Zwei ungleiche Partner
5. Juni 2019Es klingt ein leicht triumphaler Unterton mit, wenn Präsident Putin verkündet, dass 2018 der Handel mit China ein Volumen von 100 Milliarden Dollar überschritten habe. "China ist unser strategischer Partner", sagte er Ende April bei seiner jüngsten Visite in China. Am Mittwoch trifft er erneut mit dem chinesischen Präsidenten Xi zusammen - diesmal beim Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Sie treffen sich zum mittlerweile 28. Mal - innerhalb von sechs Jahren. Fremd sind sie sich also nicht.
Während des dreitägigen Besuchs sollen 30 Kooperationsabkommen unterzeichnet werden. Den Gipfel vorbereitet hat der chinesische Botschafter in Russland, Li Hui. Bei öffentlichen Auftritten lässt er alle wissen, dass sich China und Russland auf diplomatischer Ebene eng abstimmen. Tatsächlich lassen die beiden ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates westliche Initiativen oft ins Leere laufen. So geschehen bei Versuchen der Amerikaner und Europäer, Frieden nach Syrien zu bringen oder Demokratie in Venezuela zu fördern. "Wir lehnen Unilateralismus ab", so Li Hui. Im Klartext: Peking und Moskau bekämpfen alles, was sie als "amerikanische Hegemonie" empfinden.
Unausgeglichener Handel
Auch in den ersten fünf Monaten dieses Jahres wuchs der bilaterale Handel weiter, was beide Regierungen nicht müde werden zu betonen. Zumindest in Moskau aber bleibt unerwähnt, wie ungleich beide Partner sind. Russland exportiert nach China vor allem Rohstoffe, etwa Öl, Gas, Kohle oder Holz. Peking hingegen verkauft seinem nördlichen Nachbarn Maschinen, Verkehrsmittel, Konsumgüter. Der Warenaustausch mit Russland beträgt gerade einmal 1,9 Prozent des chinesischen Handels - eine zu vernachlässigende Größe. Viel wichtiger sind für China die Absatzmärkte USA und EU.
Umgekehrt beträgt Chinas Anteil an Russlands Außenhandel stolze 15 Prozent. Bereits 2010 hatte China Deutschland als wichtigsten Handelspartner Russlands abgelöst. Nach 2014 orientierte sich der Kreml wirtschaftlich - und zunehmend auch politisch - stärker in Richtung China und Asien. Das ist sicher auch eine Folge der vom Westen verhängten Sanktionen gegen Moskau. Die Sanktionen dürften auf absehbare Zeit kaum abgeschwächt werden. Schließlich stockt der so genannte Minsk-Prozess.
Der Westen schweißt zusammen
So wie Moskau die Sanktionspolitik als ungerecht empfindet, klagt Peking über den drohenden Handelskrieg mit den USA. China und Russland rücken zusammen, weil sie sich vom Westen verfolgt fühlen, meint der Dekan der Moskauer Wirtschaftshochschule (Highschool of Economics) Sergej Karaganow. Für die Ausrichtung Russlands in Richtung Asien hat er bereits in den 90er Jahren geworben, erinnert er sich im Gespräch mit der Deutschen Welle. Karaganow fand damals aber kein Gehör im Kreml. Präsident Putin holte ihn später in sein Beraterteam. Nach wie vor würde ein Großteil der politischen Elite Moskaus China misstrauen. "Der Kreml setzt auch nicht nur auf die chinesische Karte", so Karaganow. Russland baue auch seine Beziehungen zu Indien, Südkorea, Japan und anderen asiatischen Staaten aus.
Waffen und Infrastruktur
Militärisch arbeiten beide Staaten zusammen. Im September 2018 probten russische und chinesische Streitkräfte die Zusammenarbeit. Bei dem Manöver "Wostok 2018" sollen bis zu 300.000 russische und 3000 chinesische Soldaten teilgenommen haben. Der Kreml verkauft nach wie vor Waffen an China. Inzwischen stellt Peking jedoch immer mehr eigene Waffen her. Insbesondere baut es seine Marine in atemberaubendem Tempo selbständig aus.
Präsident Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi werden in Sankt Petersburg auch den Ausbau der Infrastruktur entlang der über 4000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze voranbringen wollen. Während Peking aber über die notwendigen Mittel verfügt, muss Moskau oft passen. Bezeichnend ist der Bau der über zwei Kilometer langen Brücke über den Grenzfluss Amur im Fernen Osten. Während die Chinesen ihren Teil bis zur Flussmitte innerhalb kurzer Zeit fertigstellten, verzögerte sich der Bau auf russischer Seite immer wieder - vor allem weil dem Kreml das Geld fehlte.