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China: <br> Immer wieder Blockaden

Oliver Schilling6. Juli 2003

In China gibt es inzwischen rund 60 Millionen Internet-User. Doch nicht alle Seiten sind für die Chinesen frei zugänglich. "Unliebsame Inhalte" werden von der chinesischen Regierung immer wieder blockiert.

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China: Chatrooms sind Oasen der MeinungsfreiheitBild: AP

Mal schnell auf die Webseiten der "Tagesschau" klicken, die "Süddeutsche Zeitung" im Netz lesen oder einfach eine E-Mail nach Berlin schicken – so einfach ist das nicht in China. Viele Internet-Nutzer haben regelmäßig Probleme in China beispielsweise US-amerikanische oder europäische Angebote von Rundfunksendern wie CNN oder BBC abzurufen. Zeitweise sind auch Portale von Internet-Suchmaschinen wie Yahoo oder Google unzugänglich.

Zensur durch die Regierung

Was auf den ersten Blick wie ein technisches Problem aussieht, ist in vielen Fällen staatlich gelenkt und gewollt. Oft erhalte man beim Aufruf von Seiten, die von der chinesischen Regierung als nicht opportun für die chinesische Öffentlichkeit empfunden werden, Standardfehlermeldungen des Internet-Browsers. "Man kann sich nie sicher sein, ob hier die chinesische Regierung als Zensor eingreift, oder ob es tatsächlich momentan technische Schwierigkeiten gibt", sagt Carsten Giese vom Ostasiatischen Institut der Universität Hamburg.

Nachrichtenseiten oft unzugänglich

Offiziell hat die chinesische Regierung bisher nicht zugegeben, dass sie Internet-Seiten mit politisch unliebsamem Inhalt gezielt blockiert. Allerdings hat eine Forschungsgruppe der Harvard Universität in den USA herausgefunden, dass rund 80 Prozent aller nicht-chinesischen Internet-Seiten mit journalistischem und politischem Inhalt überdurchschnittlich oft in China nicht erreichbar sind. Von dieser staatlichen Kontrolle sind aber nicht nur ausländische, sondern auch chinesische Medien selbst betroffen. Nachrichten dürften prinzipiell nicht im Internet publiziert werden, so Giese. Es sei denn, diese wurden bereits vorher im Internet durch offizielle Staatsmedien in China veröffentlicht, oder es handelt sich um Nachrichten aus den Öffentlichkeitsabteilungen der Staatsorgane.

Chinesische Journalisten müssen sich daher sehr sorgfältig überlegen, was sie im Internet veröffentlichen, erklärt Burkhard Schröder, Medienjournalist und Mitglied der Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen". Zwar könnten Zensurmaßnahmen mit entsprechender technischer Ausrüstung durchaus umgangen werden. Allerdings kenne die chinesische Regierung natürlich die Leute, die sich artikulieren. "Und wenn in den westlichen Medien über sie berichtet wird, dann werden die chinesischen Behörden zugreifen", sagt Schröder.

Schwarze Liste

Die staatliche Zensur erstreckt sich dabei nur auf ganz bestimmte Themen, die wahrscheinlich auf einer schwarzen Liste stehen. So vermuten Experten, dass E-Mails und Internet-Seiten auf Begriffe wie den Namen der Sekte "Falun Gong" oder "Unabhängigkeit von Taiwan" überprüft und gesperrt werden. Alltägliche Informationen seien dagegen durchaus auf den chinesischen Seiten zu finden. Ausnahmen: die "großen Tabus", wie Kritik an der Einparteienherrschaft der Kommunistischen Partei oder die Wiedervereinigung mit Taiwan.

Chatrooms als Orte der Meinungsfreiheit

Über diese Tabuthemen kann in China aber zunehmend in den Chatrooms diskutiert werden – anonym und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Über die Chat- und Newsrooms werde das Internet in China dann doch zu einem Ort politischer Willensbekundung und gelebter Meinungsfreiheit, erzählt Jens Damm vom Otto-Suhr-Institut der Universität Berlin: "Wenn dort ein Thema sehr oft diskutiert wird und man feststellt, dass es hier wirklich ein Problem gibt, dann wird die chinesische Regierung versuchen, das Problem zu lösen. Weil sie nichts mehr befürchtet, als dass es zu offenen Demonstrationen auf der Straße kommt."