischöfe übergaben ihm symbolisch die Insignien oder Regalien, die dem König zustehende Hoheitsrechte und Güter symbolisieren. Dazu gehörten Sporen, ein Schwert, Armreife, eine Robe und eine Stola, der Reichsapfel, ein Ring, ein Handschuh, das Zepter und der Stab.
Fahrt in der "Diamond Jubilee State Coach" von Elizabeth II.
Zuvor hatte eine Kutsche König Charles III. und Königin Camilla zu der Kathedrale gebracht. Das Paar legte den Weg vom Buckingham-Palast zur Westminster Abbey in der von sechs weißen Pferden gezogenen "Diamond Jubilee State Coach" zurück. Die prunkvoll verzierte Kutsche war zu Ehren des 60. Thronjubiläums von Queen Elizabeth II. im Jahr 2012 gebaut worden. Zehntausende säumten den Weg und jubelten.
Bereits Stunden vor Beginn der feierlichen Krönung waren zahlreiche Schaulustige ins Zentrum von London geströmt. Hunderte Royal-Fans hatten die Nacht entlang der Prachtstraße The Mall campiert, um gute Plätze zu ergattern. Viele trugen Hüte, Brillen und Kleidung in den Farben der britischen Flagge.
Der 74 Jahre alte Charles ist bereits seit dem Tod seiner Mutter am 8. September 2022 König. Die Krönung symbolisiert lediglich seine Amtsübernahme. Es ist die erste Krönung eines britischen Monarchen seit 70 und die erste eines Königs seit 86 Jahren. Mehr als 2300 Gäste verfolgten den Gottesdienst in der Westminster Abbey, dazu Millionen an den Bildschirmen. Geladen waren Vertreter aus 203 Ländern, davon etwa 100 Staatschefs. Für Deutschland nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Weitere prominente Gäste sind die First Lady der USA, Jill Biden, der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal und die First Lady Olena Selenska, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Israels Präsident Isaac Herzog.
Kurzfristig wurde noch eine umstrittene Stelle des Gottesdienstes geändert. Die Church of England hatte die Bevölkerung zu einem öffentlichen Treueschwur aufgerufen - was auf Kritik stieß. Der Erzbischof von Canterbury als geistliches Oberhaupt der Anglikanischen Kirche "lud" die Gemeinde nun "ein", dem Monarchen ihre Unterstützung zu zeigen. Zunächst hatte es geheißen, er werde die Menschen in der Westminster Abbey sowie die Millionen an den Bildschirmen "aufrufen", dem König lautstark die Treue zu schwören. Diese Neuerung war als spaltend und anachronistisch kritisiert worden.
Steinmeier würdigt Charles: "Sie übernehmen große Verantwortung"
Nach der Krönungszeremonie erreichen den britischen König Charles III. Glückwünsche aus aller Welt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte. Als Königspaar repräsentierten Charles und Camilla den Zusammenhalt des Vereinigten Königreichs. "Sie übernehmen große Verantwortung in einer Zeit grundlegenden Wandels und epochaler Einschnitte", sagte Steinmeier laut einer Mitteilung des Präsidialamts. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Krönung als "ein Zeugnis für die (...) Stärke der britischen Monarchie und ein Symbol für Stabilität und Kontinuität".
US-Präsident Joe Biden würdigte die "lang anhaltende Freundschaft zwischen den USA und Großbritannien". Die Beziehung der beiden Länder nannte er auf Twitter eine "Quelle der Stärke für unsere beiden Völker". Er sei stolz darauf, dass seine Frau Jill "die Vereinigten Staaten bei diesem historischen Anlass vertritt", betonte Biden, der selbst nicht zu den Feierlichkeiten nach London gereist war.
Erste Krönung in London seit 70 Jahren
Mit großem Pomp und begleitet von Tausenden Militärangehörigen kehrte das Paar nach der Krönung in der Goldenen Staatskutsche zum Buckingham-Palast zurück. Bei dem Gruß in die Menge vom Balkon aus waren Charles' jüngerer Sohn Prinz Harry und sein Bruder Prinz Andrew nicht dabei. Auf dem Balkon des Buckingham-Palastes versammelten sich die aktiv im Dienst der Krone stehen Royals. Andrew und Harry hatten zuvor an den Feierlichkeiten in der Westminster Abbey teilgenommen. Beide haben vor Jahren ihre royalen Pflichten abgelegt.
Die meisten Briten erleben zum ersten Mal eine Krönungszeremonie in ihrem Land mit. Charles' Mutter Elizabeth II. war 1953 gekrönt worden. Nach ihrem Tod war Charles III. nach Jahrzehnten im Wartestand zum König von Großbritannien und 14 weiteren Commonwealth-Staaten geworden. Die Krönungsfeierlichkeiten zu seinen Ehren dauern insgesamt drei Tage. Für Sonntag sind Nachbarschaftsfeste im gesamten Vereinigten Königreich und ein Popkonzert auf Schloss Windsor geplant. Der Montag wurde ebenfalls zum Feiertag erklärt. Die Briten sind aufgerufen, die freie Zeit für gemeinnützige Arbeit zu nutzen.
Im Vergleich zur Krönung von Elizabeth II. gibt es bei Charles einige Änderungen. So waren 1953 mit gut 8000 Gästen deutlich mehr Menschen dabei. Die Prozessionsroute von der Kirche zurück zum Buckingham-Palast war damals zudem viel länger.
Dennoch wird auch Kritik laut: Die aus der Staatskasse finanzierten Kosten von rund 250 Millionen Pfund (286 Millionen Euro) für Sicherheit und Zeremonie seien angesichts steigender Preise für Energie und Lebensmittel viel zu hoch. Umfragen zufolge interessiert sich eine Mehrheit der Menschen im Vereinigten Königreich nicht für die Krönung.
Festnahme von Monarchie-Gegnern
Bei Protesten gegen die Krönung hat die Polizei in London insgesamt 52 Menschen festgenommen. Grund seien Straftaten wie Körperverletzung, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, Landfriedensbruch und "Verschwörung zum Erregen eines öffentlichen Ärgernisses" gewesen. "Alle diese Personen bleiben in Gewahrsam", teilte die Metropolitan Police mit. Nach Angaben von Aktivisten ist auch der Chef der Organisation Republic, Graham Smith, unter den Festgenommenen. Fotos und Videos der Bewegung Alliance of European Republican Movements auf Twitter zeigen Demonstranten, die von Polizisten umringt werden.
Die Demonstranten hatten entlang der Prozessionsroute mit gelben Fahnen und der Aufschrift "Not my king" (Nicht mein König) gegen die Monarchie protestieren wollen. Für die Festnahmen habe die Polizei keine Begründung genannt, sagte der Aktivist Luke Whiting. Vermutlich hätten sich die Sicherheitskräfte an einem mitgebrachten Megafon gestört.
Human Rights Watch kritisierte die Festnahmen scharf. "Dies ist etwas, das man in Moskau erwarten würde, aber nicht in London", sagte die Chefin der britischen Niederlassung der Menschenrechtsorganisation, Yasmine Ahmed, einer Mitteilung zufolge. "Friedliche Proteste erlauben es den Menschen, die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen. Das ist etwas, dem die britische Regierung offenbar zunehmend abgeneigt zu sein scheint."
sti/jj/qu/kle (afp, ap, dpa, rtr)