China verschärft Kontrolle von Online-Medien
5. Juli 2016Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Volksrepublik China vorgeworfen, die Zensur von Online-Medien zu verschärfen. Diese würden systematisch gleichgeschaltet und mundtot gemacht, erklärte der China-Experte der Organisation, Ulrich Delius, in Göttingen. "Chinas oberste Zensoren reagieren auf die wachsende Bedeutung sozialer Medien und die sich verschlechternde wirtschaftliche Stimmung im Land mit einer stärkeren Kontrolle von Online-Medien. Dies ist ein schwerer Schlag für die erstarkende Zivilgesellschaft, denn diese Medien stehen für mehr Meinungsvielfalt", so Delius.
Am Sonntag hatte die für Internet-Fragen zuständige oberste Behörde Chinas einen neuen Erlass veröffentlicht, der Online-Medien vorschreibt, Nachrichten aus sozialen Medien nicht ungeprüft zu verbreiten. Solche Meldungen aus Sozialen Medien dürften nur mit behördlicher Genehmigung weitergegeben werden. Die Behörde veröffentlichte zugleich eine Liste mit falschen Nachrichten, die jüngst im Internet aufgetaucht seien, darunter eine Meldung über ein Feuer in einem Bus.
Uiguren im Visier
Besonders massiv gehen die chinesischen Zensurbehörden nach Darstellung der GfbV gegen die Nutzung sozialer Medien in der Unruheregion Xinjiang/Ostturkestan im Nordwesten Chinas vor. Dort seien seit Ende März 2016 vier uigurische Webmaster und ein uigurischer Internet-Schriftsteller festgenommen worden. Damit sollten vor allem die beliebtesten Webseiten in uigurischer Sprache, Misranim und Bagdhax, getroffen werden. In der Unruheregion drohen bei der Verbreitung von "Gerüchten" und Meldungen ohne vorherige staatliche Überprüfung bereits seit längerem Haftstrafen.
Die chinesische Regierung übt bereits eine weitreichende Kontrolle über das Internet aus und hat in Aussicht gestellt, diese Politik in gesetzliche Regelungen zu überführen. Nach offizieller Darstellung dienen Beschränkungen des Internets, darunter das Blockieren populärer Webseiten wie Google und Facebook, dazu, angesichts wachsender Bedrohungen etwa durch den Terrorismus die Sicherheit zu erhöhen und die Verbreitung schädlicher Gerüchte zu unterbinden.
Der jüngste Erlass ist eine der ersten Amtshandlungen des neuen Leiters der Internetkontrollstelle, Xu Lin. Der 53-jährige Funktionär aus Schanghai war laut GfbV von 1995 bis 1997 stellvertretender Parteisekretär der Region Shigatse in Tibet und erwarb sich dort beim Vorgehen gegen buddhistische Klöster den Ruf eines Hardliners.
kle/cr (kna, rtre, ape, gfbv.de)