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Politik

China-Kritiker Mahathir besucht Peking

Dang Yuan
21. August 2018

Malaysias Premier Mahathir ließ Großprojekte mit chinesischer Beteiligung auf Eis legen und wirbt nun in Peking für gute Beziehungen - und warnt gleichzeitig vor "neuem Kolonialismus".

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Mahathir Mohamad besucht China
Bild: Reuters

Mahathir galt, als er in der Opposition zu der Vorgängerregierung um den chinafreundlichen Najib Razak saß, als prominenter Stimmungsmacher gegen chinesische Investitionsprojekte. Er verstand es, Najib bei seinen schwachen Momenten politisch anzugreifen, als dessen staatlicher Entwicklungsfond 1MDB in finanzielle Schieflage geriet, Vorwürfe der Selbstbereicherung und Korruption laut wurden und Najib Investitionen aus China brauchte.

Die von Mahathir geführte Partei Pakatan Harapan (PH,  Allianz der Hoffnung) gewann 115 von 222 Sitzen. Nun regiert Mahathir das südostasiatische Land mit 31 Millionen Menschen zum zweiten Mal. Der 92-Jähirge setzt dabei auf gedeihliche Zusammenarbeit mit China, ging gleichzeitig aber vor seinem Antrittsbesuch auf verschiedenen Gebieten auf Distanz zu Peking.

Die Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer
Malaysia kontrolliert das Swallow-Riff, auf dem sich ein Militärstützpunkt mit Start- und Landebahn und ein Ferienressort für Hobbytaucher befinden. Eine Übernachtung im "Layang Layang Island Resort" kostet ab 199 US-Dollar. Layang-Layang ist die Bezeichung des Swallow-Riffs auf Malaiisch

Gegen Aufrüstung im Südchinesischen Meer

So kritisierte er in einem Interview mit der Agentur AP indirekt China. Malaysia sei absolut für freie Schifffahrt im Südchinesischen Meer, Kriegsschiffe eingeschlossen, aber nicht für ihre Stationierung dort. Der Hintergrund: China hat mehrere Inseln in dem Gebiet künstlich aufgeschüttet und als Häfen und Landeplätze aufgerüstet. "Das ist eine Warnung an alle, dort nicht unnötig Spannungen zu erzeugen", so Mahathir.

Er sprach sich bei anderer Gelegenheit für gemeinsame Anti-Piratenpatrouillen aller Anrainer "mit kleinen Schiffen" aus, ihre Kriegsschiffe sollten sie aber nicht bringen. Schon zuvor hatte sein Außenminister Saifuddin Abdullah eine "deutlichere Haltung" Malaysias gegen die Militarisierung des Südchinesischen Meeres durch China angekündigt.

Zweiter Konfliktpunkt sind die chinesischen Großprojekte in Malaysia. Mahathir ließ als eine seiner ersten Geschäftshandlungen einige Projekte mit chinesischen Partnern einstellen, wie die knapp 700 Kilometer lange Bahnstrecke an der Ostküste (East Coast Rail Link), die zwischen dem Ex-Premier Najib und Chinas Präsident Xi Jinping 2016 vereinbart wurde. Auftragsvolumen: zwölf Milliarden Euro. Sie führt durch die strukturschwache Region, die als Hochburg der Wähler für Najib Razak gilt.  Auch die Bauarbeiten an zwei Gas-Pipelines mussten eingestellt werden.

Malaysia 1MDB Werbetafel in Kuala Lumpur
(Archiv) 1MDB baut das CBD "Tun Razak Exchange" mit chinesischer UnterstützungBild: Reuters/O. Harris

China als umstrittener Großinvestor

China ist der größte ausländische Investor in Malaysia. Baukonzerne, meist staatliche, bauen Wolkenkratzer in der Hauptstadt Kuala Lumpur als Wahrzeichen, wie das Central Business Disctrict (CBD) "Tun Razak Exchange", ein Projekt des verrufenen Staatsfonds 1MDB. Das Hauptgebäude wird 106 Meter hoch. Oder die Bakun-Talsperre im Bundesstaat Sarawak, die vor sieben Jahren in Betrieb genommen wurde. Allein der Staudamm dort ist 205 Meter hoch.

Oder das gigantische Immobilienprojekt Forest City im Bundesstaat Johor, das auf vier künstlichen Inseln direkt vor Singapur entsteht. Hier soll auf einer Fläche, die vier Mal dem New Yorker Central Park entspricht, Wohnraum für 250.000 Familien entstehen, vor allem für begüterte Chinesen. Geplantes Investitionsvolumen des Projekts unter Federführung des privaten chinesischen Immobilienunternehmens Country Garden: 100 Milliarden US-Dollar.

Nach Statistik der Weltbank haben Chinas Staatsunternehmen im Zeitraum von 2010 bis 2016 35,6 Milliarden US-Dollar in Malaysia investiert. Diese Aktivitäten werden von der einheimischen Wirtschaft mit Misstrauen betrachtet.

"Das Spezielle an chinesischen Investitionen ist, dass sie die ganze Wertschöpfungskette kontrollieren und besitzen", sagt Michael Kang Hua Keong, Präsident der Vereinigung malaysischen Mittelstands (SMEAM). Mit anderen Worten: Chinas Investoren bringen ihre eigenen Mitarbeiter, kaufen in China ein und können keine neuen Arbeitsplätze in Malaysia schaffen. "China spielt mit großen Projekten und baut mit einem atemberaubenden Tempo. Die einheimische Wirtschaft kann nicht konkurrieren."

Mahathir Mohamad besucht China
Mahathir: "Keine neue Auflage vom Kolonialismus"Bild: Reuters/J. Lee

Mahathir setzt auf Chinas Verständnis

Ministerpräsident Mahathir war als Oppositionsführer immer der schärfste Kritiker der offenen Tür für chinesische Investoren. "Die Regierung von Najib Razak verschenkt Grundstücke an Ausländer, die dort Luxuswohnungen bauen, die sich die Einheimischen gar nicht leisten können", hatte Mahathir in einer Parlamentsanhörung als Oppositionsführer gesagt.

Bei den Gesprächen in Peking standen diese Differenzen aber nicht im Mittelpunkt. "Ich denke, dass wir mit chinesischen Investitionen in Malaysia Teile unserer Probleme, wie etwa Arbeitslosigkeit, lösen können. Daran haben wir großes Interesse", sagte Mahathir nach dem Gespräch mit dem chinesischen Amtskollegen Li Keqiang am Montag. "Ich hoffe, und ich glaube, dass China für unsere Probleme Verständnis hat."

Allerdings mahnte Mahathir auch: "Freihandel muss in erster Linie auch fairer Handel sein. Wir dürfen nicht vergessen, dass beide Länder unterschiedlich weit entwickelt sind. Wir wollen keine neue Auflage von Kolonialismus."

Peking sieht Projekte noch nicht beendet

Chinas Staatspresse liest allerdings aus Mahathirs Aussagen, dass Malaysia mit China die Handelsbeziehungen intensivieren wolle. Das Land müsse ein zuverlässiger Partner Chinas für die Seidenstraßeninitiative bleiben. "Das Treffen mit der chinesischen Staatsführung trägt dazu bei, das Vertrauen zu stärken und Fragen aus dem Wege zu räumen", schreibt Su Xiaohui, Vizedirektor des Chinesischen Instituts für Internationale Studien, im Parteiorgan "Volkszeitung". Seine Begründung: Mahathir sei vor seinen politischen Gesprächen in Peking mit einem chinesischen Hochgeschwindigkeitszug gefahren, um positive Signale im Zusammenhang mit der Ostküstenlinie zu senden, obwohl das Projekt von Malaysia auf Eis gelegt wurde. 

China habe verstanden, wie die Politik in Malaysia funktioniere, kommentiert Xiakedao, eine Internet-Publikation der Volkszeitung für Auslandschinesen. "Die neue Regierung von Malaysia steht unter finanziellem Druck und muss die öffentlichen Ausgaben kürzen. Natürlich muss sich dabei auch Ministerpräsident Mahathir von seinem Amtsvorgänger Najib distanzieren." Betroffen seien nicht nur chinesische Projekte, sondern auch singapurische.

Malaysias Premier Mahathir Mohamad in China
Mahathir im Gespräch mit Chinas Staatspräsident Xi JinpingBild: Reuters/R. Pilipey

Skepsis in Chinas Bankenkreisen

Aber in der Führungsetage chinesischer Staatsbanken klingt es nicht so optimistisch, dass der Besuch Mahathir politisch umstimmen wird und Chinas Staatskonzerne weiter bauen dürfen. Ein hochrangiger Manager einer chinesischen Staatsbank, der anonym bleiben möchte, sagt der Deutschen Welle, dass seine Bank auf den schlimmsten Fall vorbereitet sei. "Die Einstellung chinesischer Projekte in Malaysia wäre eine große Niederlage für die Seidenstraßeninitiative. Für chinesische Investoren würde das große finanzielle Verluste bedeuten und dass die Zahl fauler Kredite in den Büchern chinesischer Banken  zunimmt."