Land des Kupfers
25. November 2006Chinas Hunger nach Rohstoffen ist unstillbar. Das ist einer der Gründe dafür, dass der Kupferpreis auf historische Höhen gestiegen ist. Das führt mancherorts zu skurrilen Phänomenen. So kommt es immer häufiger vor, dass Leute Telefonkabel aus Kupfer stehlen.
Für Chile, den weltweit größten Kupferproduzenten, ist der Nachfrageboom ein Glücksfall. Chile deckt ein Drittel der Weltnachfrage nach Kupfer. Kupfer macht 40 Prozent der Exporte des Landes aus. Die Regierung muss 2006 ihre Einnahmeprognose nach oben korrigieren. Gerechnet wird mit einem Überschuss in Höhe von fünf Prozent. Im Land ist ein Streit im Gange, was man mit dem Geld nun anfangen soll.
"Viele Leute sagen: Warum verdreifacht die Regierung nicht einfach ihre Ausgaben für das Gesundheits- oder Bildungswesen, wenn wir so viel Geld haben? Doch diese Ausgaben sind ja nicht nur für den Moment gedacht, sondern werden langfristig kalkuliert", sagt Karen Welzel, Ökonomin und ehemalige Mitarbeiterin in der Haushaltabteilung der chilenischen Regierung. Der Kupferpreis schwanke jedoch und könne jeden Moment sinken. Dann gäbe es Probleme mit dem Staatshaushaushalt.
Profit für privaten und öffentlichen Sektor
Der Kupfereinbau ist auch für den Privatsektor ein gutes Geschäft. Die meisten Minenunternehmen in Chile sind privat. Von den 5,3 Millionen Tonnen Kupfer, die das Land produziert, stammen rund 1,7 Millionen aus den Minen der staatlichen Gesellschaft CODELCO.
Die privaten Unternehmen zahlen 17 Prozent Steuern auf den Gewinn, den sie im Kupfergeschäft erzielen. Außerdem müssen sie für den Kupferabbau weitere Abgaben leisten. In Chile ist über diese Frage mehr als ein Jahrzehnt heftig gestritten worden. Das Gesetz 20.026, das seit Januar 2006 in Kraft ist, verpflichtet die Minenunternehmen, zwischen 0,5 und 5 Prozent ihrer Kupfereinnahmen abzuführen. Allerdings wurde den Unternehmen wiederholt vorgeworfen, faktisch viel weniger zu zahlen, da sie zahlreiche Schlupflöcher nutzten.
Komplizierte Aufteilung der Einnahmen
CODELCO zahlt als staatliche Firma zusätzlich zu den 17 Prozent Steuern einen Satz von 40 Prozent auf den Gewinn. Das Staatsunternehmen CODELCO muss aber mehr als Steuern zahlen. 10 Prozent der gesamten Kupfereinnahmen von CODELCO fließen auf ein Konto des Militärs. Dieses Konto ist nicht öffentlich und untersteht keinerlei parlamentarischer Kontrolle. Das Militär darf frei über das Geld verfügen.
Um den Anteil der CODELCO-Einnahmen zu berechnen, der dem Staatshaushalt zu Gute kommen, wird ein durchschnittlicher Kupferpreis fixiert. Der wurde für 2007 auf 1,21 US-Dollar festgelegt. Dieser Preis liegt weit unter dem, was 2006 im Durchschnitt für Pfund Kupfer bezahlt worden ist, nämlich 3 Dollar.
Das, was nach Abzug von Steuern, der Militärabgabe, Produktionskosten und dem Geld für den Staatshaushalt übrig bleibt, fließt in einen speziellen "Kupfer-Fonds", den "Fondo de Compensación del Cobre". Das Vorbild für diesen Fonds stammt aus Norwegen. Das skandinavische Land bunkert einen Teil seiner Erdöleinnahmen, um zu kompensieren, dass die Ölquellen in der Nordsee irgendwann einmal versiegen.
In Chile wurde der Fond geschaffen für Zeiten, in denen der Kupferpreis in den Keller geht. Wenn es dazu kommt, darf der Staat damit seine Ausgabenausfälle kompensieren. Ansonsten dürfen nur die Zinsen verwendet werden, die der Fonds abwirft. Das gesamte Kapital ist in den USA angelegt, damit der vergleichsweise kleine chilenische Währungsmarkt nicht destabilisiert wird.
System in der Kritik
Allerdings gibt es auch scharfe Kritiker des Systems. Sie verlangen, dass das überschüssige Geld aus den Kupfereinnahmen, solange es fließt, stärker in Zukunftsprojekte investiert wird, die dem Land Reichtum und Entwicklung bescheren.
Andere bemängeln, in das Kerngeschäft von CODELCO werde zu wenig investiert. "Die Regierung lässt von dem Geld, das sie von CODELCO bekommt, kaum etwas für Investitionen in das Unternehmen selbst übrig", sagt Hernán Guerrero, Betriebsrat von CODELCO Norte. Die Investitionen seien aber nötig, um wettbewerbsfähig zu bleiben.